Liebe Kristina,
habe mal wieder ne Frage. Durch die Gabe von Beikost hat sich der Stillrhytmus von alle 2 Stunden auf alle 3 Stunden, manchmal 4 Stunden verlängert. Ich gebe mittags Gemüse-Fleisch-Brei und abends Schmelzflocken mit Wasser gekocht und ein bißchen Obst. Ansonsten stille ich nach Bedarf, meist früh, vormittag, nachmittag und Einschlafstillen.
Seit ca. 2 Wochen schläft mein Süßer nachts durch. Erst nur noch um zwölf und um vier stillen, dann nur noch um zwölf, jetzt schon fast ne Woche von um neun bis halb sechs, halb sieben.
Eigendlich sehr lobenswert. Kann zwar selber noch nicht schlafen, gehe laufend gucken, ob er o.k. ist ; )
Meine Frage ist nun; was passiert, wenn er nachts doch mal Durst oder Hunger hat ? Meine Brust stellt sich doch auf seinen Bedarf ein, stellt sie dann nachts nichts mehr zur Verfügung ??? Oder wenn er mal krank ist und nichts essen mag, oder wenn es warm ist und er mehr Durst hat ?? Kann ihm auch keine Flasche geben, erstens hänge ich zu sehr am Stillen und er nimmt sie mir ja eh nicht ab. Auch nicht übergangsweise.
Auch in der aktiven Voll-Stillzeit habe ich bei der kleinsten Abweichung weniger Milch gehabt ( kam mir jedenfalls so vor ). Habe auch oft und das mache ich heute noch, mehrmals am Tag mit ner elektrischen Pumpe nachgepumpt. Muß ich mich um Milch auf Vorrat zu haben, nachts hinsetzen und pumpen ??
Danke für Deinen Rat, liebe Grüße Andrea
Mitglied inaktiv - 21.05.2008, 22:32
Antwort auf:
schläft nachts durch, noch genug Milch ??????????
Liebe Andrea,
auch wenn die Milchmenge sich jetzt dem tatsächlichen Bedarf anpasst und Du auch weniger Milch hast, lässt sich das ganz schnell wieder ändern.
Sobald dein Kind wieder mehr Milch braucht, wird es vermehrt an die Brust wollen und wird so die Milchproduktion schnell wieder ankurbeln.
Du kannst deine ruhigen Nächte also ruhig genießen, wer weiß wie lange sie dir vergönnt sind ;-).
Es gibt einen sehr schönen Artikel, in dem das Prinzip der Milchbildung genau beschrieben wird. Ich hänge ihn dir hier noch an, er wird dich sicherlich zusätzlich beruhigen.
Herzlichen Gruß,
Kristina
Wie die Muttermilch gebildet wird
Linda J. Smith, Dayton, Ohio, USA,
aus: LEAVEN Juni/Juli 2001
übersetzt von Angelika Quell, D Fulda
"Ich habe nicht genug Milch", so lautet die häufigste Begründung für Zufüttern oder Abstillen. Manchmal stimmt ist das auch so, manchmal, glaubt die Mutter jedoch nur, dass es so sei. Der Fortschritt im Wissen um das Verständnis des Milchbildungsprozesses ist zum Teil der Molkereiwirtschaft zu verdanken (diese hat ein finanzielles Interesse daran, genau zu wissen, wie man eine Kuh dazu bringt möglichst viel Milch zu produzieren) und teils denjenigen, die stillende Mütter beraten.
Vor den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts glaubte man im allgemeinen, dass die meiste Milch während des Milchspendereflexes gebildet würde, da die Milch während des Let down Reflexes schneller fließt. (Dies glaubten sowohl Molkereiwissenschaftler als auch Befürworter des Stillens.)
Peterson zeigte 1944, dass die Milchsekretion gleichmäßig abläuft und der Let down Reflex ein anderer und eigenständiger Prozess ist. Der Let down Reflex presst die Milch heraus, die bereits gebildet und in den Alveolarlumen (kleine Gänge, in welche die Milch aus den Alveolen sezerniert wird) gelagert ist. Während des Milchspendereflexes wird die Milch nicht schneller gebildet, sie fließt nur schneller.
Durch die von Peter Hartmann in Australien seit den 90ger Jahren durchgeführten und immer noch laufenden Untersuchungen an stillenden Frauen, wurde festgestellt, dass die Milchbildungsrate - wie schnell die sekretorischen Zellen Milch bilden - in Abhängigkeit dazu steht, wie leer (oder voll) die Brust ist. Dies wird als autokrine (oder lokale) Steuerung bezeichnet. Beim Füllen der Alveolarlumen signalisieren bestimmte Inhaltstoffe der verbliebenen Milch (Feedback Inhibitor of Lactation Faktor (FIL), Peptide, Fettsäuren und möglicherweise auch andere Stoffe) den sekretorischen Zellen die Milchbildung zu verlangsamen.
Je leerer die Brust ist, desto schneller versucht sie sich wieder zu füllen ähnlich wie ein automatischer Eisbereiter. Hartmann sagt, dass die Rate der Milchsynthese bei Frauen zwischen 11 und 58 ml/Stunde/Brust variiert. Leere Brüste bilden Milch schneller als volle. Wenn die Brust regelmäßig und gänzlich entleert wird, ist die Milchsynthese uneingeschränkt.
Hartmanns Untersuchungen dokumentieren das, was wir bei La Leche Liga schon seit langer Zeit wissen das Angebot an Milch wird durch die Nachfrage des Babys reguliert. Es kommt selten vor, dass ein Baby die gesamte Milch aus der Brust seiner Mutter trinkt. 1993 fand Hartmann heraus, das Babys durchschnittlich 76% der ihm in der Brust ihrer Mütter zur Verfügung stehenden Milch innerhalb einer 24 Stunden Periode trinken. Dadurch hat das Baby eine kurzfristige Kontrolle über die Milchproduktion seiner Mutter.
Im folgenden werde ich diese Praxis, die ich als "80 : 20 Konzept" bezeichne, erklären.
Die üblicherweise vom Kind täglich getrunkene Milchmenge beträgt 80 % (der Gesamtmenge, die gebildet wird). Die in der Brust der Mutter verbleibende Menge beträgt 20 %.
Wenn mehr als 80% der Milch getrunken werden, steigt das Angebot damit das Verhältnis 80 : 20 aufrechterhalten wird. Werden jedoch weniger als 80% getrunken, vermindert sich das Angebot, um das 80 : 20 Verhältnis aufrechtzuerhalten. Obwohl dies eine sehr starke Vereinfachung eines sehr komplexen Prozesses ist, hat sich das Kernprinzip doch durch neue wissenschaftliche Untersuchungen erhärtet.
Untersuchungen zeigen, dass die Ernährung der Mutter, ihre Flüssigkeitsaufnahme oder andere Faktoren nur einen geringen Einfluss auf die Milchproduktion haben. Wenn das "Milch Entfernungs" Teilchen an der richtigen Stelle im Puzzle liegt, produzieren Mütter sehr viel gute Milch, unabhängig davon, wie sie sich ernähren. Wenn das "Milch Entfernungs" teilchen jedoch nicht da ist, kann nichts dieses Manko ausgleichen.
Signifikante Risikofaktoren , die sich hemmend auf ein ausreichendes Milchangebot auswirken, scheinen Brustoperationen, in der Gebärmutter verbliebene Plazentareste, das Sheehan Syndrom (nach der Geburt bei Müttern auftretende Hypophysenvorderlappen Insuffizienz) oder ein Hypophysenschock, hormonelle Empfängnisverhütung und nicht genügend Brustdrüsengewebe zu sein. Wenn keiner dieser Faktoren zutrifft, ist es äußerst selten, dass eine Mutter nicht genügend Milch produzieren kann, was aber dennoch vorkommen kann.
In meiner Praxis gibt es gewöhnlich zwei Gründe für "nicht genug Milch": (1) das Baby wird pro Tag nicht ausreichend lange angelegt, die Stillmahlzeiten werden beendet, bevor das Baby von sich aus aufhört an der Brust zu trinken oder die Intervalle zwischen den einzelnen Mahlzeiten werden zu sehr ausgedehnt oder das Baby bekommt etwas anderes um "es hinzuhalten" oder (2) es findet kein effektiver Milchtransfer zum Baby statt: entweder aufgrund falschem Anlegens oder wegen einem Saugproblem.
Untersuchungen zeigen, dass es extrem wichtig ist, einer Brustdrüsenschwellung vorzubeugen bzw. sie sofort zu behandeln. Wenn immer es möglich ist, sollte das Baby uneingeschränkt nach Bedarf und ausschließlich an der Brust ernährt werden. Die Mütter sollten ihre Babys solange an der ersten Brust zu trinken lassen, bis sie von sich aus loslassen und ihnen dann die zweite Brust anbieten. Säuglinge müssen 8 12 mal innerhalb von 24 Stunden angelegt werden, bis sich die Milchbildung eingespielt hat. Die meisten Säuglinge werden insgesamt mindestens 140 Minuten pro Tag trinken, durchschnittlich 10 30 Minuten pro Stillmahlzeit. Die Mütter sollten ermutigt werden, dass Stillen als Nahrung für Körper und Seele zu betrachten.
Meine Bitte an alle: Schaut Euch das Baby sorgfältig an. Ich zögere nicht, eine Pumpe als Hilfsmittel zu empfehlen, da ich so viele kleine Babys erlebe, welche zeitweise schlecht saugen. Durch das schlechte Saugen bleibt Milch in der Brust zurück, dadurch wird die Milchbildung beeinträchtigt und das Ergebnis des Ganzen ist ein hungriger unruhiger Säugling und keine Milch. Mit einem guten Pumpmanagement, wird die Mutter genügend ihrer eigenen Milch abpumpen können, um das Baby damit zu füttern, während wir versuchen herauszufinden, wie wir dem Baby helfen können, besser an der Brust zu trinken. Die (zu geringe) Milchmenge ist meist das am einfachsten zu lösende Problem. Denkt daran: es ist nach wie vor das Prinzip von Angebot und Nachfrage, das über Erfolg oder Misserfolg entscheidet.
von
Kristina Wrede
am 22.05.2008