Nur durch stillen / nuckeln wieder zurück in den Schlaf finden

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Nur durch stillen / nuckeln wieder zurück in den Schlaf finden

Liebe Biggi, liebe Kristina, für Euch ist das wahrscheinlich die xte Frage zu diesem Thema...deshalb ein großes Dankeschön für Eure Geduld und Eure Antwort. Unsere 14 Monate alte Tochter wird noch 4 -6 Mal gestillt: zum Einschlafen (obwohl sie dabei nicht immer einschläft) und vor allen Dingen nachts, wenn sie wach wird... das kommt je nach Phase zwischen 2 - 4 Mal vor, wenn sie krank ist oder extrem zahnt etc. gerne auch mehr... Soweit so gut, ICH habe damit kein Problem, weil sie durchs stillen innerhalb von 10 Min zurück in den Schlaf findet und das für alle Beteiligten die erholsamste Variante ist (wir haben´s auch schon anders probiert, das gab dann großes Geschrei und schlußendlich hab ich sie dann doch in den Schlaf gestillt, weil ich sie nicht mehr länger schreien lassen konnte). Mein Mann findet schon seit ein paar Wochen, dass das jetzt mit einem Jahr endlich mal aufhören müsste, er die Entscheidung schlußendlich aber mir überlässt. Die Kinderärztin hat bei der U6 noch "grünes Licht" gegeben, Kinder in dem Alter brauchen das schon noch, man müsse aber langsam dazu übergehen, dass sie alleine in den Schlaf findet. Nun habe ich in einer Elternzeitschrift einen Artikel eben zu diesem Thema gelesen (da war das Kind sogar erst 10 Monate alt) und die Expertin (eine Ärztin und Säuglingsberaterin) hat dazu geschrieben, "dass ein 10 Monate alter Säugling grundsätzlich eine Beruhigungs- und Einschlafstrategie ohne Saugen entwickeln sollte". Nun meine Fragen: Ist das tatsächlich so? Hat es denn irgendwelche negative Auswirkungen, wenn das nicht so ist? (z. B. nicht altersgerecht entwickeltes Gehirn, verminderter IQ, oder ähnliches?) Überall liest man, dass der Schnuller als Einschlafhilfe oder zur Beruhigung gegeben werden kann / soll, aber die Brust sollte abgewöhnt werden? Danke für eure ganz wertvolle Rückmeldung. LG

von Nina677 am 23.03.2020, 19:54



Antwort auf: Nur durch stillen / nuckeln wieder zurück in den Schlaf finden

Liebe Nina677, es ist bei den Meinungen rund um das Thema Schlaf nicht anders als bei anderen Themen: es gibt immer unterschiedliche Meinungen. Du kannst hier alle Experten fragen und jeder vertritt seine Meinung - Du musst dir DEINE bilden :-). Die meisten Mütter haben durchaus noch ein Gefühl dafür, was ihre Kinder brauchen und schaffen es, trotz aller Ratschläge von außen, doch ihrem Gefühl zu folgen. Einige Frauen haben zwar noch das Gefühl, dass ihr Kind Bedürfnisse hat, die gestillt (ist es nicht interessant, dass hier von „stillen" gesprochen wird) werden müssen, sind aber so verunsichert, dass sie gegen ihre innere Stimme handeln. Kinder haben ganz andere Schlafmuster als wir Großen, und sie verändern sich auch ständig im Zuge ihrer Entwicklung. Mal schlafen sie super, mal wachen sie beim kleinsten Geräusch auf, mal lassen sie Mama nicht mehr los, mal ist es ihnen absolut egal, wo sie liegen. Alles ist normal, und ihr könnt euch darauf verlassen, dass euer Kind WEISS, was es braucht. Säuglinge sind keine dummen, leeren Wesen, sie sind intelligent und haben Instinkte, die ihnen beim Überleben helfen. Aber diese Instinkte wissen nicht, dass wir in modernen Zeiten leben, darum reagieren sie noch wie in Zeiten, wo die Trennung von der Mutter bedeutete, dass sie von wilden Tieren gefressen werden könnten. Und solange die Brust im Mund ist hat das Kleine die Gewissheit, dass Mama da ist. Darum ist es wirklich absolut normal und die Tiefschafphasen kommen von ganz alleine. Sehr empfehlenswert ist von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder.“ Ich hänge dir auch noch einen Artikel an, der dich sicherlich bestärken wird. LLLiebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen.

von Biggi Welter am 23.03.2020



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