nächtliches Stillen- Gewohnheit oder Hunger?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: nächtliches Stillen- Gewohnheit oder Hunger?

Hallo liebes Stillteam! Meine zuckersüße Tochter ist inzwischen fast vier Monate alt (in 6 Tagen). Sie wiegt inzwischen 6400 g, Größe 61.5 cm. Sie hat schon immer gut zugenommen. Meine Frage: ich stille nach Bedarf, tagsüber kommt sie alle 2-4 h, wobei 4 h die totale Ausnahme ist, aber nachts konsequent alle 2h, manchmal auch eineinhalb, selten mal länger. Vor ein paar Wochen schaffte sie zwischendurch auch mal 3h oder selten auch mal 4, vor allem abends. Ich muss gestehen, dass, wenn sie aufwacht und kurz quengelt, ich sie gleich anlege, weil sie dann immer einschläft und ich so eine Chance auf Schlaf habe, ich nütze ihr ja nichts wenn ich völlig kaputt bin. Ich habe inzwischen aber das Gefühl, dass sie dies schon so gewöhnt ist und wie einen Rhythmus in sich drin hat, und dass sie nicht immer Hunger hat, sondern einfach nur Nähe will. Mache ich was falsch, sollte ich hart sein und noch unruhigere Nächte in Kauf nehmen, damit die Stillabstände zumindest alle 3 h oder so sind, oder soll ich so weitermachen und es verwächst sich? Ich mache mir Sorgen, dass dies sonst ewig so weitergeht?! Danke für deine Hilfe!

von lzvivia am 12.11.2012, 09:21



Antwort auf: nächtliches Stillen- Gewohnheit oder Hunger?

Liebe lzvivia, nein, Du sollst nicht hart sein, Du machst NICHTS falsch! Es ist abgesehen von der Anwendung der sehr umstrittenen und von Stillexperten einhellig abgelehnten Schlaftrainingsprogrammen nicht möglich ein Kind an das Durchschlafen zu gewöhnen, ehe es nicht von selbst dazu reif ist. Es ist ja auch nicht möglich ein Kind an das freie Laufen oder das Sprechen zu gewöhnen. All diese Fähigkeiten entwickelt jedes Kind dann, wenn der für das jeweilige Kind richtige Zeitpunkt gekommen ist. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. In einem amerikanischen Buch über die Entwicklung von Kindern (Aldrich: „Babys are Human Beeings"‘) habe ich einmal den wichtigen Satz gefunden „Damit Kinder sich gut entwickeln können, sind liebevolle Fürsorge und ein beständiges, direktes Eingehen auf ihre Bedürfnisse so ausgesprochen wichtig". Das steht zwar manchmal im Widerspruch zu unserem „modernen, westlichen" Lebensstil, aber es zahlt sich langfristig aus. Außerdem stellt sich doch auch die Frage: Ist der seelische Hunger nicht eben so wichtig wie der körperliche Hunger? Warum sollte es weniger wichtig sein, das Bedürfnis des Babys nach Nähe und Geborgenheit zu stillen, als seinen körperlichen Hunger zu stillen? Gerade ab vier bis sechs Monate gibt es unzählige Gründe, warum ein Kind nachts (wieder vermehrt) aufwacht und die Nähe und Geborgenheit und auch Nahrung an der Brust sucht. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen . All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt ... Insgesamt sind dies eine Menge Gründe unruhiger zu sein und nachts immer wieder aufzuwachen. Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen kannst. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 12.11.2012



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