Frage: nächtl.stillen

Hallo Biggi, meine Kleine ist jetzt 5 Monate alt. Tagsüber kommt sie relativ unregelmäßig, so zwischen 2 und 3 1/2 Stunden. Nachts kommt sie sehr häufig. Ich schaue zwar nicht auf die Uhr, sondern stille sie, wenn sie unruhig wird und ich sie mit Schnuller nicht zum weiterschlafen kriege. Unsere Betten stehen alle nebeneinander im Schlafzimmer ohne Gitter. Unsere Große schläft auch bei uns. Ich schätze, ich stille so 5-6 mal pro nacht. Also ca. alle 2 Stunden. Müsste sie nicht inzwischen schon einen längeren Rythmus haben? Oder gleichmäßiger tagsüber? vielen dank und liebe grüße, daniela

Mitglied inaktiv - 09.11.2010, 14:19



Antwort auf: nächtl.stillen

Liebe Daniela, es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts sogar (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 09.11.2010



Antwort auf: nächtl.stillen

Hallo Biggi, danke für die schnelle Antwort. Es ist auch nicht so,dass es ein Problem ist, wenn sie nachts oft an die Brust will. Danach schläft sie ja direkt weiter. Ich hab nur Angst, sie zu "überfüttern". Zumal sie ja tagsüber auch so oft und v.a. unregelmäßig kommt. Meine Große kam auch alle zwei Stunden, dann aber wenigstens regelmäßig. Die Kleine jetzt kommt mal alle 1 1/2 Stunden und dann mal erst nach 3 oder 3 1/2 Stunden. Wie gesagt, tagsüber. Ist das denn ok, oder soll ich versuchen, sie in gleichmäßigen Abständen zu stillen? Sie ist groß, aber vom Gewicht her ok. Man "hört" immer, dass "andere" Babies irgendwann regelmäßig alle 3 ,oder 4 Stunden kommen. Sind das ausnahmen? Wie gesagt, es ist nicht so, dass es mich nervt, ich hab nur Angst, dass sie vielleicht mehr nimmt, als sie braucht?? Danke nochmal, und liebe Grüße, Daniela

Mitglied inaktiv - 10.11.2010, 15:16



Antwort auf: nächtl.stillen

Liebe Daniela, Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. Babys gibt es in verschiedenen Größen und die Bandbreite ist da sehr groß. Wie ein Kind als Baby aussieht, sagt auch nichts darüber aus, wie es später als Erwachsener aussehen wird. Die Statur der Kinder ist genetisch festgelegt und bei einem Kind das nach Bedarf gestillt wird, ist nicht zu befürchten, dass dadurch der Grundstein für ein späteres Problem mit Übergewicht gelegt wird. Im Gegenteil, Stillen schützt vor Übergewicht. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch ein gestilltes Baby zwischendurch wie ein kleiner Buddha aussehen kann. Im Gegensatz zur (industriell) stark weiterverarbeiteten Nahrung enthält Muttermilch keine leeren Kalorien. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein gestilltes Kind, das rasch zunimmt, als Erwachsener Gewichtsprobleme haben wird. Im Gegenteil es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass Stillen eindeutig vor Übergewicht schützt und dass dieser Schutz nicht nur im Kindesalter sondern auch beim Erwachsenen anhält. Das Fett, das sich in der relativ passiven Phase vor dem Krabbelalter möglicherweise ansammelt, stellt einen Vorrat für die sehr aktive Phase dar, in der das quirlige Krabbelkind keine Zeit zum Essen haben will. Im Alter von ein bis zwei Jahren werden die Kinder, die schnell zugenommen haben, gewöhnlich von alleine schlanker. Gerade Kinder, die nach Bedarf gestillt werden, behalten ein gutes Gefühl dafür, wann sie satt sind, denn sie entscheiden ja selbst, wann und wie viel sie trinken. Also keine Sorge, durch das Stillen nach Bedarf wird sicher nicht den Grundstein für spätere Gewichtsprobleme gelegt. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 10.11.2010