Liebe Frau Welter,
Meine Tochter ist 21 Wochen alt und seit 2 Wochen stille ich endlich voll. Es war ein langer Kampf bis hierher gezeichnet von Krankheiten und ständig wunden und blutenden Brustwarzen, Vasospasmen ... Es gab auch eine Zeit, in der ich so krank war, dass ich weder stillen noch abpumpen konnte. Da dachte ich schon, dass ich es nicht mehr schaffe.
Ich glaube, beim Thema Stillprobleme kann ich bei fast jedem Punkt einen Haken machen.
Aber das Durchhalten hat sich gelohnt, seit 2 Wochen will meine Tochter keine Flasche und seit nunmehr 5 Wochen brauchen wir auch keine Stillhütchen mehr. Und mittlerweile ist das Stillen auch endlich schmerzfrei.
Dennoch bin ich verunsichert und habe ständig Sorge ob meine Tochter genug Nahrung bekommt und ivh alles "richtig" mache.
Zur Kontrolle wiege ich sie 1-2 mal wöchentlich und auch ihre Windeln.
Bei den Windeln kommt sie auf circa 400 gramm netto (das Windeleigengewicht also schon abgezogen) in 24 Stunden. Da ist der Stuhlgang aber schon mit drin. Sie hat einmal am Tag Stuhlgang.
Nachts schläft sie sehr gut. Meist von ca 22h-8h.
Die erste Nachthälfte schläft sie meistens 4-7 Stunden am Stück.
Danach kommt sie bis zum finalen aufwachen noch 2 bis 3 mal.
Ich stille sie im liegen, so dass wir beide dabei einschlafen. Allerdings immer nur eine Seite. Also beim ersten wach werden die linke Brust, beim nächsten wach werden die rechte.
Tagsüber trinkt sie meistens beide Brüste, die zweite aber kürzer als die erste.
Insgesamt kommen wir auf 12x stillen in 24 Stunden. Jede Stillmahlzeit dauert aber meist nur 10 Minuten, also 4-6 Minuten an der ersten Brust und dann nochmal 3-5 Minuten an der zweiten Brust. Das heißt tagsüber haben wir eher kurze Abstände, 1,5-2 Stunden oftmals.
Ich stille sie so lange wie sie möchte. Meistens lässt sie einfach los, will aber wie gesagt dann noch an die zweite Brust.
Manchmal bin ich aber auch diejenige die sie abdockt, weil sie dann nur noch nuckelt. Dann ist es aber auch ok für sie.
Ich stille sie entweder im liegen oder in der Wiegeposition.
Unser Abendritual sieht vor, dass sie erst "Sport" mit dem Papa macht zu Musik, dann wird sie gewaschen, massiert und umgezogen und dann gestillt wobei sie dann einschläft. Generell schläft sie auch tagsüber entweder beim Stillen ein oder in der Trage, aber in der Trage auch oft erst nach einer Stunde.
Kinderwagen und Autofahren geht mittlerweile garnicht mehr. Da schreit sie schrecklich.
Nun zu meinen Fragen :
- sollte ich die Still-Abstände vergrößern, damit sie seltener und dafür länger am Stück trinkt?
- ist es "schlimm", dass nachts die Trinkpause in der ersten Nachthälfte so lange ist?
Die rechte brust wird dann manchmal 9 Stunden nicht getrunken...
- ist es okay, dass sie nur durch stillen einschläft? Mich stört das nicht, ich frage mich nur ob es später irgendwann schwierig wird wenn sie abends Brei bekommt, da sie ja ab dem ersten Zahn nach dem Essen Zähne putzen muss.
Oder reicht es, wenn wir das jetzt noch genießen und dann, wenn die Zeit soweit ist, damit beginnen, dass sie "alleine" einschläft...
- kann es jetzt nochmal passieren, dass die Milchproduktion nachlässt? Davor habe ich so Angst, dass ich sie lieber öfter anlege.. Zumal sie auch keine richtigen Hungerzeichen hat, so dass ich nie sicher bin wann sie Hunger kriegt.
Sie wird einfach von jetzt auf gleich quengelig.
Viele sagen mir aber, dass ich ihr damit ein schlechtes Ess-/Trinkverhalten anerziehe weil sie so ihren Körper nie richtig kennenlernt weil sie nie richtigen Hunger entwickelt.
Ich hoffe, dies waren nicht zuviele Fragen und würde mich freuen wenn Sie die Zeit finden zu antworten.
Herzliche Grüße,
Hasengewitter
von
Hasengewitter
am 21.06.2017, 13:15
Antwort auf:
Nach 4 Monaten endlich Vollstillen - Trinkdauer und - Häufigkeit in Ordnung?
Liebe Hasengewitter,
wow, ich bin beeindruckt, wie schön, dass Du so hartnäckig warst!
Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden.
Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht.
Auch ist es völlig ok, wenn dein Baby lange schläft, so lange es ausreichend zunimmt.
Hier einmal die Kriterien für ein gut gedeihendes Baby:
o mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass "nass" ist, kann frau sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch
(kein Wasser, Tee, Saft usw.).
o in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal)
o eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 150 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht
o eine gute Hautfarbe und eine feste Haut,
o Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs
o ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen.
Wenn dein Baby all diese Punkte erfüllt, dann dürfte alles in Ordnung sein, ansonsten besteht Handlungsbedarf.
mach es dir doch so einfach wie möglich und wenn dein Kind durch das Stillen schnell einschlafen kann, dann stille es!
Es gibt keinen Grund, dass Du etwas daran ändern musst, dass Du dein Baby nach Bedarf stillst und auch in den Schlaf stillst, es sei denn DICH persönlich stört
etwas daran. Auch die immer wieder geäußerten Argumente, das Baby würde auf diese Weise
verwöhnt oder es würde so nie lernen alleine einzuschlafen bzw. nie wieder aus dem Elternbett
ausziehen, sind nicht stichhaltig. Babys in diesem Alter können noch nicht verwöhnt werden
und Kinder, die sich den Platz im Elternbett nicht erkämpfen oder ertrotzen mussten, ziehen
von selbst aus dem Elternbett aus, sobald sie reif genug dafür sind. Im Gegensatz dazu wollen
viele Kinder, die als Babys alleine schlafen mussten noch lange ins Elternbett, weil ihr Bedürfnis
(noch) nicht gestillt wurde. Sobald ein Baby die nötige Reife hat, lernt es alleine (ein)zuschlafen
und wird auch längere Schlafphasen haben.
Dein Kind wird von ganz alleine lernen, alleine einzuschlafen, ohne Druck und ohne Brüllen.
Genauso wie Du es beschreibst, machen es Mütter seit Urzeiten mit ihren Babys und es hat
noch nie einem Baby geschadet.
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Und nein, Du trainierst auch kein falsches Trinkverhalten an!
Mit der Brust kannst Du dein Kind nicht zustöpseln. Kein Kind lässt sich an die Brust zwingen und wenn dein Kind nicht gestillt werden will, sondern ein anderes Bedürfnis hat, dann wird es dies unmissverständlich kundtun. Stillen ist eine aktive Sache von beiden Partnern und ohne dass das Kind mitmacht, geht es nicht.
Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Du machst also nichts falsch und wenn dein Baby nicht an die Brust mag, dann wird es dir das auch zeigen ;-).
Überlege dir einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen wo Du dich mit anderen Müttern austauschen kannst, denen es vielleicht einmal ganz ähnlich ging wie dir jetzt. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC).
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 21.06.2017
Antwort auf:
Nach 4 Monaten endlich Vollstillen - Trinkdauer und - Häufigkeit in Ordnung?
Leider fehlte Frau Wrede in der Anrede, verzeihen Sie bitte!
von
Hasengewitter
am 21.06.2017, 13:18