Hallo Frau Welter,
mein Sohn ist inzwischen ein Jahr alt, ich habe ihn bisher immer nach Bedarf gestillt. Seit etwa zwei Wochen will er eigentlich kaum noch trinken, ich muss ihm die Brust schon anbieten, dann nimmt er vielleicht ein, zwei Schlucke, dann hört er auf zu trinken und wird unleidig, wenn ich es weiter versuche. Auch zum Einschlafen möchte er nicht mehr gestillt werden. Ich merke nun auch, wie die Milch langsam zurück geht.
Muss ich nun also davon ausgehen, dass er sich selbst abgestillt hat? Mit einem Jahr schon? Mir kommt das sehr früh vor und ich bin verunsichert, ob das ein schlechtes Zeichen für seine Bindung an mich ist? Ich hätte ihn eigentlich gerne noch weiter gestillt.
Er ist ein guter Esser am Familientisch (nur abends ist er oft schon zu müde), leider trinkt er nur wenig Wasser, Säuglingsnahrung oder Kuhmilch mag er nicht. Auch deshalb bin ich ein wenig beunruhigt darüber, dass er nicht mehr an die Brust will.
Was wäre Ihr Rat für mich? Alles so laufen lassen und mich abfinden mit seiner "Entscheidung"? Weiter anbieten, weil sich vielleicht doch nochmal etwas ändert? Wie würde ich dann die Milchmenge aufrecht halten können?
Sie haben mir schon ein paar Mal geholfen, vielen Dank dafür und auch im Voraus,
JoBi
von
JoBi
am 10.10.2011, 22:22
Antwort auf:
Muss ich nun also davon ausgehen, dass er sich selbst abgestillt hat?
Liebe JoBi,
es kommt zwar eher selten vor, aber es gibt Kinder, die sich so früh abstillen. Das hat NICHTS damit zu tun, dass die Bindung schlecht ist, keine Sorge (es gibt einfach Kinder, die kein sehr hohes Saugbedürfnis haben!). Bitte machen Sie sich deshalb keine Sorgen!!!!
Es kann aber sein, dass Ihr Baby einfach streikt.
Für einen Stillstreik kann es viele Ursachen geben. Bekommt das Baby Zähne? Hat es eine Erkältung oder eine verstopfte Nase, ao dass es beim Trinken behindert wird? Hat es Ohrenschmerzen, so dass ihm das Stillen wehtut? Wurde kontrolliert, ob ein Harnwegsinfekt vorliegt? Ist die Mutter aus irgendeinem Grund beunruhigt oder aufgebracht? Babys reagieren auf die Gefühle ihrer Mutter.
Gab es beim Stillen einen unliebsamen Zwischenfall? Wurde zum Beispiel gestillt während das Baby untersucht wurde und ist es dabei erschrocken?
Kurz: Gab es irgendwelche einschneidenden Veränderungen oder besondere Situationen
Manchmal lässt sich die Ursache auch nicht herausfinden und der Streik endet ebenso unvermittelt, wie er begonnen hat.
In jedem Fall ist es sinnvoll, das Kind von der Kinderärztin/arzt anschauen zu lassen, um sicher zu sein, dass keine medizinische Ursache für die Verweigerung vorliegt.
Bei einem Stillstreik weigert sich das Kind die Brust anzunehmen, es macht sich steif, drückt sich weg, vielleicht saugt es auch an und wendet sich dann ab. Ein Stillstreik kann einige Stunden aber auch tagelang dauern, manche Kinder streiken sogar über ein bis drei Wochen.
Sie können versuchen Ihr Baby anzulegen, wenn es schon sehr schläfrig oder fast eingeschlafen ist. Viele Babys, die sich weigern, an der Brust zu trinken, wenn sie hellwach sind, tun es im Halbschlaf dann doch. Sie können ihm die Brust auch immer wieder anbieten, wenn es wach ist, drängen Sie aber nicht. Manche Babys sind eher bereit zu trinken, wenn ihre Mutter umhergeht statt stillzusitzen. Wenn Sie möchten, dass Ihr Baby wieder an Ihrer Brust trinkt, sollten Sie sich darauf einstellen, sich in den nächsten Tagen fast ausschließlich Ihrem Kind zu widmen. Wenn Sie es viel im Arm haben, zärtlich streicheln und es Sie in einer entspannten Atmosphäre einmal ganz für sich alleine hat, beruhigt es sich vielleicht und lässt sich dazu bewegen, wieder bei Ihnen zu trinken.
Weitere Maßnahmen, die sich bei einem Stillstreik bewährt haben, sind:
o im Umhergehen stillen,
o in der Badewanne oder im Schaukelstuhl stillen,
o im Halbdunkeln stillen,
o im Halbschlaf stillen,
o das Baby mit der Brust spielen lassen,
o unterschiedliche Stillhaltungen ausprobieren,
o alle künstlichen Sauger vermeiden,
o das Baby massieren,
o viel Körperkontakt (Haut auf Haut),
o und ganz wichtig: keinen Stillstress erzeugen, weder bei der Mutter noch beim Kind, Ruhe und Gelassenheit, auch wenn es schwer fällt.
Um Ihre Milchproduktion aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass Ihre Brust übervoll wird, sollten Sie Ihre Milch ausstreichen oder abpumpen. Die so gewonnene Milch können Sie Ihrem Kind mit einer alternativen Fütterungsmethode anbieten, z.B. mit einem Becher. Die Flasche ist in dieser Situation nicht unproblematisch, denn es kann Ihnen passieren, dass sich Ihr Kind dann zur Flasche hin abstillt.
LLLiebe Grüße und alles Gute für Euch!
Biggi
von
Biggi Welter
am 11.10.2011