Mein Sohn wehrt sich gegen das Stillen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Mein Sohn wehrt sich gegen das Stillen

Guten Morgen, Mein 4 Wochen alter Sohn hat die ersten 3 Wochen seines Lebens leider auf der Intensivstation verbringen muessen, ab der 2. Woche dort wurde er mit Muttermilch im Flaeschen gefuettert. Seit einer Woche ist er nun endlich mit uns zuhause, und ich stille ihn seitdem nur noch (bis auf 2 Mal am Tag wenn ich ihm via Flaeschen mit einem bischen Milch ein Medikament geben muss). Am Anfang hat das mit dem Stillen auch gut geklappt (ich hatte auch extra eine Stillberaterin hier zuhause die mir alles erklaert hat), er saugt gut etc. ,allerdings ‘wehrt’ er sich jetzt seit ein paar Tagen oft sehr gegen die Brust. Nicht jedes Mal wenn ich ihn stille, aber oft. Das sieht dann so aus dass er schon vor dem Stillen schreit, sich dann auf dem Stillkissen wild hin und her bewegt, den Ruecken durchdrueckt und den Kopf ganz weit in den Nacken wirft. Wenn ich ihn dann doch mal mit der Brustwarze ‘erwische’ (ich weiss, das Kind soll zur Brust nicht umgekehrt aber wenn er sich so wehrt ist das schwierig!), macht er den Mund zwar weit auf und laesst sich irgendwann damit anlegen, aber er bleibt dann nicht dran und saugt sondern das ganze muss man dann noch ca. 4-5 mal probieren bis er ‘anbeisst’. Irgendwann gehts dann und er nuckelt fuer 10 Minuten oder 15 Minuten, dann Baeuerchen (wobei er auch schreit und sich wehrt), dann meistens das gleiche Spiel nochmal auf der anderen Seite). Oft weint er dann auch nochmal nach dem Stillen bevor er endlich einschlaeft....Es ist fuer uns beide totaler Stress, Stillen soll doch so friedlich und entspannt sein, ist es aber bei uns meistens leider gar nicht. Was mach ich falsch? Warum ist ihm das so unangenehm, und was kann ich vielleicht tun um ihm zu helfen? Die Kinderaerztin meinter hat Reflux und deshalb macht er das, aber hat mir auch nicht wirklich Tips gegeben um die Situtation zu verbessern. Von meiner Beobachtung her spuckt er auch wirklich nicht viel, vielleicht einmal am Tag ein ganz kleines bischen, uebergibt sich auch nie. Nach dem Trinken roechelt er allerdings oft ein bischen und ist sehr ausser Atem., aber ich dachte das hat eher was mit der Lungenentzuendung zu tun die er in den ersten Lebenstagen hatte…. In der Familie meines Mannes sind fast alle laktose-intolerant – sollte ich auch Laktose vermeiden falls mein Sohn das auch hat? Ich moechte mein Kind doch so gerne stillen, aber wenn e simmer so ein Kampf ist vielleicht muss ich doch wieder zu den Flaschen wechseln? (Da wehrt er sich zwar auch, aber viel weniger). Freue mich ueber ihren Rat, Stella Hundt

von Stellina16 am 03.07.2013, 09:46



Antwort auf: Mein Sohn wehrt sich gegen das Stillen

Liebe Stella, Ihre Milch ist mit Sicherheit gut genug, keine Bange. Ich befürchte eher, dass Ihr Baby saugverwirrt ist. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Nun kann ein verhängnisvoller Kreislauf beginnen: da das Kind mit der falschen Technik an der Brust trinkt, wird es an der Brust hektisch, saugt an, lässt wieder los, dreht den Kopf hin und her schluckt viel Luft (die wiederum führt möglicherweise zu Bauchproblemen) und da es die Brust nicht mehr richtig stimuliert kommt es zu einem Rückgang der Milchmenge und damit zu weiterem Zufüttern, wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird. Eine Saugverwirrung ist für alle Beteiligten belastend und zerrt an den Nerven. Sie kann aber mit viel Geduld und der richtigen Anleitung überwunden werden. Ein Baby, das mit der Flasche gefüttert wurde, hat einen sofort einsetzenden, gleichmäßigen Milchfluss kennengelernt. An der Brust reagiert es dann frustriert, weil nicht der von ihm erwartete, sofortige und stetige Milchfluss einsetzt. Es ist daher wichtig, dass Sie Ihre Milch bereits vor dem Anlegen zum Fließen bringen. Versuchen Sie, den Milchspendereflex durch Ausstreichen, Brustmassage und Wärmeanwendung oder eventuell mit einer Pumpe auszulösen ehe Sie Ihren Sohn anlegen. Warten Sie nicht, bis Ihr Sohn sehr hungrig ist. Ein aufgeregtes, hungriges Baby ist nicht unbedingt bereit, etwas Neues (also das korrekte Trinken an der Brust) zu lernen. Wählen Sie eine bequeme Stillhaltung, um möglichst entspannt zu sein und achten Sie auf eine korrekte Anlegetechnik (eine gute Beschreibung der Anlegetechnik finden Sie in dem Info Blatt „Stilltechniken, die funktionieren", das Sie bei der La Leche Liga Deutschland und jeder LLL Stillberaterin (auch bei uns) bestellen können. Das Stillen im Rückengriff (auch Unter dem Arm Haltung genannt, in dieser Position ruht der Kopf des Kindes in Ihrer Hand und seine Beine liegen seitlich neben Ihrem Körper und zeigen nach hinten) eignet sich gut, weil Sie in dieser Haltung den Kopf Ihres Sohnes gut kontrollieren können und genau sehen, was er macht. Vermeiden Sie es, Ihren Sohn am Gesicht oder seitlich am Kopf oder mit geringem Fingerdruck am Hinterkopf zu berühren. Derartige Berührungen können dazu führen, dass der Suchreflex beim Baby ausgelöst wird und es seinen Kopf in Richtung der Berührung dreht. Fester, gleichmäßiger Druck auf den Hinterkopf bedeutet normalerweise kein Problem für das Baby. Wenn Sie im Rückengriff stillen, können Sie eine Windel zwischen Ihre Hand und den Kopf Ihres Sohnes legen oder ihn fest in eine Decke einwickeln, deren obere Ecke Sie unter seinen Kopf legen. Stützen Sie den Kopf und den Nacken Ihres Babys in Höhe der Ohren mit Ihrer Hand. Will Ihr Sohn nicht an der Brust bleiben, nachdem er sie zunächst erfasst hat, können Sie während des Stillens etwas zuvor ausgestrichene Milch auf die Stelle tropfen, an der seine Lippen Ihre Brust berühren. Er wird die Milch schlucken und dabei seine Zunge abflachen, so dass er die Brust richtig fassen kann. Um ein Wundwerden (bzw. eine Verschlimmerung des Wundseins) ihrer Brustwarzen zu verhindern, müssen Sie darauf achten, dass Ihr Sohn die Brust richtig erfasst und korrekt saugt. Eine Saugverwirrung kann überwunden werden. Dabei ist es die erste Maßnahme, dass sämtliche künstlichen Sauger weggelassen werden. In leichteren Fällen kann dies schon ausreichen. Geben Sie das Medikament mit einem Löffel oder der Pipette und verzichten Sie auf Schnuller. Es wäre auch günstig, wenn Sie sich an eine Stillberaterin vor Ort wenden würden, die Ihnen im direkten Gespräch Tipps geben kann und eventuell auch sieht, wie Ihr Sohn an der Brust trinkt. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 03.07.2013