Hallo,
zunächst einmal muss ich unsere Situation etwas schildern.
Ich habe eine Tochter, 6, und eine Tochter, 7 Wochen.
Meine Erste habe ich nach einem Notkaiserschnitt gestillt und zugefüttert. Etwa über 3 Monate lang.
Bei dieser Geburt habe ich auch die ersten Tage gestillt und ab der 4. Nacht auf Grund von blutigen Brustwarzen gepumpt und etwas zugefüttert. Als die Brustwarzen sich erholt haben wieder angelegt. Sie wog bei der Geburt 3200g bei 51cm und hat knapp bis unter 2900g abgenommen und ganz schlecht wieder zugenommen. In den ersten 3 Wochen war ich dann natürlich nur mit dem Stillen beschäftigt, sie kam fast jede Stunde, war auch schon mal 1 Stunde lang an der Brust. Auch nachts stillte ich so gut wie jede Stunde und kam nicht zum schlafen. 3 Wochen lang!! Sie wirkte trotzdem immer unruhig und unzufrieden und nahm nur langsam zu.
Dann hab ich ihr abends die Flasche gegeben, auch auf Empfehlung meiner Hebamme, damit wir so vielleicht mal etwas zur Ruhe kommen und so haben wir auch die erste Hälfte der Nacht Schlaf und ab 3 Uhr fange ich dann wieder mit dem stündlichen Stillen an.
Hin u wieder bekam sie auch minimal zugefüttert oder ich habe etwas abgepumpt, wenn ich nachmittags Termine mit meiner 6-jährigen hatte. Ich muss mich ja schließlich auch mal um meine andere Tochter kümmern.
Nach der U3 haben wir dann auch nachmittags die Flasche eingeführt. Auf Empfehlung der Kinderärztin und der Hebamme. Da sie da erst knapp wieder über ihrem Geburtgewicht war und weiterhin fast stündlich gestillt werden wollte und zugleich unruhig war.
Zwischendurch am Tag schlief sie natürlich auch.
Jetzt ist sie 7 Wochen alt, wiegt knapp 4000g und das Schema ist gleich. Nach der Flasche glücklich und zufrieden. Nach dem stillen kann man ehrlich gesagt nie abschätzen. Als ob es ihr nicht reicht?
Zur Milchbildung habe ich deswegen auch schon einiges versucht, damit sie evtl. sättigender ist? Denn die Brust generell war immer voll und Milch vorhanden!!
Morgens ist es auch unheimlich stressig, da ich die Große fertig machen muss, Zähne putzen und alles immer ganz schnell machen, so lange die Kleine nicht meckert. Denn da ich seit 3 Uhr nachts ja wieder stündlich gestillt habe, wirkt sie trotzdem nicht satt bzw. selten oder nur kurz zufrieden.
Gestern bei einer morgendlichen „Testflasche“ hat sie diese fast verschlungen.
Wenn die die Flasche bekommt, dann mache ich ihr immer 100ml fertig und sie trinkt meist um die Hälfte rum, selten leer.
Wäre es dann vielleicht doch besser langsam abzustillen, um nach 7 Wochen endlich mal Ruhe reinzubekommen, ohne schlechte Laune, die dann die Familie abbekommt?
Es gibt auch Momente, da genieße ich das Stillen voll und ganz und liebe die Nähe und würde deswegen auch zwischendurch mal ganz gerne anlegen, vielleicht auch zur Beruhigung.
Aber zum „satt machen“ die Flasche ... ?
Für eine Antwort wäre ich sehr sehr dankbar! :-)
von
dany.84
am 20.12.2017, 12:10
Antwort auf:
Langsames Abstillen
Liebe dany.84,
das„Marathonstillen“ ist in diesem Alter so weit verbreitet, dass es als „normal“
angesehen werden sollte. Der Fachausdruck dafür lautet „Cluster Feeding“. So kleine Babys
wollen häufig, aber vor allem in unregelmäßigen Abständen gestillt werden und fast alle Babys
haben eine Tageszeit, zu der sie fast ununterbrochen an der Brust trinken (oder auch nur nuckeln) wollen.
Das Nervensystem eines Babys ist ständigen Reizen ausgesetzt und während des Tages sind das viel mehr Reize als in der Nacht. So ist es nicht erstaunlich, dass sich bis zum späten Nachmittag oder frühen Abend einiges aufgestaut hat und das Kind dann „über" reizt ist und sich wieder abreagieren und beruhigen muss. Dazu kommt, dass auch die Mutter nach einem langen Tag ebenfalls mehr oder weniger stark belastet und gestresst ist und sich die Gefühle und Stimmung der Mutter auf das Kind übertragen.
Ein weiterer Punkt ist der Prolaktinspiegel der Mutter. Damit Milch gebildet wird, braucht die Frau (vor allem in den ersten Wochen der Stillzeit) eine gewisse Prolaktionausschüttung, die durch das Saugen des Kindes angeregt wird. Das „Marathonstillen" am Abend sorgt dafür, dass die Prolaktinausschüttung angeregt wird und dem Kind dann im weiteren Verlauf genügend Milch zur Verfügung steht.
Das Marathonstillen kann für Sie sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen
Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die
Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und
genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht.
Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen.
Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Darum raten wir erst dann zur Gabe von künstlicher Milch, wenn keine andere Maßnahme geholfen hat - oder das Kind deutlich zu wenig zugenommen hat!
Sie müssen nun entscheiden, wie es weitergehen soll und wenn die Situation so belastend ist, können Sie natürlich auch langsam abstillen. Eine weitere Möglichkeit wäre es, Muttermilch abzupumpen und diese mit der Flasche zu geben.
Ich kann Ihnen gerne empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein.
Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 20.12.2017