Kann man Trinkverhalten von Säugling (nachts alle 1-2 Stunden) beeinflussen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Kann man Trinkverhalten von Säugling (nachts alle 1-2 Stunden) beeinflussen?

Liebe Stillberaterinnen, ich brauche Denkanstösse/Lösungsvorschläge, da ich derzeit etwas ratlos bin: meine Tochte ist knapp 8 Monate und seit knapp 3 Monaten möchte sie nachts alle 1-2 Stunden gestillt werden. Sie bekommt seit ungefähr der gleichen Zeit Beikost, war allerdings nie eine gute Esserin (vormittags eine halbe Portion OGB, mittags mittlerweile ca. 190g, abends eine viertel-max. halbe Portion Milchbrei). Allerdings isst sie so gut wie alles, am liebsten selbstgekocht. Sie trinkt nicht dazu, wird aber morgens noch gestillt und abends und nachts. Tagsüber habe ich Stillen vermieden, weil ich dachte, dass sie dann evtl. größere Mengen essen würde. Dem war aber nicht so. Nun frage ich mich, ob ich sie tagsüber wegen der kleinen Portionen noch öfter stillen sollte, damit sie sich nicht nachts alles holen muss..? Leider nimmt sie klein Fläschchen und ich befürchte, dass ich nicht mehr sooo viel Milch habe bzw. vielleicht ist sie nichtmehr gehaltvoll genug, so dass meine Tochter so häufig nachlegen muss? Als Hintergrundinfos noch folgendes: sie hat von Sylvester bis Ende Februar (vollgestillt) durchgeschlafen (jede Nacht ca. 12 Stunden mit max. 1 Stillstopp). Dann kam die erste 5-fach-Impfung und nach 2-3 Nächten mit stündlichem Stillen hat es sich bei alle 3-4 Stunden eingependelt. Nach der 1. Impfauffrischung alle 1-2 Stunden. Allerdings fällt eben leider die Impfauffrischung auch mit der Beikosteinführung zusammen, so dass es auch daran liegen kann. Sie schläft von 18:30-7:00/8:00 Uhr und schafft es manchmal von 18:30/19:00 erstmal 3 Stunden ohne stillen. Sie schläft bei mir im Bett: kann es auch sein, dass sie die Milch "riecht" und deshalb so oft gestill werden will? Und - um die Sachlage noch weiter zu verkomplizieren - bekommt sie gerade Zähnchen: die beiden unteren sind bereits durch (der erste seit Anfang Juni). Wie man sieht, bin ich etwas ratlos, was ich tun kann/soll oder ob ich alles richtig mache, aber ich gestehe, dass mir das viele Stillen nachts langsam an die Substanz geht... Danke für Ideen, Vorschläge etc. und wenn noch weitere Infos benötigt werden - sehr gern. Liebe Grüße von kat0510

von kat0510 am 25.06.2013, 10:18



Antwort auf: Kann man Trinkverhalten von Säugling (nachts alle 1-2 Stunden) beeinflussen?

Liebe kat0510, sicher ist es richtig und gut, einem acht Monate alten Baby, das Interesse an fester Nahrung zeigt, diese dann auch anzubieten. Doch diese Einführung der Beikost sollte langsam erfolgen und keinesfalls kann die feste Kost die Muttermilch jetzt bereits in größerem Maße ersetzen. Ich weiß, dass fast überall steht: „zunächst wird die Mittagsmahlzeit ersetzt und im Abstand von etwa vier Wochen ersetzen Sie die nächste Mahlzeit usw". Gleichzeitig wird „eine Mahlzeit" als die Menge definiert, die in ein Gläschen passt und zwar für alle Kinder gleich. Doch dieses Schema, das leider immer noch oftmals propagiert wird verursacht in vielen Fällen nichts weiter als Stress und Tränen. Es ist einfach zu sehr in den Köpfen vieler Menschen verwurzelt, dass eine Stillmahlzeit „ersetzt" werden müsse, dabei stimmt das gar nicht. Schon der Begriff BEI Kost drückt doch aus, dass es sich bei dieser Nahrung um eine ergänzende Nahrung und nicht um einen Ersatz für die Muttermilch handelt. Wäre es ein Ersatz, dass würde es ANSTATT Kost heißen. Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Im gesamten ersten Lebensjahr sollte Muttermilch das Hauptnahrungsmittel des Kindes sein. Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte. Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Wird das Kind ausreichen häufig gestillt, braucht es keine andere Milchnahrung und auch keinen Milchbrei oder Flaschennahrung. Allmählich wird sich die Menge der Beikost von selbst steigern und etwa ab den ersten Geburtstag werden sich das Verhältnis Beikost zu Muttermilch langsam umkehren, bis sich das Kind (wenn es dazu die Gelegenheit erhält, die Entscheidung selbst zu treffen) schließlich irgendwann ganz abstillen wird. Als Eltern glauben und hoffen wir immer auf eine lineare Weiterentwicklung der Fähigkeiten unserer Kinder. Beim Schlafverhalten können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass die Entwicklung kontinuierlich verläuft, im Gegenteil, relativ viele Babys schlafen mit drei Monaten deutlich länger und anhaltender als mit sechs oder zehn Monaten. Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt dir in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Als stillende Mutter hast Du den ungeheuren Vorteil, dass Du dein Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten kannst, ohne dass Du richtig wach werden und aufstehen musst. Genieße dieses Privileg, dich einfach nur umdrehen zu müssen, so dass dein Kind an deine Brust kann und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen kannst. Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen kannst. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 25.06.2013



Antwort auf: Kann man Trinkverhalten von Säugling (nachts alle 1-2 Stunden) beeinflussen?

Liebe Biggi, vielen Dank für die schnelle Antwort! Ich bin in der Tat sehr froh, dass ich noch stille und meine Tochter gerade nachts auch immer direkt wieder einschläft. Ich frage mich nur woran ich merke, ob sie noch genug Milch bekommt oder ich evtl. nicht mehr genug Milch produziere? An der Größe der Brüste oder einem Spannungsgefühl kann ich es leider überhaupt nicht festmachen. Und da sie nie sehr lange trinkt (pro Seite max. 5 Minuten), fällt es mir schwer hierzu eine Einschätzung zu treffen. Allerdings sind ihre Windeln immer schön nass und auch der Stuhl ist nicht zu trocken. Darf ich dann einfach hoffen, dass sich die Beikostmenge von alleine steigert und die Nächte auch wieder besser werden? Denn da sie tagsüber nicht so viel schläft, kann ich mich tagsüber auch nicht ausruhen und gehe mittlerweile leicht am Stock... Das Buch würde ich sehr gern lesen, allerdings schaffe ich es im Moment leider nicht viel zu lesen. Für junge Mütter wäre wohl ein Hörbuch ideal... :-) Vielen Dank und liebe Grüße, kat0510

von kat0510 am 25.06.2013, 13:09



Antwort auf: Kann man Trinkverhalten von Säugling (nachts alle 1-2 Stunden) beeinflussen?

Liebe kat0510, wenn dein Kind ausreichend nasse Windeln hat und genug zunimmt, kannst Du sicher sein, dass dein Kind ausreichend versorgt wird. Die Gewichtszunahme verlangsamt sich mit zunehmendem Alter und nimmt auch mit Einführung der Beikost in der Regel nicht wieder zu, sondern wird eher noch langsamer. In den ersten drei bis vier Monaten liegt die übliche Gewichtszunahme zwischen 113 und 227 Gramm pro Woche. Vom vierten bis sechsten Monat verlangsamt sich die Gewichtszunahme gewöhnlich auf 85 bis 142 Gramm pro Woche, im Alter von sechs Monaten bis zwölf Monaten verringert sie sich auf 42 bis 85 Gramm wöchentlich. Diese Angaben bedeuten aber nicht, dass jedes Kind kontinuierlich jede Woche diese Grammzahl zunehmen muss, sondern, dass im statistischen Mittel solche Werte erreicht werden. Die Nächte WERDEN besser werden, aber nicht, weil dein Kind satter wird, sondern REIFER :-). Biggi

von Biggi Welter am 25.06.2013



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