Häufigkeit des Stillens bei 13 Monate altem Kind

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Häufigkeit des Stillens bei 13 Monate altem Kind

Guten Tag, ich habe ein 13 Monate junges Mädchen, das über die Muttermilch im Alter von 3 bis 4 Monaten Allergien gegen Kuhmilch, Ei, Nüsse und Weizen entwickelt hat. Die Allergien bestehen immer noch. Die Kleine wurde die ersten 6 Monate auschließlich gestillt; bis heute wird sie weiterhin sehr oft gestillt. Die Kinderärtztin meinte, ich würde das Kind trotz Allergie zu oft stillen. Mit 13 Monaten sollte es man nur 2-3 Mal in 24 Stunden stillen, weil Muttermilch in dem Alter keine Vorteile mehr habe und zu häufiges Sillen Essstörungen hervorrufen könnten. Was meinen sie, als Expertin auf dem Gebiet? Ich mache mir Sorgen über Kalziumzufuhr. Welche Lebensmittel soll ich dem Kind geben, damit kein Kalziummangel entsteht? Vielen Dank für Ihre Antwort!

von stellathestar am 13.01.2012, 10:15



Antwort auf: Häufigkeit des Stillens bei 13 Monate altem Kind

Liebe stellathestar, Ihrem Arzt kann ich nur dringend empfehlen einmal eine Fortbildung in Hinblick auf das Stillen zu besuchen. Nach sechs Monaten enthält die Muttermilch noch die gleichen Inhaltsstoffe wie vorher. Die Milch wird ab sechs Monaten keineswegs plötzlich „schlechter" oder „weniger gehaltvoll". Der Kaloriengehalt der reifen Muttermilch liegt bei etwa 68 kcal/100 ml. Reife Muttermilch enthält etwa 7,3 g/100 ml Laktose sowie kleinere Mengen anderer Kohlenhydrate (Oligo und Polysacharide, Glykoproteine, Glukosamine usw.). Der Fettgehalt der reifen Muttermilch beträgt 4,2 g/100 ml, wobei der größte Teil davon auf die Triglyceride entfällt. 57 % der Fettsäuren der Muttermilch sind ungesättigt. Der Fettanteil der Muttermilch beinhaltet auch die fettlöslichen Vitamine, Phospolipide und Cholesterin. Reife Muttermilch enthält 0,9 g/100 ml Eiweiß. Zu den Molkeneiweißen gehören die Immunglobuline, Lysozym, Laktoferrin und Alphalaktalbumin. Außerdem enthält Muttermilch Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Weitere Bestandteile sind Hormone, Enzyme und Wachstumsfaktoren. Reife Muttermilch bleibt in Bezug auf Kaloriengehalt, Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate usw. in ihrer Zusammensetzung während der gesamten Stillzeit gleich, lediglich bei den Antikörpern und bei einigen Vitaminen und ergeben sich Veränderungen. So steigt der Antikörpergehalt mit etwa einem halben Jahr und dann nochmals im zweiten Lebensjahr (jeweils dann, wenn das Kind mobiler wird und mehr Kontakt mit der Außenwelt aufnimmt) an. In der Abstillphase kommt in Bezug auf den Salzgehalt zu Veränderungen. Generell ist es so, dass ein Kind in den ersten sechs Monaten ausschließlich gestillt werden sollte und dann wenn das Kind seine Bereitschaft dazu erkennen lässt wird ERGÄNZEND zur Muttermilch die Beikost eingeführt. Die Empfehlung lautet darüberhinaus, dass während der gesamten Stillzeit, die mindestens bis zum zweiten Geburtstag des Kindes dauern sollte, weiterhin nach Bedarf gestillt wird. Muttermilch enthält zwar tatsächlich weniger Calcium als Kuhmilch, aber es geht hier ja nicht nur um die Gehalte, sondern auch um die Bioverfügbarkeit und da sieht es bei Kuhmilch für den Menschen gar nicht so gut aus, wie es viele Leute glauben. Wenn Ihr Kind also häufig genug gestillt wird, ist es ausreichend versorgt! Fakt ist, dass kein Mensch die Milch eines anderen Säugelebewesens nach dem Abstillen mehr braucht und weltweit leben Millionen von Menschen absolut milchfrei und sind dabei keineswegs kränker als wir in der westlichen, viel Milch konsumierenden Welt. Studien haben sogar ergeben, dass die Osteoporoseraten in den USA deutlich höher sind, als in Asien, dabei gehören die USA zu den Ländern mit den höchsten Milchverbrauchsraten. Gabi Eugster (Ernährungsfachfrau) beschäftigt sich schon seit langem mit dem Thema Kalziumversorgung und ich zitiere jetzt aus ihrem Artikel „Kalzium und Osteoporose“, der in „Laktation und Stillen“ 2/2004 erschienen ist: „Bei den Ernährungsfaktoren steht Kalzium im Mittelpunkt. Auch wenn der Mineralstoff nicht der einzige Ernährungsfaktor ist, er bleibt wichtigster Baustein des Knochens. Die Aufnahme von täglich 1000 mg Kalzium, welche die Referenzwerte empfehlen, wird von vielen Frauen nicht erreicht. Nebenbei erwähnt: Kalzium ist nicht nur für die Knochengesundheit wichtig, der Mineralstoff wird auch zur Blutgerinnung und Reizübertragung im Nervensystem benötigt. Als wichtigster Kalziumlieferant gilt nach bei uns nach wie vor Milch und Milchprodukte. Schwangeren und Stillenden wird empfohlen, mindestens eine Portion Käse, Milch oder Joghurt zusätzlich auf den Speiseplan zu setzen. Doch Milch als bester Kalziumlieferant ist nicht unbestritten. In den asiatischen Ländern gibt es kaum Osteoporose, obwohl Milchkonsum dort nicht üblich ist. Zwar enthält Milch eindeutig sehr viel Kalzium, nämlich 120 mg pro Deziliter, und das Kalzium aus Milch wird mit einer Aufnahmerate von 30 Prozent auch gut aufgenommen. Doch ebenso enthält Milch viel (tierisches) Protein, welches die Kalziumausscheidung über die Nieren verstärkt und so einen negativen Effekt auf die Kalziumbilanz und damit auf die Knochendichte haben kann. In der Framingham Osteoporosestudie, welche die Knochendichte von 900 älteren Menschen zwischen 69 und 93 Jahren verglich, hatten jene die höchste Knochendichte, welche am meisten Obst und Gemüse aßen. Die Liebhaber von Milch und Milchprodukten kamen nur auf den zweiten Platz, obwohl sie das meiste Kalzium aufnahmen . Es gilt also, auch pflanzliche Kalziumquellen zu nutzen. Hier drängen sich insbesondere die kalziumreichen Gemüsesorten Brokkoli, Fenchel, Grünkohl und Lauch auf. Auch Nüsse und Sesam enthalten viel Kalzium. Kalziumreiches Mineralwasser mit mehr als 150 mg pro Liter kann einiges zur Kalziumversorgung beitragen, ebenso mit kalziumangereicherte Fruchtsäfte. Wichtig ist es auch, die Kalziummahlzeiten über den Tag zu verteilen. Insbesondere eine kalziumreiche Spätmahlzeit kann den Knochenabbau während der Nacht bremsen. Kalzium sollte zudem nicht gleichzeitig wie die Kalziumräuber Oxalsäure (in Spinat, Rhabarber und Spargel) oder Phytinsäure (in Vollkornprodukten) aufgenommen werden. Mehr als vier Tassen Kaffee pro Tag hemmt die Kalziumaufnahme ebenfalls, zudem wurde festgestellt, dass RaucherInnen weniger Kalzium aufnehmen können. Als weitere „Knochenräuber“ gelten Alkohol, Zucker und Phosphat. Gerade letzteres findet sich in großer Menge auch in der Milch.“ Hier noch eine Auflistung zum Kalziumgehalt einzelner Nahrungsmittel (jeweils mg/100g): Amaranth 490 Aprikosen, getrocknet 80 Braunalgen 1000 Broccoli 65 Camembert 380 Diät Kurmolke 120 Doppelrahmfrischkäse 65 Eier 125 Feigen, getrocknet 190 Fenchel 100 grüne Bohnen, getrocknet 195 Grünkohl (Federkohl) 110 Haferflocken 65 Hartkäse 790 830 Haselnüsse 225 Heilbutt 11 Karotten 255 Knäckebrot 55 Kohl, getrocknet 375 Kuhmilch/Roh Vollmilch 160 Leinsamen 260 Linsen 75 Mandeln 250 Meerrettich 55 Molke Kwass 108 Parmesan 1225 Petersilie 145 Rahm 110 Sauerkraut 50 Schnittlauch 130 Sellerie 50 Sesam 783 Sojamehl 195 Sonnenblumenkerne 100 Spinat 85 Tomaten 60 Vollkornbrot 95 Vollmilchjoghurt 150 Walnüsse 70 Weichkäse 500 weisse Bohnen 105 Weizenkeime 70 Zwiebeln, getrocknet 160 Ich schließe mich auch Gabi’s Schlusswort an: „Damit schließt sich der Kreis aller Empfehlungen. Obst und Gemüse als Hauptnahrungsmittel werden von allen Experten der Ernährung empfohlen. Dazu kommen Kartoffeln und Getreideprodukte als zweite wichtige Nahrungsgruppe. Milch und Milchprodukte sowie Fleisch sind eine sinnvolle Ergänzung und sollen in kleineren Mengen genossen werden, Fette und Öle sowie Süßigkeiten in sparsamen Mengen sind erlaubt. Wer sich an diese Ernährungsregeln hält ist auf der sicheren Seite.“ Solange wir nicht gerade zu den Menschen gehören, die keine Milch (mehr) vertragen, ist gegen Milchprodukte in Maßen wohl nichts einzuwenden, aber es entspricht nicht der Wahrheit, dass Milch prinzipiell für den Menschen nach dem Abstillen notwendig ist und es gibt eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, die Kalziumversorgung sicher zu stellen – übrigens auch ohne auf Kalziumtabletten zurückzugreifen. Ich hoffe, ich konnte Sie beruhigen und Sie können das Stillen nun einfach wieder genießen :-). LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 13.01.2012



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