Hallo Biggi,
ich möchte meinen 4,5 Jahre alten Sohn endlich abstillen und weiß einfach nicht wie ich es anstelle, ohne ihn dabei emotional zu verletzen.
Wir hatten in meiner 2. Schwangerschaft bereits 3,5 Monate Stillpause, einfach weil es für mich sehr unangenehm war. Das hatte er überraschenderweise auch gut akzeptiert. Gegen Ende der Schwangerschaft fragte er aber immer wieder vermehrt nach der Brust und wenn er mich nackt gesehen hat, ist er geradezu darauf los gehechtet. Ich habe ihm dann versprochen, wenn seine Schwester da ist, ist wieder Milch drin und dann darf er nochmal probieren.
Ich war zum einen überzeugt, dass er es nach dieser Zeit längst verlernt hätte zu stillen, zum anderen dachte ich es wäre der Geschwisterliebe vielleicht auch förderlich noch ein wenig Tandem zu stillen.
Er stillt zum einschlafen, zum aufwachen, manchmal in der Nacht und wenn er emotional richtig im Keller ist zum Trost. Er fordert die Brust lautstark ein, wenn ich sie verwehre, mit Worten wie „ich will aber“.
Jetzt nach knapp 6 Monaten will ich aber absolut nicht mehr. Ich stille meine Tochter gerne noch so lange sie möchte, aber bei meinem Sohn fühlt es sich einfach nicht mehr richtig an. Ich hasse es inzwischen schon richtig wenn er danach verlangt. Da er mich aber mit seiner Schwester stillen sieht weiß ich einfach nicht, wie ich ihm das Ende unserer Stillbeziehung beibringen kann,ohne dass er auf sie wütend wird. Ich habe ihm schon erklärt, dass er zu groß ist und das er die Brust doch gar nicht mehr braucht aber er kontert dann mit „nein, ich bin noch ein Baby„. Er weint und schlägt um sich, wenn ich ihn nicht stillen lasse und steigert sich so extrem rein, dass ich es dann doch wieder erlaube. Hast du einen Rat wie ich ihn liebevoll abstillen kann?
Liebe Grüße
von
Lena8111
am 21.06.2021, 22:56
Antwort auf:
Großes Kind abstillen, kleines Kind weiter stillen
Liebe Lena8111,
wichtig ist, dass Du klar bist und auch wirklich überzeugt!
Das hört sich nach einem gewaltigen Machtkampf an, der Deinem Kind nicht gut tut.
Es ist Dein gutes Recht, jetzt weniger zu stillen und auch wenn es Deinem „Großen“ nicht gefällt, musst Du klar und konsequent bleiben.
Ich habe das Gefühl, dass Du Dich Deinem Sohn unterlegen fühlst und nachgibst, weil er die Regeln vorgibt. Genau das ist jedoch falsch.
DU bist diejenige, die bestimmt wo's lang geht, Dein Kind ist dazu noch viel zu klein. Und: er BRAUCHT es, dass DU die Zügel in die Hand nimmst. Also ist es Deine Aufgabe zu definieren, wie ihr jetzt die stressigen Situationen beenden werdet.
Dein Sohn wird sich vehement wehren, er wird toben, wüten und traurig sein, aber er kann lernen, dass Du die Regeln aufstellst und jetzt nicht mehr stillen dauernd wirst.
Wichtig ist, dass Dir klar ist, dass einige stressige Nächte und Tage bevorstehen, aber die müssen sein, denn bisher hat Dein Kind gelernt, dass es nur lange genug fordern muss, bis sein Wunsch doch erfüllt wird. Begleite Dein Kind, sei liebevoll und entziehe ihm die Brust, aber nicht Deine Liebe und bleibe konsequent. Wenn Dein Sohn merkt, dass Du genau das meinst, was Du sagst, dann wird er die neue Situation auch akzeptieren.
Du musst sicher nicht gleich komplett abstillen, aber Du kannst Regeln aufstellen und musst nicht dauernd abrufbereit sein.
Er wird keinen Schaden erleiden, keine Bange. Wichtig ist allerdings, dass Du ruhig bleibst und Dich von ihm nicht anstecken lässt.
Und denk daran: DU bist euer Chef, DU bist diejenige, die die Richtung vorgeben muss. Das gilt nicht nur fürs Schlafen, doch diese Übung wird Dir für andere Bereiche eures gemeinsamen Lebens gute Dienste erweisen.
Dein kleiner und doch schon so großer Sohn braucht im Moment sicher viel Rückversicherung und das Gefühl, dass er genau so wichtig ist wie das Baby.
Versuche Zeiten zu finden, die Deinem großen Sohn ganz alleine gehören, gehe mit ihm alleine spazieren oder lese ihm abends eine Geschichte vor, zeige ihm einfach, dass er immer genau so wichtig ist.
Ich habe meinem Sohn damals erzählt, dass die Maus ja nur Mamamilch trinken kann und er doch schon mal ein Brot oder Wasser (oder manchmal auch Gummibärchen) bekommt. Er fand das sehr lustig und hat Anna immer sehr bedauert ;-).
Außerdem habe ich die Stillzeit immer dazu genutzt und habe meinem großen Sohn viele viele Geschichten erzählt, wie es so war, als er noch ganz klein war. Ich erzählte ihm, dass ich zu nichts anderem gekommen bin damals und dass er die ganze Zeit nur an der Brust hing und immer immer an die Brust wollte. Dann sagte ich ihm, dass es ja so viel viel einfach für mich ist, weil er mir jetzt ja helfen kann und mal eine Windel oder ein Glas Wasser holen kann und weil es so schön ist mit ihm zu reden.
Moritz war lange Zeit kein bisschen eifersüchtig (erst als Anna ihm die Legohäuser zerstörte) und für ihn waren die Stillzeiten immer besonders schön - er fragte oft, wann die Kleine endlich Hunger hat ;-).
Dein Sohn muss nun lernen, dass da noch jemand ist, dass er nicht mehr nur alleine die ganze Aufmerksamkeit bekommt - und das tut weh.
Ihr beide braucht Ruhe und Zeit, um Euch an das neue Menschlein zu gewöhnen. Kann Dein Mann ein paar Tage daheim bleiben und den älteren Sohn übernehmen?
Wie wäre es, wenn Du während dem Stillen ein Buch vorliest?
Mir persönlich gefällt das Buch "Ich will auch Geschwister haben" von Astrid Lindgren für diesen Zweck sehr gut. Ein Buch, das sich vor allem auch mit dem Thema Stillen beschäftigt und mit liebevoll gezeichneten Bilder aus der Sicht des größeren Bruders vom Auf die Welt kommen, dem Stillen und Tragen erzählt ist "Busi sagte Henriette" von Edith Seitz. "Busi sagt Henriette bekommst Du im Buchhandel (Edition buntehunde, ISBN 3 934941 03 6).
Weitere Tipps für die Zeit nach der Geburt:
o dem älteren Kind eine Babypuppe schenken, (oder sie ihr von dem Baby schenken lassen), die es ebenfalls versorgen und stillen kann. Außerdem kann das ältere Kind in die Versorgung des Babys miteinbezogen werden (es kann die Windeln reichen, den Po eincremen ...). Entscheidend ist, dass Dein Kleiner sich wichtig fühlt und weniger zurückgesetzt durch das Baby.
o dem älteren Kind erlauben wieder klein zu sein, eben auch ein Baby, und es, wenn das Baby schläft, ein bisschen herumtragen, mit ihm ausgiebig kuscheln usw. Der oft geäußerte Spruch "Du bist jetzt schon so groß" führt bei manchen Kindern gerade zum Gegenteil dessen, was man erreichen wollte, denn "groß sein" bedeutet nach Auffassung des Kindes, dass es jetzt nicht mehr so wichtig ist. (Ich weiß, dass dies objektiv nicht so ist, aber das Kind kann es so empfinden).
o ein Tragetuch verwenden. Mit dem Baby im Tuch, ist mindestens eine Hand frei für das ältere Kind (bei einem korrekt gebundenen Tuch). So kann die Mutter sich mit dem älteren Kind beschäftigen und gleichzeitig auf das Bedürfnis des Babys nach Nähe und Körperkontakt eingehen. Das Baby ist mit dabei, schläft wahrscheinlich sogar recht gut und es wird Freiraum für das Große gewonnen.
Viele Mütter machen die Stillzeit mit dem Baby zu einer gemütlichen Kuschel- und Lesestunde für das größere Kind. Mit etwas Übung kann das Baby beim Stillen mit einem Arm gehalten werden und in den anderen Arm kann sich das größere Kind mit einem Bilderbuch o.Ä. kuscheln. Das ältere Kind kann das Buch so halten, dass die Mutter darin lesen kann oder mit ihm die Bilder anschauen und außerdem bekommt es die wichtige Aufgabe, die Seiten umzublättern.
Eine andere Möglichkeit die Stillzeiten für das große Kind zu etwas besonderem zu machen ist eine "Stillkiste" (der Begriff stammt von einer meiner Gruppenmütter). In dieser Kiste sind besondere Dinge (z.B. ganz spezielle Stifte und glänzende Papierbögen, bunte Perlen, die zu Ketten aufgereiht werden können, ein Spielzeugauto je nachdem, was für das Kind besonders attraktiv sein kann), die nur zu den Stillzeiten benutzt werden dürfen.
Wichtig ist, dass Du möglichst liebevoll mit Deinem Baby umgehst, aber trotzdem konsequent bleibst!
Liebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 22.06.2021
Antwort auf:
Großes Kind abstillen, kleines Kind weiter stillen
Liebe Biggi,
vielen Dank für deine ehrlichen Worte. Ich war vermutlich wirklich zu lange der Auffassung, dass mein großer die Brust noch braucht. Dabei hast du Recht, sein Bedürfnis ist die exklusive Zeit mit mir, die Nähe und Geborgenheit. Reduzieren macht für mich keinen Sinn, da wir höchstens 30 min/Tag stillen, wenn überhaupt. Deshalb habe ich ihn direkt gestern gesagt, dass ich ihn nicht mehr stillen möchte. Wir haben zum einschlafen gekuschelt und viel geredet. Er hat es akzeptiert. Heute morgen wollte er dann wieder stillen und war entsprechend enttäuscht, als ich Nein gesagt habe. Natürlich war der Tagesbeginn deshalb nicht ganz so entspannt, aber auch das hat er akzeptiert.
Als Mama vergisst man oft die eigenen Bedürfnisse, dabei sind es doch genau diese, die bei einer bedürfnisorientierten Erziehung beachtet werden müssen.
Vielen lieben Dank für die deutlichen Worte. Ich werde in Zukunft wieder mehr auf meine Bedürfnisse achten und meinen Kindern klare Signale senden.
Liebe Grüße
von
Lena8111
am 23.06.2021, 09:17
Antwort auf:
Großes Kind abstillen, kleines Kind weiter stillen
Liebe Lena8111,
ich freue mich so sehr über Deine Rückmeldung, hab vielen Dank!!!
Ganz liebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 23.06.2021