Frage: Erst stillen und dann Brei?

Guten Tag, wir haben vor 3 Wochen mit dem Mittagsbrei begonnen und eigentlich klappte das auch ganz gut. Mein Sohn hat sogar schon teilweise 150g gegessen. Seit einer Woche klappt es aber nicht mehr so gut. Ich habe das Gefühl dass er zu hungrig ist und dann keine Geduld für Brei hat und deshalb lieber Muttermilch haben möchte. Deshalb habe ich ihn jetzt immer erst gestillt und danach gab es Brei. Dann hat er meistens um die 80g gegessen. Ist das ok dass ich erst stille? Ich dachte eigentlich es wäre besser erst den Brei zu geben und dann nach Bedarf noch die Brust hinterher, solange bis der Brei ihm komplett reicht. So wie es jetzt ist habe ich nicht das Gefühl wir ersetzen irgendwann die Milchmahlzeit mit Brei sondern füttern zusätzlich. Kann ich durch erst stillen und dann Brei überfüttern? Liebe Grüße Isabell

von Isabell91 am 10.02.2020, 07:42



Antwort auf: Erst stillen und dann Brei?

Liebe Isabell, Du machst es genau richtig, wenn Dein Kind das Tempo bestimmen darf :-). Im ersten Lebensjahr ist Milch die Hauptnahrungsquelle und es soll und darf nach Bedarf gestillt werden. Ich weiß, dass fast überall steht: „zunächst wird die Mittagsmahlzeit ersetzt und im Abstand von etwa vier Wochen ersetzen Sie die nächste Mahlzeit usw". Gleichzeitig wird „eine Mahlzeit" als die Menge definiert, die in ein Gläschen passt und zwar für alle Kinder gleich. Doch dieses Schema, das leider immer noch oftmals propagiert wird verursacht in vielen Fällen nichts weiter als Stress und Tränen. Es ist einfach zu sehr in den Köpfen vieler Menschen verwurzelt, dass eine Stillmahlzeit „ersetzt" werden müsse, dabei stimmt das gar nicht. Schon der Begriff BEI Kost drückt doch aus, dass es sich bei dieser Nahrung um eine ergänzende Nahrung und nicht um einen Ersatz für die Muttermilch handelt. Wäre es ein Ersatz, dass würde es ANSTATT Kost heißen. Bei der Vorgehensweise, dass langsam als ergänzende Nahrung Beikost angeboten wird, hat die Brust Zeit, sich an die Veränderung zu gewöhnen, das Kind hat ebenfalls mehr Zeit für die Umstellung und die Nährstoffe aus der Beikost können in Zusammenhang mit bei der gleichen Mahlzeit angebotener Muttermilch besser verwertet werden. Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte. Für Tipps rund um das Thema Beikost bietet sich auch noch das Buch „Babyernährung gesund & richtig – B(r)eikost und Fingerfood“ von Gabi Eugster an. Dort finden sich sehr viele Informationen und Tipps zum Thema Ernährung ab dem siebten Monat. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 10.02.2020



Antwort auf: Erst stillen und dann Brei?

Danke für die schnelle und ausführliche Antwort. Würde dies denn bedeuten, dass mein kleiner irgendwann die Milchmahlzeit vor dem Brei nicht mehr benötigt und das selber merkt? Oder sollte ich es in die Hand nehmen und irgendwann weniger Milch vorher geben und dafür dann mehr Brei? Wie sieht es denn aus wenn man nicht länger als 6-8 Monate stillen kann. Muss dann auf Flasche umgestiegen werden? Ist das denn dann von heute auf morgen möglich dass man anstatt Muttermilch dann die Flasche gibt? Und welches Produkt sollte man dann am besten nehmen?

von Isabell91 am 10.02.2020, 08:59



Antwort auf: Erst stillen und dann Brei?

Liebe Isabel, wenn Dein Kind den Brei gut annimmt, kannst Du ihn später wieder vor dem Stillen anbieten, dann wird Dein Baby selbst entscheiden, ob und wie viel Muttermilch es noch möchte. Wenn Du vor dem ersten Lebensjahr abstillen möchtest, sollte Dein Baby noch Säuglingsmilch bekommen. Für das Baby und auch die Brust wäre es besser, wenn Du langsam abstillen würdest, da so Zeit für die Umstellung ist. Ab dem ersten Geburtstag kann ganz normale Vollmilch gegeben werden, die dann auch nicht mehr verdünnt werden muss. Muttermilch ist der Goldstandard und von allen künstlichen Säuglingsnahrungen ist diesem Goldstandard die Pre Nahrung noch am ähnlichsten. Alle weiteren Nahrungen entfernen sich immer weiter von Goldstandard, was keinerlei Vorteile für die Gesundheit des Kindes bringt. Deshalb ist es nicht sinnvoll und vom ernährungsphysiologischen Standpunkt her auch nicht notwendig, andere Nahrung als Muttermilchersatz zu geben, als eine Pre Nahrung. Pre-MIlch kann wie Muttermilch nach Bedarf gegeben werden. Wenn Du Dir die Zusammensetzung der künstlichen Säuglingsnahrungen anschaust, dann kannst Du sehen, dass Pre Nahrung eindeutig zu bevorzugen ist. Spätestens bei der sogenannten Folgemilch 2 ist es dann sogar so, dass diese kaum noch an die Muttermilch angepasst ist, oft sehr süß ist und von der Zusammensetzung her so, dass sie nicht mehr als ausschließliche Nahrung für das Kind ausreicht. Sie darf deshalb auch nur in Zusammenhang mit Beikost gegeben werden. Es gibt Länder, in denen Folgenahrungen gar nicht erhältlich sind. Eltern erhoffen sich, was die Werbung ja auch deutlich suggeriert, dass ihre Kinder mit einer Folgenahrung seltener gefüttert werden müssen und länger schlafen. Das ist der Hauptgrund, warum diese Nahrungen verkauft werden. LLLiebe Grüße Biggi Welter Pre, 1 oder 2 – was bedeuten die Kürzel der Säuglingsnahrung von Denise Both, IBCLC Die EU Norm unterscheidet zwischen drei verschiedenen Nahrungsarten: • Säuglingsanfangsnahrung • Folgenahrung • Antigen Reduzierte Nahrung Säuglingsanfangsnahrungen sind künstliche Säuglingsnahrungen, die den Nährstoffbedarf eines Babys in den ersten vier bis sechs Monaten als Alleinnahrung decken und zusammen mit geeigneter Beikost das gesamte erste Lebensjahr gegeben werden können. Sie tragen die Silbe "Pre" oder die Zahl "1" im Namen. Unter einer Pre Nahrung wird eine adaptierte Säuglingsnahrung verstanden, die der Muttermilch weitestgehend angeglichen ist, was ihre Zusammensetzung an Mineralstoffen, Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß betrifft. Pre Nahrungen können, wie Muttermilch, nach Bedarf (ad libitum) gegeben werden. "1" steht für teiladaptierte Nahrung. Diese Säuglingsnahrung ist zum Teil der Muttermilch angeglichen, enthält mehr Eiweiß und außer Milchzucker noch weitere Zucker sowie Stärke. 1er Nahrung ist nicht so dünnflüssig wie Pre Nahrung und hält länger vor. Teiladaptierte Nahrung sollte nicht nach Bedarf gegeben werden. Folgenahrung wird durch eine "2" gekennzeichnet. Sie ist nicht mehr als alleinige Nahrung für den Säugling gedacht, sondern sollte frühestens ab dem fünften Monat zusammen mit Beikost gegeben werden. Ihre Zusammensetzung unterscheidet sich grundlegend von der der Muttermilch. Für allergiegefährdete Babys, zu denen zur Zeit etwa ein Drittel aller Neugeborenen zählen, gibt es antigen reduzierte Nahrungen, die durch die Abkürzung "HA" erkennbar sind. "HA" steht für hypoallergen und es bedeutet, dass in diesen Nahrungen das Kuhmilcheiweiß in kleinere Bestandteile aufgespalten wurde. Durch die Zerlegung des Eiweißes kann das Allergierisiko verringert werden. Außer den oben aufgezählten Nahrungen gibt es noch Spezialnahrungen (zum Beispiel laktosefreie Säuglingsnahrung oder Nahrungen mit sehr geringem Phenylalaningehalt), die besonderen Situationen vorbehalten sind. So kommt es zwar sehr selten vor, aber es gibt tatsächlich Fälle, in denen ein Baby keine Muttermilch erhalten darf (bei Galaktosämie, einer sehr seltenen Stoffwechselstörung) oder nicht ausschließlich gestillt werden darf (z.B. bei Phenylketonurie (PKU), ebenfalls eine Stoffwechselstörung).

von Biggi Welter am 10.02.2020