Dauerstillen und schlaflose Nächte mit 12 Monaten

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Dauerstillen und schlaflose Nächte mit 12 Monaten

Guten Tag, Ich möchte unbedingt etwas an der Schlafsituation meiner Tochter ändern und weiß leider nicht, wo ich anfangen soll. Tagsüber wird meine Tochter nicht mehr gestillt, sobald wir aufstehen, ist die "Milchbar" geschlossen;) Das hat allerdings zur Folge, dass ich sie vormittags und nachmittags in den Schlaf mit Hilfe einer Tragehilfe tragen muss, da sie das Bett und hinlegen mit Stillen verbindet. Das an sich stört mich nicht, allerdings ist es schwer sie abzulegen ohne dass sie aufwacht oder sie wacht kurz nach dem Ablegen auf und schläft nicht so lange als wenn ich sie durchwegs trage. Am Abend wird nach festen InsBettgehRitualen gestillt und ich singe sie in den Schlaf (Zirka 19 Uhr) .Das passiert alles im Elternbett. Danach, nachdem ich warte, dass sie gaaaanz fest schläft, lege ich sie in ihr Bettchen, das direkt neben unserem steht. Und dann beginnt eine endlose Nacht. Sie wacht alle halbe Stunde bis Stunde auf. Wenn ich ins Zimmer reinkomme, steht sie bereits am Gitter und wartet auf mich. Einfach hinlegen im Bettchen führt zu Schreianfällen. Ich nehme sie also raus, stille sie wieder, warte bis sie fest schläft (Das kann Minuten dauern, aber auch Stunden), und lege sie zurück in ihr Bettchen. Nach einer Stunde oder früher beginnt das ganze Spiel von vorne. Manchmal, wenn ich darauf keine Lust habe, lasse ich sie im Elternbett schlafen und bleibe neben ihr liegen, oder ich wechsle mich mit meinem Mann an, dann schläft sie ohne Probleme. Es gibt auch Nächte, wo sie länger in ihrem Bettchen schläft, es sind aber Ausnahmen. Wenn ich selbst schon schlafe und sie wacht auf, lege ich sie nicht mehr zurück, sondern lasse sie bei mir schlafen. Früher hat das mir mehr Schlaf gebracht, inzwischen ist aber auch das eine Quälerei. Sie wacht trotzdem ständig auf und will an die Brust. Davor schmeißt sie meistens im Schlaf den Schnuller im hohen Bogen weg und zeigt mir erwartungsvoll, dass sie die Brust will. Dann darf ich auch noch auf Schnullersuche gehen. Das ist nächste Spiel : Schnuller wird aus dem Mund gezogen, nervöses Schreien wenn die Brust nicht sofort parat steht, sobald Brust da ist, trinkt sie meistens nur kurz und entkoppelt sich selbst von der Brust, wird aber sofort wieder nervös und beginnt zu weinen, also Schnuller in den Mund, den sie wieder rauszieht....usw, usw.... Day kann Stunden dauern ! Ich bin langsam wirklich am Ende meiner Kräfte, ich finde keinen Schlaf mehr, ich habe keine Freizeit mehr und durch dieses Schlafverhalten meiner Tochter schlafen wir Eltern inzwischen auch getrennt damit wenigstens einer Schlaf findet... Ich habe an sich nichts gegen das Stillen aber nicht in diesem Maße, ich fühle mich inzwischen wie eine Melkuh und weiß allerdings auch nicht, ob Abstillen das Heilmittel für das alles ist oder es an was anderem liegt... Vielleicht haben sie einen Rat für mich? Liebe Grüße, Anna

von Ann-A-86 am 18.08.2020, 09:41



Antwort auf: Dauerstillen und schlaflose Nächte mit 12 Monaten

Liebe Anna, leider wird das Abstillen wahrscheinlich nicht helfen, oft ist es eher so, dass die Babys noch mehr klammern und noch weniger schlafen. Dein Baby macht gerade viele Entwicklungsschritte durch und sucht an der Brust Geborgenheit und Nähe, um alles verarbeiten zu können. Ich kann Dich natürlich sehr gut verstehen und stimme Dir zu, dass das so nicht weitergehen sollte, denn auf Dauer lassen sich solche Nächte nicht stemmen. Das Verhalten deines Kindes ist zwar nicht unnatürlich oder falsch (es IST eben so, dass es an deiner Brust genau das findet, was es zum Weiterschlafen braucht), doch es belastet Dich und darum darfst Du was ändern. Kann Dein Partner Dich unterstützen und Euer Baby tragen und beruhigen? Manchmal hilft es wirklich, wenn das Baby eine andere Person um sich hat und weiß, dass es da nicht an die Brust kann. Könntest Du Dir tagsüber Hilfe suchen, damit Du Dich mal ausruhen und entspannen kannst? Bitte doch den Arzt wegen chronischer Erschöpfung um eine Haushaltshilfe, Deine Kasse übernimmt die Kosten, wenn er das attestiert. So könntest Du für eine Weile etwas zur Ruhe kommen. Dann kannst Du langsam versuchen, etwas mehr Ruhe in der Nacht zu bekommen, indem Du stillfreie Zeiten einführst. Das bedeutet, dass Du nicht jede Stunde stillst, sondern Dein Kind auf andere Weise beruhigst. Was allerdings noch mehr Unruhe in die Situation bringen wird, weil Dein Baby noch nicht die Reife hat, die es braucht, um länger schlafen zu können. Du könntest Dein Baby mit zu Dir ins Bett nehmen und es in Deinem Arm trösten, aber eben nicht stillen. Das wird einige stressige Nächte geben, aber Dein Baby wird es akzeptieren, dass Du nicht immer sofort die Brust auspackst, wenn es aufwacht. Wichtig ist, dass Du geduldig bleibst und Deinem Kind die Trauer zugestehst, denn es kann sich nur durch Weinen und Schreien ausdrücken. Dein Baby will Dich nicht ärgern oder provozieren, es kann sich noch nicht alleine regulieren und sucht bei Dir nach Ruhe. Sehr empfehlenswert ist von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder.“ Ich hänge dir auch noch einen Artikel an, der dich sicherlich bestärken wird. Liebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen.

von Biggi Welter am 18.08.2020



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