Liebe Expertinnen,
ich bekomme in Kürze mein erstes Kind und möchte gerne stillen, wenn es denn klappt. Ich habe nun schon mehrere verschiedene Meinungen gehört, was Sauger angeht. Die einen meinen, dass man mit Beruhigungssaugern eine Saugverwirrung fördern kann. Gestern hab ich in "Hebammensprechstunde" gelesen, dass es keinen Grund gäbe, auf den Sauger zu verzichten, da das Saugbedürfnis damit befriedigt werden kann und das besser sei, als wenn das Baby ständig auf den ohnehin anfangs gereizten Brustwarzen herumkaut und saugt. Frau Stadelmann meinte, sie hätte noch nie erlebt, dass ein Baby durch Sauger Probleme mit dem Stillen bekommen hätte. Wie sind Ihre Erfahrungen hierbei? In meiner Entbindungsklinik ist es üblich, dass den frischgeborenen Babys gleich ein Sauger in den Mund gesteckt wird. Will man das nicht, muss man das explizit am besten noch vor der Geburt sagen. Ich wollte eigentlich die ersten Tage ohne Sauger probieren, bis mein Kind sicher an der Brust ist. Jetzt bin ich aber durch die Argumentation von Frau Stadelmann etwas verunsichert. Was meinen Sie?
von
lieselotte1310
am 16.11.2012, 07:24
Antwort auf:
Sauger- ja oder nein
Liebe lieselotte,
das Buch von Frau Stadelmann ist phantastisch, wenn es um die Zeit vor der Geburt geht, aber es ist nicht up to date, was das Stillwissen betrifft. Die Tatsache, dass EINE Frau noch nie einen Fall von XY erlebt hat, heißt noch lange nicht, dass es ihn nicht geben kann.
Nimm zum Beispiel mich: Ich mache seit 10 Jahren Stillberatung, hatte noch nie einen Fall des "Rusty Pipe Syndroms", und doch tritt es regelmäßig auf. Also kann ich doch nicht sagen: "Das gibt es nicht..."
Die Aussage, dass ein Baby nicht "ständig auf den ohnehin anfangs gereizten Brustwarzen herumkauen" soll, ist irreführend. Fakt ist, wenn das Baby korrekt angelegt ist, kann es stundenlang an der Brust sein, ohne dass sie deshalb zerkaut wird.
Die beste Vorbereitung auf das Stillen besteht darin sich so gut wie möglich zu informieren.
Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen kannst Du am besten dadurch vorbeugen, dass Du dich informierst. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen.
Deshalb ist es entscheidend, dass Du dich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informierst. Ganz wichtig ist dass Du weißt, wie korrekt angelegt ist und woran Du erkennst, dass dein Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt.
Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. "Stillen gesund und richtig" von Denise Both und Gabi Eugster, "Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, "Stillen - einfach nur stillen" von Gwen Gotsch) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe triffst Du nicht nur andere stillende Mütter, sondern Du lernst auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst, suche ich dir gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus.
Ansonsten sollte darauf geachtet werden, dass die Brustwarzen und der Brustwarzenhof beim Waschen nur mit klarem Wasser abgespült wird. Seife oder gar Alkohol (wird manchmal immer noch zum Abreiben der Brustwarzen empfohlen) trocknen die Haut aus und machen sie anfälliger für wunde Brustwarzen. Wenn deine Haut sehr trocken ist und auch die Haut der Brustwarzen sehr trocken ist, kannst Du sie ganz sparsam und dünn mit hochgereinigtem Lanolin einreiben (gibt es unter dem Handelsnamen Purelan, Lanosin oder Lansinoh in der Apotheke). Hochgereinigtes Lanolin muss vor dem Stillen nicht abgewaschen werden, aber bitte wirklich nur hauchdünn verwenden.
Während der Schwangerschaft bewirken Hormone, dass die Brust sich auf die Stillzeit einstellt. Die Haut wird geschmeidiger und elastischer, um sich der Brustentwicklung anzupassen, während Brustwarzen und Brustwarzenhof sich vergrößern und die schützende Pigmentierung zunimmt. Die Montgomerydrüsen, kleine Erhebungen am Brustwarzenhof, sondern eine pflegende und schützende Substanz ab, die die Brustwarzen und den Brustwarzenhof vor Austrocknung und Abschuppung schützt. Daher ist sind Abhärtungsmaßnahmen wie Rubbeln mit Frotteetüchern und dergleichen nicht sinnvoll, denn dabei würde diese Schutzschicht entfernt.
Viele Frauen machen gar nichts zur Vorbereitung, andere finden es angenehm ihre Brust in den letzten Wochen der Schwangerschaft zu massieren. Als Grundregel gilt: sei liebevoll mit deiner Brust und tue nichts, was dir unangenehm ist.
Ich wünsche dir eine schöne restliche Schwangerschaft und eine gute Geburt - und dass du eine schöne Stillgruppe in deiner Nähe findest!
Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 16.11.2012
Antwort auf:
Sauger- ja oder nein
ach ja: Schnuller in den ersten Lebenswochen lieber nicht. LLL als Organisation hat durchaus Erfahrungswerte, dass manche Babys mit dem Wechsel nicht zurecht kommen, und das hat folgenden Grund: Das Trinken an
einem künstlichen Sauger unterscheidet sich grundlegend vom Trinken an der Brust und viele
Babys kommen mit diesem Wechsel der Trinktechniken nicht zurecht und reagieren mit einer
„Saugverwirrung“, die sich in einem Verhalten wie es dein Sohn zeigt äußern kann. Versuche
alle künstlichen Sauger (Flasche, Schnuller) wegzulassen. Alles Saugen deines Kindes sollte an
deiner Brust stattfinden.
von
Kristina Wrede
am 16.11.2012
Antwort auf:
Sauger- ja oder nein
Liebe Kristina,
vielen herzlichen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort! Damit konntest Du mir gut weiterhelfen. Ich habe bereits die nächste LLL- Stillberaterin ausfindig machen können.
Vielen Dank!
LG Lieselotte
von
lieselotte1310
am 16.11.2012, 14:16
Antwort auf:
Sauger- ja oder nein
Liebe Lieselotte,
freu mich!!
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 17.11.2012