Hallo,
mein Sohn ist jetzt 10,5 Monate alt und seit Wochen ist es wieder sehr anstrengend mit ihm. Leider haben wir viele "Probleme". Hier unsere beiden größten.
1. Mit 6 Monaten habe ich versucht die Beikost einzuführen, aber er interessiert sich nicht dafür. Wir haben ihm schon alles mögliche (Brei ohne und mit Stückchen, Obstbrei, Reisbrei, zerückte Banane, Brötchen auf die Hand, Butterbrotstücken, Fingerfood, etc.). Eigentlich will der davon gar nichts, nur zweitweise isst er mal eine Viertel-Portion. Das heißt er wird noch fast voll gestillt. Von allen Seiten bekomme ich deswegen "Ärger". Aber es liegt ja nicht an mir - er will ja nicht. Die Flasche möchte ich ihm deswegen aber auch nicht geben (soll ich laut allen anderen).
2. Er hat noch keine Nacht "durchgeschlafen". Eine Zeit lang waren es 6 Stunden und dann nochmal 3-4 Stunden am Stück. Jetzt wach er aber abends stündlich schreiend wieder auf und ist nur an der Brust (selten singend auf dem Arm) zu beruhigen. Einschlafen klappt nur an der Brust. Nachts ist er auch oft 1-2 Stunden wach. Sobald ich ihn ins Bett lege schreit er wie am Spieß. Ich lege mich dann immer mit ihm zusammen auf die Schlafcouch in seinem Zimmer. (Damit mein Freund durchschlafen kann) Dann meckert er auch noch, aber manchmal schläft er dann auch so ein.
Das geht jetzt schon einige Wochen so. Es ist wahnsinnig anstrengend für mich.
Auch tagsüber ist er sehr anhänglich und fordernd. Jetzt ist er auch weinerlich, da gerade die beiden oberen Schneidezähne durch sind (unten hat er vier). Aber das kann ja nicht seit Wochen alles an den Zähnen liegen...
Mein Sohn ist gesund, 78cm, 9,7kg, sitzt und zieht sich schon überall hoch. Eigentlich ist er topfit und sehr freundlich zu allen Leuten.
Für Tipps oder Erklärungen wäre ich sehr dankbar.
Liebe Grüße
Mitglied inaktiv - 30.08.2010, 17:49
Antwort auf:
Beikostverweigerung und schlecht schlafen
Liebe KrümelsMami2009,
wir Frauen scheinen alle offensichtlich ein überdimensionales Schuldbewusstsein in die Wiege gelegt zu bekommen und spätestens mit der Geburt eines Kindes fühlen wir uns für alles verantwortlich und selbstverständlich sind wir an allem schuld (gleich ob unsere Kinder zu dick oder zu dünn sind, ob sie quengelig sind oder ob die Frankfurter Börse eine Krise erlebt und alle Aktienkurse in den Keller rutschen).
Was sollst Du denn machen? Dein Kind in einen Schraubstock spannen, ihm die Nase zuhalten, damit es den Mund auf macht und ihm dann unter Zuhilfenahme eines Kartoffelstampfers feste Nahrung in den Magen zwingen?
Kehr den Spieß einmal um und frage all diejenigen, die dich so freigiebig kritisieren, was für KONSTRUKTIVE Vorschläge sie denn anzubieten haben. Es ist immer leicht zu sagen "Du machst das falsch" und sich dann umzudrehen und keinerlei sinnvolle Vorschläge zu machen, wie denn in dieser Situation besser vorgegangen werden soll.
Wenn dein Sohn gut gedeiht und sich altersgemäß entwickelt, dann versucht doch einmal, das Thema "Essen" nicht mehr zum alles beherrschenden Thema zu machen. Es hat keinen Sinn, ein Kind zum Essen zwingen zu wollen und es hat auch keinen Sinn, wenn sich das ganze Familienleben nur noch darum dreht, wie dem Kind irgendwelche Nahrung "einzutrichtern" sei. Je angespannter die Situation wird, umso verkrampfter sind schließlich alle Beteiligten. Bei einem Kampf ums Essen gibt es fast immer nur Verlierer.
Sollte dein Sohn nicht gut gedeihen, dann lass einmal die Blutwerte kontrollieren. Unter Umständen liegt z.B. ein Eisenmangel vor und das macht Kinder appetitlos.
Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann wissen wir, dass es sich ein Urmensch und auch heute noch Menschen, die nicht so komfortabel wie wir in einem fest gemauerten Haus in "zivilisierter" Umgebung wohnen, nie leisten konnten und könnten, ihr Kind einfach "wach" irgendwo hinzulegen, damit es alleine schläft. Das Risiko, dann innerhalb von kürzester Zeit den Verlust eines Kindes betrauern zu müssen ist da viel zu groß. Der Punkt ist der, dass Babys und Kleinkinder ganz gleich was alle diesen Bücher und Hochglanzbroschüren sagen nicht dazu gedacht sind, alleine (ein)zuschlafen. Für ein Baby ist es absolut normal, dass es in den Armen und an der Brust der Mutter einschläft. "Emanzipierte" Babys sind in der Evolution noch nicht vorgesehen und da unsere Kinder mit der gleichen genetischen Ausstattung auf die Welt kommen, wie in grauer Vorzeit, funktioniert nicht alles sofort so, wie es in unsere moderne Welt passen würde.
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Alleine sein bedeutet für ein Baby oder Kleinkind aus seiner Sicht Lebensgefahr. Sie wissen nicht, dass es heute und in unserer Gesellschaft unwahrscheinlich ist, dass sie von einem wilden Tier gefressen werden, wenn sie alleine sind. Wir können einfach nicht erwarten, dass unsere Babys "begreifen" dass ihnen doch alleine nichts passieren kann und wir können sie auch nicht dazu bringen, dass sie in diesem jungen Alter ein Gefühl dafür entwickeln, dass es doch "nur fünf Minuten" oder welche Zeitspanne auch immer ist, die sie warten müssen bis wieder jemand kommt.
Dein Kind braucht deine Nähe und wahrscheinlich auch das geborgene Gefühl an der Brust. Das ist sicher nicht immer einfach für die Mutter, die auch mal gerne was anderes tun würde, aber letztlich kostet es nicht mehr Nerven und Zeit, als sich ständig neue Methoden auszudenken und das Baby weinen zu lassen. Sobald das Kind die nötige Reife hat, wird es von selbst alleine (ein)schlafen.
Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin erhältlich ist. Dr. Sears ist nicht nur Kinderarzt, sondern auch achtfacher Vater und aus seinen Büchern spricht nicht die graue Theorie, sondern auch eine ganze Menge Lebenserfahrung im Zusammenleben mit Kindern.
Ehe Du nun wirklich wohl auch gegen deine innere Überzeugung abstillst, versuche doch einmal einen anderen Weg: Gönne dir selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Mach den Tragetest. Bügele etwas und trage es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügelst Du es nicht und trägst es für zehn Minuten. Dann vergleichst Du: ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist.
Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Du kannst dann eine Hälfte einfrieren und hast damit schnell eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war.
Versuche dir am Tag Freiraum für dich zu schaffen. Vielleicht kann dir dein Mann, deine (Schwieger)Mutter, eine Freundin oder ein verantwortungsbewusster Teenager dein/e Kind/er für eine Stunde oder so abnehmen, mit ihm spazieren gehen oder spielen und diese Zeit nutzt du für DICH. Selbst wenn Du nur in Ruhe in der Badewanne liegt, einmal um den Block joggst oder dich mit einer Zeitung und einer Tasse Tee in einen anderen Raum begibst, so ist das ein Weg aufzutanken und wieder neue Kraft zu schöpfen für den anstrengendsten Beruf der Welt: Mutter.
Kurz: beschränke viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese "gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken.
Suche dir wirklich Hilfe und Unterstützung.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 30.08.2010
Antwort auf:
Beikostverweigerung und schlecht schlafen
Hallo Biggi,
danke für deine lange Antwort.
Das Problem mit dem Essen sehe ich recht entspannt. Wenn er will dann wird er auch bald essen. Aber manchmal nervt mich das viele Stillen auch. Aber insgesamt stille ich gerne und möchte auch nicht abstillen. Nur mein Umfeld (inkl. meinem Freund) nervt wegen dem Thema ständig. Das sei nicht normal, warum ich das nicht hinbekomme, ich solle erstmal die Flasche geben, dann würde er auch den Brei essen. Da werde ich wohl weiterhin auf Durchzug stellen müssen.
Mein Sohn ist eigentlich sehr gesund und entwickelt sich gut, aber bei der kommenden U6 werde ich den KIA mal auf Eisenmangel ansprechen.
Beim Thema Schlafen ist es für mich am schlimmsten, wenn mein Sohn nachts einfach nicht wieder einschlafen will. Das reine Aufstehen-Stillen-Weiterschlafen wäre nicht das große Problem für mich. Und schlimm ist, dass er zur Zeit so oft (oft stündlich) wach wird. Ich hoffe, das ist nur eine Phase und wird bald besser.
Mein Haushalt läuft seit über 10 Monaten auf Sparflamme, auch wenn ich das nicht gut haben kann, aber ein schreiendes Kind ist schlimmer. Schnelle (Fertig-)Gerichte, Trockner statt bügeln, etc. bin ich schon gewohnt.
Ich habe in den letzten Monaten abgenommen, wiege jetzt sogar etwas weniger als vor der Schwangerschaft (52kg bei 1,69). Ich versuche mich gut zu ernähren, aber es ist oft Fertig- oder Halbfertig-Kost. Kann das Abnehmen am vielen Stillen liegen? Schließlich ist mein Sohn ja schon recht groß und braucht ja auch schon einiges und er ernährt sich ja fast ausschließlich über mich.
Leider habe ich hier keine Unterstüzung, da mein Freund viel arbeitet (außer am WE, aber da will er auch oft seine Ruhe haben- er arbeite ja schließlich so viel) und ich hier im Ort nicht viele Leute kenne (zugezogen).
Vielen Dank für deine Tipps.
Liebe Grüße
Nina
Mitglied inaktiv - 30.08.2010, 21:24
Antwort auf:
Beikostverweigerung und schlecht schlafen
Liebe Nina,
ich kann es gut verstehen, dass Du müde und ausgelaugt bist und es tut mir leid, dass Du so wenig Unterstützung bekommst.
Leider wird immer wieder gesagt, stillen lauge die Mutter aus oder führe zu Erschöpfungszuständen usw. . Wenn das Stillen so anstrengend und für die Mutter belastend wäre, würden anerkannte Organisationen wie die WHO (Weltgesundheitsorganisation) nicht eine mindestens zweijährige Stillzeit für ALLE Kinder empfehlen (nicht nur für die, die in Entwicklungsländern leben, wie diese Empfehlung fälschlicherweise immer wieder ausgelegt wird). Die WHO setzt sich auch das Wohl der Frauen ein.
Das Stillen laugt die Mütter nicht aus und schwächt auch nicht ihr Immunsystem, auch wenn dies immer wieder behauptet wird. Die Tatsache, dass Muttersein einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet, führt dazu, dass Mütter von kleinen Kindern oft anfälliger sind als kinderlose Frauen oder Frauen mit älteren Kindern.
Es kommt nur selten vor, dass eine Frau tatsächlich durch das Stillen abnimmt. Oft hat die Gewichtsabnahme ihren Grund zum Beispiel in einer Fehlfunktion der Schilddrüse, wie sie nach einer Schwangerschaft häufiger zu finden ist. Deshalb solltest Du deine Schilddrüse kontrollieren lassen.
Allerdings kann es auch eine noch viel einfachere Erklärung geben: bei einem Baby, das mehr Aufmerksamkeit braucht als viele andere Babys, kann es dazu kommen, dass der Alltag insgesamt sehr hektisch verläuft und die Frau zwar zwischendurch mal eine Hand voll Chips in sich hineinfuttert, unter dem Strich aber doch zu wenig isst.
Gönne dir und deinen Nerven ruhig Kalorienbomben. Sahnequark statt Magerquark, einen schönen Eisbecher mit Sahne und lasse dir vielleicht von deinem Partner kleine Zwischenmahlzeiten fertig machen, die Du mit einer Hand essen kannst. Wenn ein Teller mit Häppchen (Käsewürfel, Obst, Brot, Kräcker ...) fertig im Kühlschrank steht, kannst Du zum Beispiel die Zeit während des Stillens nutzen, um etwas zu essen und zu trinken.
Versuche wirklich, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen. Scheue dich nicht, dich auch am Tag, wenn das Kind einmal schlafen sollte, hinzulegen.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 30.08.2010