Frage: Beifüttern?

Liebe Stillberaterinnen, mein Sohn ist jetzt 14 Wochen alt. Ich stille voll. Seit letzter Woche Montag haben wir das Problem, dass er nachts das 1. Mal nach 3 Stunden kommt und dann immer nach 2 Stunden. Immer will er trinken. Über Tag waren die Stillmahlzeiten anfang letzter Woche auch bei 2 Stunden, hat sich dann aber wieder normalisiert auf 3 bis 4 Stunden. Bin langsam echt am Verzweifeln. Das hatten wir nie, dass er schon gegen 0:00 Uhr wieder auf der Matte stand. Wir waren schon seit einer ganzen Weile immerhin bei 6 Stunden und dann nach 3 Stunden in der Nacht angelangt. Was kann das sein? Wird er abends nicht mehr satt? Genügend Milch habe ich. Hatte gerade mal gewogen, er trinkt so ca. 200 gr. Bei einer Bekannten war das jetzt auch der Fall. Sie gibt abends jetzt eine Milchflasche (das Baby ist 4,5 Monate alt) und siehe er da, der Kleine schläft wieder durch. Der Kinderarzt meint immer nur, man solle doch zufüttern. Aber eigentlich will ich das doch gar nicht. Wäre nett, wenn Sie mir dazu helfen könnten. Liebe Grüße Tanja

Mitglied inaktiv - 16.10.2009, 13:38



Antwort auf: Beifüttern?

Liebe Tanja, es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 16.10.2009