Hallo,
ich bin schon länger stille Mitleserin, wende mich jetzt aber mit meiner Frage an Sie, weil mein Mann und ich uns keinen Rat mehr wissen. Unsere Tochter ist knapp 10 Monate alt und wird tagsüber bereits seit 2 Monaten nicht mehr gestillt. Sie isst ihre Mahlzeiten in der Regel gut - auch den abendlichen Griesbrei mag sie gerne.
Allerdings schaffe ich es nicht, sie danach ohne zu "stillen" (sie nuckelt eigentlich mehr als dass sie trinkt, es ist einfach zur Beruhigung) ins Bett zu legen. Wir lassen zwischen Brei und Ins-Bett-bringen immer etwas Zeit, damit sie sich auch satt fühlt, aber sobald sie bettfertig ist, verlangt sie nach der Brust - die sie, leider auch nachts - als Nuckel-Ersatz (sie nimmt keinen Nuckel) ansieht. Sie geht zwischen 19-20 Uhr ins Bett und schläft auch relativ schnell ein - das Einschlafnuckeln versuche ich, ihr gerade abzugewöhnen, indem ich sie nach kurzer Zeit von der Brust nehme (ich gebe sie ihr dann wieder, wenn sie das verlangt, nehme sie aber nach kurzer Zeit wieder weg, bis sie irgendwann nicht mehr danach verlangt und lege sie kurze Zeit später dann in ihr Bettchen). Allerdings wacht sie seit ein paar Wochen in den ersten 1-2 Stunden extrem häufig wieder auf und ist auch nur durch mich zu beruhigen (manchmal, indem ich sie auf den Arm nehme, häufig aber nur durch etwas an der Brust nuckeln) - bei meinem Mann fängt sie direkt an zu schreien und beruhigt sich auch nicht, sodass wir das nach mehreren Versuchen aufgegeben haben, weil wir nicht möchten, dass sie weint. Dadurch ist die Belastung allerdings für mich umso höher, weil ich sie 4-5 Mal beruhigen muss. Seit einiger Zeit schläft sie auch nachts nicht mehr so lange und wacht alle 2,5 h (also ca. 3x pro Nacht) auf. Oft schläft sie dann relativ schnell wieder ein, aber durch das ständige Aufstehen (sie schläft in ihrem eigenen Zimmer, direkt nebenan) bin ich mittlerweile extrem kaputt. Ich würde sehr gerne auch nachts komplett abstillen und sie von dem Nuckeln an der Brust abgewöhnen, weiß aber nicht wie. Wir wären für jeden Tipp dankbar!
Viele Grüße
Chris
von
Chris_18
am 04.12.2018, 21:45
Antwort auf:
Baby knapp 10 Monate - wie nachts abstillen und Brustnuckeln abgewöhnen?
LIebe Chris,
als stille Mitleserin weißt du, dass wir immer wieder betonen, dass auch mit 10 Monaten das Stillen absolut normal ist, Einschlafstillen völlig natürlich und auch "nur" Nuckeln an der Brust eine bedeutende Rolle für die Entwicklung eines Babys spielt.
Wir raten sogar davon ab, das Baby ohne zu stillen/nuckeln zum Schlafen zu legen.
Du hast sicher auch gelesen, dass das häufige Aufwachen in diesem Alter völlig normal ist. Vielleicht ist dieser Artikel von Sibylle Lüpold hilfreich für euch: https://www.still-lexikon.de/die-vorteile-des-naechtlichen-stillens-auch-nach-dem-1-geburtstag/
Ich zitiere mal daraus:
"Während der Organismus des Säuglings rund um die Uhr auf eine regelmäßige Nahrungszufuhr angewiesen ist, sind es beim Kleinkind vermutlich zunehmend emotionale Faktoren, die zum Bedürfnis führen, auch nachts an der Brust zu saugen (oft unabhängig davon, ob noch viel Milch fließt). Stillen ist ein wichtiger Bestandteil der Mutter-Kind-Bindung und von Anfang an weit mehr als reine Nahrungszufuhr. Das Einschlafen wird vom Kind in den ersten Jahren als beängstigende Trennungssituation empfunden und löst bei ihm das natürliche Bindungsverhalten aus. Das heißt, es sucht intensiv Nähe und Schutz bei seinen Bindungspersonen und reagiert mit Angst und Schreien, wenn es alleine gelassen wird. Das Saugen an der Brust und der damit verbundene Körperkontakt mit der Mutter bieten Sicherheit, Trost und Beruhigung. Stillen bzw. die Ernährung mit Muttermilch machen nicht nur satt, sie haben zahlreiche physiologische Auswirkungen auf das Kind. So werden Herzschlag, Atemfrequenz, Körpertemperatur und Blutzuckerwerte verbessert. Außerdem ist Stillen schmerzlindernd und fördert das Einschlafen. Die meisten Stillkinder beruhigen sich an der Brust rasch wieder – vorausgesetzt, sie mussten nicht zuerst lange schreien – und schlafen dabei ein. Dieser aus kindlicher Sicht ideale Zustand der körperlichen Verbundenheit mit der Mutter bietet ein Optimum an Nähe und Geborgenheit.
Ein kleines Kind durchläuft während seiner emotionalen Entwicklung innerhalb der ersten drei Lebensjahre immer wieder Phasen, die mit großen, vor allem auch nachts auftretenden Ängsten verknüpft sind. Insbesondere während dem Fremdeln kommt es zu vermehrtem nächtlichen Aufwachen und häufigeren Stillmahlzeiten. Der Höhepunkt der Trennungsangst liegt zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag; eine Zeit, in der Kinder nachts ihr Bett eigenhändig verlassen und das Elternbett aufsuchen können."
Vielleicht wäre es eine Alternative, sie zu dir ins Bett zu holen? Dann musst du nachts nicht extra aufstehen, kannst aber trotzdem die natürlichen, gesunden Bedürfnisse deines Babys befriedigen? Auf lange Sicht habt ihr beide mehr davon, als wenn du sie jetzt abstillst, vor allem, weil sie mit 10 Monaten doch noch sehr jung dafür ist. Und: Ob ein Baby nach dem Abstillen besser schläft kann leider nicht vorhergesagt werden. Nicht bei allen ist das nämlich so, was in erster Linie damit zusammen hängt, dass die Kleinen ein ganz anderes Schlafmuster haben als wir Großen, und von Natur aus dafür "programmiert" sind, häufig aufzuwachen.
Falls weiterstillen und Umzug des Schlafplatzes überhaupt keine Alternative für euch sind, dann helfen hoffenlich auch diese Tipps von Sibylle: https://www.still-lexikon.de/nachts-abstillen/
Auch die Tipps von Elizabeth Pantley geben wir oft weiter - jedoch rät auch diese Autorin davon ab, vor 12 Monaten abzustillen. Gelingen kann es trotzdem...
Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei.
Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann.
Natürlich kannst Du ihr während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird.
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Einen "Knacks" beim Kind brauchst du nicht befürchten, wenn du ihm wirklich beistehst und ihn nicht "strafst" für seine natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das erst im Herbst auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann.
Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Es ist übrigens eine ganz normale Reaktion, dass Kinder bei Krankheiten wieder vermehrt stillen (ihre Natur weiß, was das Beste für sie ist...), und vielleicht kannst du ihr ja das Einschlafstillen am Nachmittag noch zugestehen, während du an der Stillfreien Zeit in der Nacht arbeitest - so muss die kleine Maus nicht gleich alles auf einmal aufgeben, was ihr gut tut.
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 05.12.2018