Baby 7 Monate nachts alle 1-2 Stunden stillen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Baby 7 Monate nachts alle 1-2 Stunden stillen

Liebe Stillberaterinnen, unser Sohn ist 7 Monate (30 Wochen) und hat bis vor einiger Zeit nachts ganz gut geschlafen. Er war meist 2x wach und wollte trinken, ist dann aber sofort wieder eingeschlafen. Seit etwa 6 Wochen ist es leider etwas schwierig: Er wird alle 1-2 Stunden wach, wälzt sich dann hin und her, dreht sich von einer Seite auf die andere und weint. Durch stillen lässt er sich schnell beruhigen.Wenn ich ihn lasse, trinkt er 15-20 Minuten und schläft dann ein - für 1-2 Stunden. Hunger scheint er keinen zu haben. Wenn ich ihn nämlich nur ein paar Minütchen trinken lasse und ihm dann den Schnulli gebe, nuckelt er zufrieden weiter und schläft dann auch ein. Nur durch den Schnulli lässt er sich allerdings nicht beruhigen, er braucht also die Brust - wenn auch nur kurz. Rumtragen, streicheln, mit ihm sprechen oder schuckeln funktioniert leider nicht. Ich habe nun Angst, dass er sich an das nächtliche Stillen so sehr gewöhnt, dass es ewig so weiter geht.... langsam wird es nämlich anstrengend für mich so wenig zu schlafen. Er hat übrigens vor 2 Wochen seine ersten beiden Zähnchen bekommen. Ich hatte gehofft, dass es daran liegt und besser wird wenn die Zähne draußen sind - ist es aber nicht. Er bekommt seit 8 Wochen Beikost. Mittags einen Gemüse-Fleisch-Brei, abends einen Obst-Getreide-Brei - milchfrei, da ich ja noch stille. Leider isst er immer nur ein halbes Gläschen und will meist 1-2 Stunden nach dem Brei noch mal an die Brust. Ist sein nächtliches Verhalten normal/typisch für sein Alter und kann eventuell nur eine Phase/ein Schub sein? Oder hat er sich vielleicht tatsächlich schon so ans Stillen gewöhnt, dass er "automatisch" alle 1-2 Stunden wach wird? Sollte ich es nachts mal mit einem Fläschchen mit Wasser versuchen? Oder hat er tatsächlich Hunger? Ein langer Text und viele Fragen... Ich würde mich über ein paar Tipps sehr freuen! Vielen Dank im Voraus und liebe Grüße Claudia

von Oskars Mami am 22.08.2017, 10:30



Antwort auf: Baby 7 Monate nachts alle 1-2 Stunden stillen

Liebe Claudia, ich kann Sie so gut verstehen und würde Ihnen so gerne eine Antwort geben, die Ihnen zu längeren Ruhepausen verhelfen könnte…. Für viele Menschen unserer Kultur wird "guter Schlaf" mit "ununterbrochenem Schlaf" gleichgesetzt und für junge Eltern ist es dann eine große Herausforderung mit dem Schlaf in "Häppchen" zurecht zu kommen. Genau zu diesem Thema habe ich eine interessante Stellungnahme eines Gynäkologen gehört, der über das Thema "rooming in und Müdigkeit der Mutter" gesprochen hat: Er hat dargelegt, dass er aufgrund seiner Dienste und seiner Arbeit im Krankenhaus extrem selten mehr als drei bis vier Stunden am Stück schlafen kann und fünf Stunden ununterbrochener Schlaf sind für ihn bereits der Inbegriff des Luxus. Dennoch und obwohl dies schon seit mehr als zehn Jahren für ihn so ist fühlt er sich nicht unausgeschlafen oder empfindet seinen Schlaf als qualitativ beeinträchtig. Ich will damit sagen, dass unterbrochener Schlaf nicht mit Schlafmangel gleichgesetzt werden kann und dir deshalb das Abstillen in der Nacht nicht zwingend einen Vorteil bringen wird. Zumal es auch keine Garantie dafür gibt, dass Ihr Kind dann nicht mehr aufwachen wird, nur weil es nachts nicht mehr gestillt werden wird. Muttersein ist einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet. Und an dieser Tatsache ändert sich nichts, ob frau nun stillt oder nicht. Als Eltern glauben und hoffen wir immer auf eine lineare Weiterentwicklung der Fähigkeiten unserer Kinder. Beim Schlafverhalten können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass die Entwicklung kontinuierlich verläuft, im Gegenteil, relativ viele Babys schlafen mit zwei Monaten deutlich länger und anhaltender als mit vier oder sechs Monaten. Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt Ihnen in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Sie sollten auch tagsüber versuchen, sich selbst Nischen zu schaffen, die Sie ganz gezielt für Ihre Erholung nutzen. Gönnen Sie sich selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lassen Sie den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Machen Sie den Tragetest. Bügeln Sie etwas und tragen Sie es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügeln Sie es nicht und tragen es für zehn Minuten. Dann vergleichen Sie ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Sie können dann eine Hälfte einfrieren und haben damit schnelle eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Nehmen Sie ALLE Hilfe an, die Sie bekommen können. Möglicherweise kann Ihnen auch Ihre Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, den Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für die Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Sie in die sich hinlegen, spazierengehen oder sonst etwas für sich tun ... Vielleicht finden Sie einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit dem älteren Kind oder dem Baby zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit sollten Sie dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder SICH etwas Gutes tun. Außerdem möchte ich Ihnen empfehlen (sofern Sie nicht privat versichert sind), sich von Ihrem Hausarzt krank schreiben und sich eine Haushaltshilfe verschreiben zu lassen (dazu müssen Sie erklären, dass Ihr Mann nicht zuhause bleiben kann und auch sonst niemand in der Familie da ist, der sich um die Versorgung Ihres Kindes [das ist der erforderliche Wortlaut!] kümmern kann. Wenn Sie erst einmal Entlastung im Alltag haben, haben Sie etwas mehr Luft um durchzuschnaufen. Und um sich jedes Mal, wenn auch Ihr Kind ruht, selbst (mit) ins Bett zu legen! Ehrlich gesagt ist DIESER Schritt meist auch recht schnell in Angriff genommen, ein Termin beim Hausarzt reicht, dann ein Anruf bei der Nachbarschaftshilfe, Sozialstation oder Kinderbüro (je nachdem, wer sich bei euch um das Thema "Haushaltshilfe im Krankheitsfall" kümmert). Das "Problem Kind" braucht meist mehr Zeit... Achten Sie auch darauf, dass Sie genügend essen und trinken. Sie müssen keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparen Sie sich auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. Schauen Sie nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch Ihre beiden werden älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränken Sie viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Sie auf diese Weise mehr Zeit für sich bekommen. Diese "gewonnene" Zeit können Sie dann dazu nutzen, sich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Vergessen Sie sich selbst nicht: Gönnen SIE SICH etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. Ich wünsche Ihnen bald wieder ruhigere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 22.08.2017



Antwort auf: Baby 7 Monate nachts alle 1-2 Stunden stillen

Liebe Oskars Mama, ich habe deine Frage gelesen und musste schmunzeln. Denn dein Text hätte auch von mir sein können. Mein Sohn ist 33 Wochen und zeigt ein identisches Verhalten. Mir hilft es, die Situation einfach zu akzeptieren und nicht jeden Tag auf Besserung zu hoffen. Es ist und bleibt ein härter Job, aber wenn man dann Mütter mit kranken Kindern sieht, erscheint das Schlafproblem auf einmal gar nicht mehr sooooo schlimm. Ganz liebe Grüße und gutes Durchhalten Biene

von Biene86 am 09.09.2018, 08:05