Liebes Team,
Meine Tochter, 5 Monate alt, möchte tagsüber oft stündlich gestillt werden. Ich lese immer von normalen Abständen ab zwei Stunden und bin darüber etwas verwundert. Für mich ist das in Ordnung, ich stille gern. Kann es allerdings meiner Tochter schaden?
Ich biete ihr zudem jeden Tag etwas Gemüsebrei an, weil ich vermute, dass die Milch sie nicht mehr genug sättigt. Sie schüttelt sich allerdings und verzieht das Gesicht, nachdem sie probiert hat.
Sie ist sehr groß: Ihre Körperlänge liegt seit der Geburt auf der 98. Perzentile ihr Gewicht auf der 90.
Soll ich etwas ändern wie z.b. die Abstände verlängern? Ich bin etwas verunsichert über die unterschiedlichen Informationen von Kinderarzt, Familie und so weiter...
Ganz herzlichen Dank im Voraus.
von
Nika255
am 22.10.2018, 10:11
Antwort auf:
Baby, 5 Monate, stillt stündlich
Liebe Nika255,
der „regelmäßige Rhythmus" ist eine Illusion, den es in der Regel nicht viel häufiger gibt als weiße Einhörner und die oft verzweifelten jungen Mütter jagen einem Ideal aus Hochglanzbroschüren hinterher, das mit der Realität wenig zu tun hat.
Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen.
Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Darum raten wir erst dann zur Gabe von künstlicher Milch, wenn keine andere Maßnahme geholfen hat - oder das Kind deutlich zu wenig zugenommen hat!
Die Abstände können mit der Zeit durchaus länger werden, eine Garantie gibt es leider nicht, wie Du es ja selbst gerade erlebst.
Du machst alles nichts falsch, sondern alles richtig :-).
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 22.10.2018