Liebes Team der Stillberatung,
wir sind wahnsinnig verzweifelt.
Meine Tochter (11 Monate) wird seit Geburt gestillt und wir beide haben es sehr genossen. Es war Trostspender, Beruhigung und Einschlafhilfe. Wir waren eine Einheit - Tag und Nacht.
Vor 5 Tagen musste ich von heute auf morgen in die Notaufnahme und mir wurde der Blinddarm entfernt. Ich erwähnte, dass ich noch stille und darauf wurde größte Rücksicht genommen. Die Ärzte waren immer in Rücksprache mit einem Mikrobiologen in Berlin. Aufgrund einiger Komplikationen musste dann aber mehrere Tage ein stillunverträgliches Antibiotikum verabreicht werden.
Jetzt bin ich wieder zuhause und darf weder stillen, noch über 5 kg heben. Meine Tochter wiegt wesentlich mehr.
In der Zwischenzeit hat sich mein Mann rührend um unsere Tochter gekümmert.
Jedoch nimmt sie weder Muttermilchersatz, noch Nuckelflasche, noch Schnuller, noch Brei.
Sie isst feste Nahrung, trinkt Tee & Wasser.
Allerdings ist sie massiv durcheinander - nur verständlich bei so einem aprupten Ende des Stillens. Plötzlich sind Mutter und Sicherheitszone weg. Wie soll ein Kind das verstehen? Sie weiß nicht, wie sie nun Ruhe finden soll, diese 100%Nähe tanken kann und wie sie einschlafen soll.
Sie schreit herzzerreißend, sobald sie müde wird. Ist tagsüber sehr unruhig und weint schnell und viel. Schreit auf dem Arm, im Familienbett..einschlafen funktioniert nur auf dem Arm nach ewig langem Schreien.
Ich selbst kann und darf sie aber nicht halten mit den frischen Narben.
Mein Anblick scheint alles sogar noch schlimmer zu machen. Manchmal, wenn ich nicht aufpasse und sie in alte „stillähnliche“ Posen gerät, sucht sie förmlich die Brust und weint bitterlich. Es zerreißt mein Herz.
Es tut weh, mein Kind so zu sehen. Ich habe wahnsinnige Angst, dass sie dieses Erlebnis schwer traumatisiert und weiß nicht, was ich für sie tun kann!
Wir waren beide noch nicht bereit, abzustillen und leiden sehr darunter.
Ich fühle mich schuldig und fast unnütz. Noch geschwächt von der Operation, nicht mehr ihre bekannte, „vollständige“ Mama. (Natürlich ist man nicht nur vollständige Mama, wenn man stillt, aber für meine Tochter gehörte dies zu mir). Der Rettungsanker „Stillen“ wurde mit mir vom Krankenwagen abgeholt und ihr weggenommen. Mein Kind so verzweifelt zu sehen und ihr jetzt die Brust verwehren zu müssen, zerreißt mich.
Ich möchte ihr so gerne helfen!
Aber ich weiß nicht wie.
Gibt es Erfahrungsberichte oder Tipps für so apruptes Abstillen?
Ich bin dankbar für jeden Tipp.
Vielen Dank und Grüße
Annika aus Hamburg
von
Annika_R_HH
am 19.06.2020, 11:45
Antwort auf:
Apruptes Abstillen wegen Medikamentengabe - wie erleichtere ich es meinem Baby?
Liebe Annika,
was für eine schreckliche Situation das für euch ist - ich kann gut nachvollziehen, wie verzweifelt du bist!
Bist du ganz sicher, dass du auch jetzt nicht stillen darfst? Du kannst den Wirkstoff deiner Medikamente in der Arzneimittel-Datenbank der Embryotox nachsehen. Die Embryotox ist DIE Informationsquelle für alle Ärzte in Deutschland hinsichtlich der Verträglichkeit von Medikamenten in der Schwangerschaft und Stillzeit.
Möglicherweise geht es ja doch schon... Und du musst deine Kleine ja nicht heben, wenn du z.B. im Bett oder auf dem Sofa auf sie wartest und sie von links anlegst, so dass deine Blinddarmnaht nicht belastet wird... Dein Mann kann dir da sicher gut bei helfen.
Sollte es tatsächlich nicht möglich sein, dass du deine Maus wieder stillst, ist es wichtig dass du weißt, dass ihr beide das Trauma der ungeplanten und verfrühten Stillunterbrechung oder gar dem Ende der Stillzeit überwinden werdet. Natürlich kannst du ihr nicht erklären, warum du sie jetzt nicht stillen kannst, aber du kannst "ausstrahlen", dass du ihren Schmerz verstehst und bei ihr bist.
Dir wird es schnell besser gehen und dann könnt ihr auch wieder ganz viel Nähe genießen und vielleicht auch wieder stillen könnt.
Jetzt möchte ich dich erst einmal umarmen und wünsche dir, dass du schnell wieder zu Kräften kommst und diese schlimme Zeit schnell der Vergangenheit angehört!
Lieben Gruß,
Kristina
von
Kristina Wrede
am 19.06.2020
Antwort auf:
Apruptes Abstillen wegen Medikamentengabe - wie erleichtere ich es meinem Baby?
Liebe Kristina,
vielen Dank für deine aufmunternden Worte.
Das tut schon einmal gut.
Wir versuchen hier gerade alle zu funktionieren und da ist es schön, ein paar liebe Zeilen zu lesen.
Ja, meine Ärzte waren in telefonischem Kontakt mit einem Experten.
Ich selbst habe gestern den halben Tag mit Pharmazeutikern & Ärzten telefoniert, weil ich es nicht wahrhaben wollte.
Das Antibiotikum heißt Meropenem und ist auf Embryotox leider nicht aufgeführt.
Und leider war sich niemand sicher, ob es meinem Kind schadet.
Fakt ist, dass es sich bis zu 10 Tage in der Muttermilch absetzt und ein sehr spezielles Breitbandantibiotikum ist.
Und solange ich nicht sicher bin, kann und darf ich nicht stillen. Auch wenn ich gerade nichts lieber täte...
Meine Tochter nimmt weder Brei noch Milchersatz aus der Flasche. Ich habe gelesen, mit 11 Monaten benötigt ein Baby ca. 300ml Milch täglich. Ich bin ratlos, wie ich ihr die zuführen kann.
Wir haben es gestern nocheinmal mit Ersatzmilch in der Nuckelflasche probiert und sie war kurz fast erleichtert und schrie dann wie verrückt, als sie merkte, dass es nicht die Brust ist. Wir sehnen uns beide so sehr nach diesem friedlichen innigen Moment des Stillens...
Aber wie ernähre ich meine Breifrei-Flaschenverweigererin jetzt ausreichend mit Milchprodukten?
Jeder Tag birgt neue Sorgen und wenn wir aus dieser Zeit herauskommen, bin ich so dankbar...es ist das bislang dunkelste Kapitel..
Danke für deine Zeit und deine Antwort, Kristina..
von
Annika_R_HH
am 20.06.2020, 08:48