Hallo,
Mein kleiner ist mittlerweile 7 1/2 Monate alt und wird noch nachts, morgens und Vormittags gestillt. Flasche und schnuller lehnt er seit je her ab. Nun werde ich ab dezember wieder arbeiten, muss also Vormittags auf jeden Fall zufüttern, die Frage ist nun, ob noch ein brei oder Milch aus der Flasche (oder dann wahrscheinlich Becher)? Des weiteren schläft er zwar gut ohne stillen ein, wird aber meist zwischen 2 und 4 wach, kommt dann zu uns ins bett und stillt, meist wie er will, ich schlafe dabei und Wechsel nur die Seite... Allerdings soll sich dann eigentlich mein Mann um ihn kümmern, also auch nachts. Sollte ich abstillen um auch dem Nacht"Problem" zu entgehen oder durchhalten? Bin etwas ratlos,weil um mich herum sowieso alle über unsere " lange" stillbeziehung schmunzeln ( außer mein Mann). Lieben dank und grüße, Julia
von
tollejule
am 19.11.2012, 13:14
Antwort auf:
Abstillen und Flasche einführen weil ich arbeiten muss?
Liebe Julia,
um es einmal krass auszudrücken: Deine Umgebung hat keine Ahnung.
Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus.
Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden.
Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit, lass dich also nicht verunsichern :-).
Während deiner Abwesenheit braucht dein Baby keinen Milchbrei, es wird ja oft genug gestillt. Du kannst also ruhig Gemüse- oder Getreidebrei geben lassen und stillst dann einfach nach der Arbeit.
Du machst das schon genau richtig, wenn Du auf die Bedürfnisse deines Babys eingehst und auf dein Gefühl und dein Herz hörst.
Stört es dich oder die Anderen, dass dein Baby nach Bedarf gestillt wird und nachts aufwacht? Ich lese es eher so, dass es die Kommentare von anderen Menschen sind, die dich verunsichern.
Stillen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, es ist viel mehr und deshalb wird ein Kind nicht nur dann nach der Brust verlangen, wenn es hungrig ist.
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Kindes nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys und Kleinkinder wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Kindern, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten.
Ein Kind „muss" überhaupt nicht durchschlafen, ob gestillt oder nicht. Das klingt jetzt sehr provozierend, doch inzwischen bekomme ich schon manchmal die Krise, wenn es immer wieder so dargestellt wird, als ob Eltern oder Kinder „das Klassenziel nicht erreicht haben" weil das Kind ab einem bestimmten Alter nicht durchschläft. Jedes Kind hat seinen eigenen Zeitplan und wenn das Kind so weit ist, dass es durchschlafen kann, dann wird es das auch tun, genau so wie es zu dem für es richtigen Zeitpunkt laufen, sprechen und auf einem Bein stehen können wird.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen.
Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass Du etwas „falsch" machst, wenn Du dein Kind nachts bei dir schlafen lässt (ob im eigenen Bett oder im gleichen Zimmer) und es nach Bedarf stillst und auch zum Einschlafen stillst. Lass dich unbesorgt von deinem Instinkt leiten. Dein Gefühl und dein Kind werden dir zeigen, was das Beste für euch alle ist. Du enthältst deinem Kind keineswegs etwas vor, wenn Du ihm hilfst, seine innere Zufriedenheit und Vertrauen in sich und dich zu entwickeln, statt es alleine weinen zu lassen.
Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass bis jetzt noch jedes Kind aus dem Bett der Eltern ausgezogen ist und zwar lange vor der eigenen Hochzeitsnacht: ). Die Zweifler und all die, die meinen, dass sie es besser wissen, kannst Du ja mal fragen, ob sie gerne alleine schlafen und ob sie der Meinung sind, dass sie ihren Partner „verwöhnen" (im Sinne von „verziehen"), wenn sie gemeinsam in einem Bett, vielleicht sogar aneinandergekuschelt, schlafen.
Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin (auch bei uns) erhältlich ist.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 19.11.2012
Antwort auf:
Abstillen und Flasche einführen weil ich arbeiten muss?
Hallo, ich gehe auch wieder arbeiten, seitdem meine Kleine 8 Mon. alt ist.
Vllt. gibt es auch die Möglichkeit, dass dein Mann den Kleinen dir zur Arbeitsstelle bringt? Dir stehen tgl. 1mal 1h oder 2mal 30 Min. Stillzeit zu.
Ich stille auch noch nachts, wir haben ein Familienbett und ich schlafe dann einfach weiter, das geht bei uns ganz gut.
Zur langen Stillbeziehung: Meine Tochter ist jetzt 11 Mon. alt und mag kaum Brei und auch Familienkost nur in kleinen Mengen, daher stille ich sie noch fast voll und meine Umgebung hat mit der Zeit gelernt das zu akzeptieren.
LG
von
Fischstäbchen
am 19.11.2012, 13:59
Antwort auf:
Abstillen und Flasche einführen weil ich arbeiten muss?
Hallo, danke, für die sehr ausführliche Antwort- das hat mir wieder Mut gemacht, doch einfach meinem Gefühl zu vertrauen. Es ist nicht immer ganz einfach, gerade auf dem Dorf , wo man hinz und Kunz kennt :P aber dafür hat man ja 2 Ohren, ich werde wohl doch noch ein bisschen stillen und ja, der weg von zu Haus bis zur Arbeit sind 10 Minuten zu Fuß, also konnten sie mich auch da besuchen... Lieben Dank nochmals :D
von
tollejule
am 20.11.2012, 22:02