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Geschrieben von Lotta K am 13.03.2022, 9:18 Uhr

Keimphobie

Hallo,

ich frage mal hier nach, ob jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat und wie ihr damit umgeht.
Meine 8 jährigen Kinder haben durch die Corona Pandemie sowas wie eine Keimphobie entwickelt.
Sie wollen nichts mehr ohne Handschuhe anfassen. Also zuhause schon, aber auf Spielplätzen oder irgendwo unterwegs nicht. Auch nicht, wenn wir jemanden besuchen. Oder wenn dann schreien sie sofort nach Antibac. Auch wenn wir nur im Wald unterwegs waren.
Alle Erklärungen, dass die Viren draußen nicht lange auf Flächen überleben, bringt nichts. Der eine hat nun schon blutende Stellen an den Händen durch ständiges waschen und desinfizieren. Wenn nicht sofort Antibac verfügbar ist, wird geheult und gezetert.
Ich rede mir den Mund fusselig, aber es bringt nichts. Sie ziehen sogar bei Sonne und warmem Wetter Handschuhe an. Wechseln ständig die Kleidung, so dass mein Wäscheberg überquillt.
Wie geht man mit sowas um? Klar musss man vorsichtig sein durch die hohen Corona Zahlen, aber es nimmt hier so langsam extreme Formen an.
Wäre über jeden Tipp dankbar. Oder einfach nur über Erfahrungsaustausch.

 
5 Antworten:

Re: Keimphobie

Antwort von sunnydani am 13.03.2022, 11:40 Uhr

Ich frage mich schon etwas, woher das bei Kindern kommt, wenn sie es so gar nicht von Erwachsenen vorgelebt bekommen oder mitbekommen. Sicher ist Corona jetzt überall Thema und die Kinder werden sehr damit belastet, aber wir haben immer einen normalen Umgang diesbezüglich gehabt und somit hat das meinen 8-Jährigen weit weniger belastet als manch anderes Kind, bei dem alles sehr übertrieben aufgepusht wurde und wirklich Ängste geschürt wurden. Und Angst hilft nie, auch dann nicht, wenn etwas wirklich schlimm ist, Angst lähmt nur. Man muss deshalb versuchen seinen Kindern einen guten Umgang mit Angst beizubringen, damit sie eben nicht so reagieren, wie deine gerade.
Wie bist du denn mit dem allem umgegangen bzw. wie wird bei Bekannten, Freunden, Schule damit umgegangen?
Waren sie schwer krank bei Corona, weshalb sie deshalb jetzt so sind?

Also ich muss ehrlich sagen, ich würde das nicht durchgehen lassen. Ich würde versuchen mit allen möglichen Mitteln zu ihnen durchzudringen, aber wenn das nicht klappt, dann würde ich auch das Zetern in Kauf nehmen und ihnen keine Handschuhe anziehen lassen bzw. auch nicht dauernd desinfizieren lassen. So wird ihre natürliche Hautbarriere erst recht kaputt gemacht und kann dann nicht mehr schützen.
Sie sehen dann ja auch irgendwann, dass eben trotzdem nichts passiert bzw. sehen sie ja jetzt schon, dass ihnen das viele Hände waschen und desinfizieren schadet.

Ich würde sie fragen, was denn die konkreten Ängste sind und auf sie eingehen, sie ernst nehmen, nicht abtun, aber mit Gegenargumenten arbeiten. Ihnen also die Ängste nehmen und vorallem erklären, wie wichtig es ist, dass das Immunsystem auch Viren zum Trainieren bekommt. Je steriler man lebt, desto eher wird man krank, vorallem schwer krank. Ist man jedoch viel in der Natur, im Dreck, bei Tieren, etc. wird das Immunsystem gestärkt und kann trainieren, sodass man eben nicht jedes Mal schwer krank wird.
Selbst das auch vorleben und mal überlegen, ob du unbewusst auch zu ähnlichen Ängsten neigst oder jemand anderes, von dem sie es mitbekommen haben.

Es gibt sicher auch Bücher oder Filme zu dem Thema, die man gemeinsam durchbesprechen kann. Oder ihr geht mal zum Kinderarzt und er soll es den Kindern erklären.
Wird es von allein gar nicht besser, würde ich zu einem Psychologen gehen. Denn das, was du beschreibst, ist nicht gesund und wirkt sich auch negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit der Kinder aus. Und Kinder sollten keinesfalls so verängstigt diesbezüglich sein, denn es gehört zum Leben dazu, dass man auch mal krank wird und das ist absolut nichts Schlimmes. Unternimmst du nichts, könnte sich eine Angststörung festigen, die sie vermutlich ihr ganzes Leben beeinträchtigt. Deshalb musst du als Mutter da jetzt das Ruder herumreißen und dir Hilfe suchen, wenn es von alleine nicht mehr klappt.

Ich wünsche euch alles Gute dafür!

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Re: Keimphobie

Antwort von Dezemberbaby2012 am 13.03.2022, 15:27 Uhr

Liebe Lotta,

dass alle deine Kinder (du sprichst von KindER, also Mehrzahl) so extrem reagieren ist eher ungewöhnlich. Ich bin mir ehrlich gesagt ein bisschen unsicher, ob der Post wirklich echt ist. Wenn er echt ist:

Du musst dringend etwas unternehmen! Bei deinen Kindern hat sich offensichtlich ein massiver Wasch- und Vermeidungszwang eingeschlichen. (Ich weiß, Ferndiagnosen sind immer schwierig, aber was du erzählt hast, ist sehr alarmierend.)

Bitte veranlasse dringend einen Termin bei einem Kinder- und Jugendpsychiater. Der Kinderarzt kann dich vielleicht dabei unterstützen. Parallel kannst du auch schon einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten kontaktieren (für eine eventuelle Psychotherapie).
Wenn sich solche Zwänge manifestieren (also festigen), kann es sein, dass deine Kinder sie ein Leben lang nicht loswerden oder sie zwar vorübergehend verschwinden, in emotionalen Krisenzeiten dann aber umso heftiger wieder zurückkehren. Und sich dann leider häufig auch auf weitere Bereiche ausdehnen.

In der Anfangszeit sind Zwänge meistens noch relativ gut behandelbar. Dafür muss man aber schnell reagieren. Das Gehirn deiner Kinder ist noch im Wachstum. Die Virenerfahrung und -Angst brennt sich dort sozusagen ein. Es muss jetzt schnell sozusagen „überschrieben“ werden, damit diese Erfahrung und dieses diffuse Angstgefühl dort nicht dauerhaft eingebaut wird.

Solltest du eine längere Wartezeit bis zu einem Termin haben, kannst du dir vielleicht inzwischen ein Selbsthilfebuch oder Fachbuch zu dem Thema durchlesen, z.B.

Susanne Fricke: „Dem Zwang die rote Karte zeigen: Ein Ratgeber für Kinder und Jugendliche und ihre Eltern“
Sigrun Schmidt-Traub: „Zwänge bei Kindern und Jugendlichen. Ein Ratgeber für Kinder, Jugendliche, Eltern und Therapeuten“
Gunilla Wewetzer: „Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Ein Therapiemanual.“ (Achtung, Fachbuch!)
Für deine Kinder:
Katharina Armour: „Zita zähmt das Zwangsmonster. Ein Therapie-Begleitbuch“


Grundsätzlich werden Zwänge (= Zwangserkrankung/Zwangsstörung) durch eine Verhaltenstherapie behandelt.

Diese beinhaltet neben Psychoedukation (= wie funktioniert Angst) auch die Korrektur falscher Annahmen (= falsch: alle Bakterien und Viren sind böse), falscher Wahrscheinlichkeiten (falsch: wenn man eine Türlinke mit Viren anfasst, stirbst man) sowie das Aushalten von Unsicherheit (= eine minimale Wahrscheinlichkeit von 0,02%, dass etwas zum Tod führen kann, ist eine seeeehr geringe Rest-Unsicherheit. Diese muss man lernen, auszuhalten).

Dazu Entspannungsübungen (je angespannter der Körper, desto anfälliger für Angst/Zwänge) und Achtsamkeitsübungen (= lernen, auch einmal einfach nur da zu sein, nichts zu bewerten).

In schwierigen Fällen auch Medikation (z.B. bestimmte Antidepressiva), aber ich glaube nicht, dass man das bei Kindern schon macht.

Dann kommt der wichtigste Teil: Konfrontationstherapie. Das bedeutet, sich einem Reiz (= z.B. Türklinke) auszusetzen, und dann die anschließende Angst auszuhalten, ohne die Vermeidungshandlung (= das Händewaschen oder desinfizieren) durchzuführen. Man nennt das auch Reiz-Reaktionsmanagement. „Management“ deshalb, weil es nicht darum geht, die Angst einfach wegzudrücken und auszublenden, sondern sich mit der Angst bewusst auseinanderzusetzen und eben anders als vorher darauf zu reagieren.
Das ist bei Kindern schwierig, dafür würde ich an deiner Stelle auf jeden Fall fachliche Unterstützung suchen. Denn ich könnte mir vorstellen, dass Kinder da besonders aufgefangen werden müssen, damit die Konfrontation mit den einhergehenden Hilflosigkeits- und Angstgefühlen nicht zu anderen seelischen Schäden führt. Da kann dir eines der oben angegebenen Bücher vielleicht eine erste Hilfe sein, wie man das behutsam und kindgerecht machen kann.

Zwänge haben immer ganz viel mit Angst vor Kontrollverlust und Hilflosigkeit zu tun. Vielleicht kannst du im Moment besonders darauf achten, dass deine Kinder in anderen Bereichen viel Entscheidungsmacht und Kontrolle haben?
Und: Ist da vielleicht noch etwas anderes bei euch vorgefallen, was mit der Corona-Verunsicherung zusammenkam? Sowas wie Trennung, Umzug, Tod eines Angehörigen oder ähnliches? Denn wie gesagt, dass alle Geschwister recht heftige Zwänge/Ängste entwickeln, erscheint mir eher ungewöhnlich.

Und ganz wichtig: es geht hier nicht um die Schuldfrage! Das eine Kind reagiert ängstlicher, das andere weniger. Das ganze Umfeld der Kinder (also auch Schule, Klassenkameraden, Verwandte) dreht wegen Corona (teilweise zu Recht) am Rad. Da kann man nicht so aus der Ferne sagen: Die Eltern haben Schuld. Klar, wenn man vorher dafür sensibilisiert gewesen wäre, hätte man vielleicht frühzeitig gegensteuern können. Das ist aber natürlich nicht allen Eltern so bewusst. Und es ist in Zeiten von Corona ein sehr schmaler Grad zwischen Kindern Hygiene beibringen und Kindern Panik beibringen. Es geht also nicht um Schuld, sondern eher um Verantwortung. Und die, liebe Lotta, hat du eindeutig gezeigt, indem du auf das extremer werdende Verhalten deiner Kinder reagierst und dir (auch über dieses Forum) Hilfe zur weiteren Einschätzung der Lage holst.

Ganz liebe Grüße

Dezemberbaby

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Re: Keimphobie

Antwort von Lavendel79 am 13.03.2022, 21:17 Uhr

Hast Du Zwillinge?
Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob der Beitrag "echt" ist - denn eigentlich gibt es hier ja keine Frage, natürlich müssten Kinder mit solchen extremen Ängsten dringend in psychologische Behandlung. Wie sollen die denn so fröhlich und gesund am Leben teilhaben?

Allerdings habe ich so etwas ( in stark abgeschwächter Version!!) auch bei einem meiner Kinder erlebt.
Erste Klasse - Winteranfang (Vor Corona!) . Plötzlich wäscht sie sich die Hände wie ein Chirurg. Wenn sie rein kommt, nach dem Toilettengang, vor dem Essen, aber auch so zwischendurch ... immer mal wieder und immer gefühlt 10 Minuten lang, jeden Finger einzeln. Bereit für eine OP.
Bis die Hände komplett kaputt waren (ging schnell...).

Was war passiert? Die Klassenlehrerin hatte den Kindern mit Beginn der Schnupfenzeit einen Film ähnlich Karius&Baktus gezeigt über Viren und Bakterien auf den Händen und an Gegenständen und wie man sich die Hände gründlich wäscht.
(Kam ja dann mit Corona auch wieder raus, die Filme/Broschüren/Hinweisschilder gab es aber früher schon).

Sie hatte also panische Angst vor den "kleinen Männchen überall" entwickelt.

Wir bekamen das dann recht schnell auch wieder hin, aber sie tendiert generell zu Ängsten. Von ganz klein auf.
Ist etwas, was ihr Leben wohl immer begleiten wird. Charakterlich das Gegenteil ihrer Schwester, will sagen, es liegt sicher nicht immer nur an der Erziehung.

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Re: Keimphobie

Antwort von Hexhex am 14.03.2022, 8:13 Uhr

Hallo,

so etwas übernehmen Kinder natürlich von den Erwachsenen, sie kommen nicht von selbst darauf. Du hast sicher eine Zeitlang sehr auf Hygiene geachtet und die Hände der Kinder desinfiziert, hast sie auch ermahnt und mit den Coronagefahren gedroht (ohne das zu wollen und sicher gutgemeint). Jetzt hat sich das verselbstständigt und ist zu einer Marotte geworden.

Ich würde kein Antibac mehr mitnehmen. Wenn die Kinder es wollen, sagst Du, dass Du es nicht dabei hast, weil es nicht mehr gebraucht wird. Ich wäre hier auch standhaft. Ausführliche Erklärungen und lange Vorträge sind dabei übrigens ganz unnötig, sie interessieren Kinder nicht. Sondern was sie jetzt brauchen, ist die ganz konkrete Erfahrung, dass nichts passiert, wenn man draußen normal Dinge anfasst. Diese Erfahrung kannst Du durch Worte nicht ersetzen, und das musst Du auch nicht.

Es reicht, die Dinge einmal knapp zu erklären und kein Desinfektionsmittel mehr zu geben, und fertig. Sei hier ruhig straight, das schadet nicht. Achte aber auch darauf, selbst kein Antibac mehr zu nehmen. Du bist die Person, an der sich Deine Kinder am meisten orientieren.

LG

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Re: Keimphobie

Antwort von Btby am 18.03.2022, 14:43 Uhr

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