Frage: Zytomegalie-Virus

Sehr geehrter Dr. Bluni, ich mache mir sehr große Sorgen um meine Schwester und ihr ungeborenes Baby ( 28. SSW). Sie liegt seit 2 Wochen in der Klinik mit vorzeitigen Wehen. Nun wurde bei ihr durch die routinemäßige Blutuntersuchung eine Erstinfektion mit dem CMV-Virus festgestellt. ( Sie ist auch seit etwa 2 Wochen Erkältet). Die Ergebnisse des Test, wie lange sie etwa den Virus schon hat, stehen noch aus. Die gestrige Ultraschall Untersuchung zeigte das das Kind etwas zu leicht ist (etwa 980 Gramm) und die Plazenta Verkalkungen aufweist. Ansonsten keine Auffälligkeiten. Heute wird meine Schwester in die Unklinik Bonn verlegt. Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, das das Baby in diesem Stadium der Schwangerschaft sich ansteckt und Schäden davon trägt? Sie hat natürlich panische Angst, das das Kind behindert sein wird. Können Sie mich da ein weing Aufklären? Vielen Dank, sandy

Mitglied inaktiv - 13.08.2009, 07:15



Antwort auf: Zytomegalie-Virus

Liebe Sandy, Ihre Sorge um die Schwester und deren Kind kann ich sehr gut verstehen. Aber, in der Uniklinik Bonn liegt sich sicherlich in einer sehr kompetenten Einrichtung, die auch in der Lage sein wird, den Ultraschallbefund hinsichtlich einer Prognose zu interpretieren, um dann mit Ihrer Schwester das beste Vorgehen zu besprechen. Zur Zytomegalieinfektion kann ich folgendes sagen: Das Zytomegalievirus (ZMV) gehört zu den Herpesviren und führt nach der Erstinfektion zu einer lebenslangen latenten Infektion. Zur Reaktivierung kann es während der Schwangerschaft und bei Schwächung der zellulären Immunität (z. B. AIDS) kommen. Die Übertragung der Viren erfolgt durch sexuelle Kontakte, Tröpfcheninfektionen, Transplantationen, Muttermilch, Blut, transplazentar und perinatal. In Deutschland liegt die Durchseuchung etwa bei 50 %. Bei Immunkompetenten verlaufen die Primärinfektion und die wiederholte Infektion meist uncharakteristisch und mild und bleibt damit unerkannt. Die Diagnose einer Infektion erfolgt serologisch über die Bestimmung von IgG- und IgM-Antikörpern oder auch durch den direkten Virusnachweis. Die transplazentar erworbene kongenitale Zytomegalie ist mit etwa 1 % aller Geburten die häufigste der intrauterinen viralen Infektionen. Die perinatal (unter der Geburt) oder beim Stillen entstandenen neonatalen Infektionen verlaufen in der Regel asymptomatisch und verursachen keine bleibenden Schäden. Nach einer Erstinfektion der Schwangeren muss in etwa 40 % und nach wiederholter Infektion in unter 5 % mit einer transplazentaren (über die Plazenta) Infektion des Fetus gerechnet werden. Die infizierten Kinder zeigen in 10 % bei der Geburt Symptome wie niedriges Geburtsgewicht, Hepatosplenomegalie (vergrößerte Leber und Milz), Petechien (Hautblutungen), Thrombozytopenie (erniedrigte Blutplättchenzahl), Ikterus (Gelbsucht) und Mikrozephalie (einen zu kleinen Kopf). Diese primär symptomatischen Kinder haben eine Sterblichkeit um 30 % und entwickeln in über 90 % Spätfolgen wie Hörverlust, Mikrozephalie und eine geistige und körperliche Retardierung. Infizierte Kinder, die nach der Geburt unauffällig sind, zeigen in etwa 10 % der Fälle Spätfolgen. Die seltenen fetalen Infektionen nach erneuter Erkrankung der Schwangeren führen nach der Geburt zu keinen Komplikationen, sind aber in etwa 5 % mit Spätfolgen wie einem Hörverlust verbunden. Wirksame prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung oder Behandlung einer angeborenen Zytomegalie stehen bisher nicht zur Verfügung. Die Diagnose einer primären oder aufgefrischten Infektion während der Schwangerschaft unterbleibt fast immer, wegen des subklinischen Verlaufs. In der Praxis beschränkt sich die Diagnose einer Zytomegalieinfektion somit auf die wenigen Fälle, bei denen wegen einer verdächtigen Symptomatik der Schwangeren oder eines auffälligen sonographischen Befundes eine Serologie (Blutuntersuchung) veranlasst und eine Infektion nachgewiesen wurde. In spezialisierten Zentren kann heute durch den Virusnachweis im Fruchtwasser und den Virus- und IgM-Antikörpernachweis im fetalen Blut unter Einbeziehung der Sonographie versucht werden, eine fetale Infektion festzustellen. Deshalb sollte die weitere Diagnostik in solchen Fällen immer in Zusammenarbeit mit einem solchen Zentrum erfolgen. Therapeutische Möglichkeiten bei einer Zytomegalieinfektion: nicht alle Behandlungsmöglichkeiten von CMV-Infektionen sind in der Schwangerschaft einsetzbar, da eine schädigende Wirkung auf das Ungeborene nicht auszuschließen ist. Die Lösung ist eine passive Immunisierung mit Immunglobulin. CMV-Immunglobulin kann während der Schwangerschaft verabreicht werden, ohne dass eine Gefährdung des Kindes besteht. Auch, wenn dieses Immunglobulin bisher nur bei transplantierten Patienten eingesetzt wurde und die europäische Aufsichtsbehörde EMEA hier gerade größere Studien zu Verträglichkeit in der Schwangerschaft testet, ist es auf Grund von Erkenntnissen, die in internationalen Fachjournalen veröffentlicht wurden, möglich, dass Schwangere, die sich nachweislich mit CMV infiziert haben, von der Immunglobulingabe profitieren. Die Behandlung zeigt, so neuere Studien und Fallberichte, sehr gute Erfolge. Es handelt sich jedoch erstens um eine im Moment noch experimentelle Therapie, die nur in entsprechenden Zentren durchgeführt wird und für deren Kostenübernahme vorher eine Einwilligung der Krankenkasse eingeholt werden muss. VB

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 13.08.2009



Antwort auf: Zytomegalie-Virus

Gibt es eigentlich noch einen anderen Namen für den Virus bzw. für die Krankheit. Habe mal gehört, dass es sich ums Pfeiffrische Drüsenfieber handelt????

Mitglied inaktiv - 13.08.2009, 07:25



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