Frage: Was gibt es für Möglichkeiten?

Hallo Herr Dr.Bluni und an alle, ich bin in der 8. Woche,hatte im Februar eine Fehlgeburt in der 9. Woche. Aus diesem Grund bin ich in dieser Schwangerschaft etwas vorsichtig,und möchte alles beobachten lassen,was kann man da alles heute machen lassen,um ein Defekt oder Behinderung auszuschließen? LG Melanie

Mitglied inaktiv - 10.11.2004, 12:43



Antwort auf: Was gibt es für Möglichkeiten?

liebe Melanie, es ist ein nicht ungewöhnlicher Vorgang, daß manche Frauen erst ein oder zwei Fehlgeburten haben oder zwischendurch eine Schwangerschaft austragen, bevor eine sich dann (wieder) ein intakte Schwangerschaft entwickelt. Die Wahrscheinlichkeit eines positiven Verlaufes nach einer Fehlgeburt liegt aber bei etwa 85-90%! Nach der vollendeten 6. SSW ist das Fehlgeburtsrisiko so in etwa bei 12% und nach der vollendeten 12. SSW nur noch bei etwa 4%. Bei unauffälligem Verlauf der Schwangerschaft kann die Frau deshalb beruhigt sein und sollte bei etwaigen Ängsten mit ihrem behandelnden Frauenarzt oder Frauenärztin zu sprechen, der/die ihr diese dann sicher nehmen kann. Es gibt sicher keine absolute Garantie für einen positiven Verlauf. Eine gewisse Restunsicherheit besteht verständlicherweise für alle Schwangeren während der Zeit, in der nicht untersucht wird. Es gibt aber keine konkreten subjektiven Hinweise (mal von Blutungen, Schmerzen oder vorzeitiger Wehen abgesehen), die einem zeigen, dass vielleicht etwas nicht, wie erwünscht, verläuft.. Hier ist der Schwangeren zu empfehlen, sich bei Beschwerdefreiheit auf die aktuellen Untersuchungsbefunde zu verlassen und davon auszugehen, es mit der Schwangerschaft wohl auch in dem folgenden Intervall gut gehen wird. Bei etwaigen Beschwerden sollte die Frau sich vertrauensvoll an ihren behandelnden Arzt oder Hebamme wenden. Und: jede Schwangerschaft ist sicher einzigartig und kann individuell auch ganz anders verlaufen, bzw. von anderen Symptomen begleitet sein. Und dies selbst, wenn es schon vorher die ein oder andere Schwangerschaft gab und sie ganz anders verlief. Die Anwesenheit/Intensität eventueller, schwangerschaftstypischer Beschwerden hat nur selten eine klinische Bedeutung für den Zustand der Schwangerschaft. Wenn es um die Frage geht, was es für Möglichkeiten der pränataldiagnostischen Untersuchungen gibt, so lässt sich dazu folgendes sagen: sofern kein besonderes familiäres Risiko für genetische Störungen oder Missbildungen vorliegt, die Frau nicht 35 Jahre oder älter ist und sie auch nicht schon vorweg ein entsprechendes Bedürfnis nach Informationen zur vorgeburtlichen Missbildungsdiagnostik äußert, würde sicher nicht generell zu einer weiterführenden Diagnostik geraten werden. Die Besprechung zu diesem Thema kann natürlich auch schon zu jedem Zeitpunkt vor diesem Alter stattfinden. Ist die schwangere Frau 35 Jahre oder älter und/oder gibt es ein familiäres Risiko für genetische Erkrankungen oder Missbildungen, sollte man mit ihr bei Kinderwunsch oder zu Beginn einer Schwangerschaft schon über die damit verbundenen Risiken für Mutter und Kind sprechen und dazu gehört eben auch das Thema Pränataldiagnostik inklusive der Möglichkeit einer genetischen Beratung. Über die nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik, wie z.B. die Nackentransparenzmessung, das Ersttrimeesterscreening oder den Triple-Test sollte man, sofern gewünscht, ebenso mit der Schwangeren/ dem Paar sprechen, wie auch über die invasiven Verfahren, wie Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) oder Chorionzottenbiopsie. Dazu gehört dann auch die individuelle Information über mögliche Konsequenzen und Risiken, so dass die Eltern den Sachverhalt gut nachvollziehen können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann eine eigene Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik zu treffen. Das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer Trisomie 21 ("mongoloide Störung" oder Down-Syndrom) liegt bei einer 25jährigen (keine familiäres Risiko vorausgesetzt) bei 1: 1352, bei einer 30jährigen bei 1:895,bei einer 32jährigen 1:659, bei einer 36jährigen bei 1:280, bei einer 38jährigen 1: 167 und bei einer 40jährigen bei 1:97. Ebenso steigt bei einer Frau ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für schwangerschaftsspezifische Komplikationen, wozu auch Fehlgeburten gehören, an. Das Risiko einer Fehlgeburt infolge einer Fruchtwasserpunktion oder einer Chorionzottenbiopsie liegt in etwa bei 1:100, was dem Risiko einer 40jährigen für die Geburt eines Kindes mit einem Down-Syndrom entspricht. Wenn die Frau/die Eltern sich gegen eine invasive Diagnostik wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zum Ausschluss einer Trisomie oder ähnlicher Chromosomenstörungen entscheiden, weil sie das Risiko z.B. für eine Fehlgeburt nicht eingehen möchten, dann ist der Frau (insbesondere, wenn sie älter ist, als 35 Jahre) in erster Linie die Messung der Nackentransparenz oder das Ersttrimesterscreening zwischen der 11.+14. SSW zu empfehlen. Auf den Triple-Test muss man zumindest hinweisen, dass es ihn auch gibt. Hier ist also zunächst die ausführliche Information der jeweiligen Methoden im Vordergrund stehend. Die Entscheidung selbst kann aber nur das betroffene Elternpaar selbst fällen. VB

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 10.11.2004