Sport in der Schwangerschaft nach Fehlgeburt?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: Sport in der Schwangerschaft nach Fehlgeburt?

Hallo Herr Dr. Bluni, ich bin in der 10. SSW und hatte im November letzten Jahres eine Fehlgeburt in der 9.SSW. Diesmal scheint alles gut zu laufen, der Embryo war vor 4 Tagen 18mm groß und ich habe keine großen Beschwerden. Da ich schon immer viel Sport getrieben habe (Joggen, Fitnesstraining, Salsa, Halbmarathon) würde ich jetzt auch mäßig Sport treiben. Da ich bereits eine Fehlgeburt hatte, sind die Meinungen hierzu sehr unterschiedliche. Einerseits hört man, dass Joggen und leichtes Fitnesstraining sogar gut ist in der Schwangerschaft, andererseits hört man auch, dass dies nur bei einer "normal" verlaufenen Schwangerschaft gilt, nicht wenn man bereits eine Fehlgeburt hatte. Wie sehen Sie das? Sollte man auch das Fliegen in der Schwangerschaft nach einer vorangegnagen Fehlgeburt meiden? Und, würden Sie mir zu einer Fruchtwasseruntersuchung raten? Kann man sich diese, nach einer positiven Nackenfaltenmessung sparen? Vielen Dank für Ihre Antworten. Liebe Grüße Kerry

von kerry11 am 06.03.2011, 20:10



Antwort auf: Sport in der Schwangerschaft nach Fehlgeburt?

Hallo Kerry, 1. eine frühe Fehlgeburt stellt keine Grund dar, in einer kommenden Schwangerschaft auf Sport zu verzichten, wenn es sonst keine Gründe für einen Verzicht gäbe. 2. allgemein gilt Sport unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen für werdende Mütter als durchaus empfehlenswert. Nicht nur im Zusammenhang mit der Bewältigung des Geburtsschmerzes hat sich physische Aktivität sowohl in präventiver als auch in therapeutischer Hinsicht als sinnvoll und positiv bewährt. Neben der deutlich verringerten Häufigkeit an typischen, schwangerschaftsbedingten Unterbauchbeschwerden zeigt sich eine schmerzunterdrückende Wirkung bei Wehen und es gibt eine positive Wirkung auf den späteren Geburtsverlauf-und fortschritt. Gibt es Kontraindikationen für die sportliche Betätigung in der Schwangerschaft? Ja, die gibt es und wir können uns am besten an den Empfehlungen der Amerikanischen Fachgesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe aus dem Jahr 2002 (Quelle unten) orientieren, da wir solche in Deutschland bis heute nicht haben. Absolute Kontraindikationen für die sportliche Betätigung in der Schwangerschaft • Hämodynamisch bedeutende Herzerkrankung • Restriktive Lungenerkrankung • Zervixinsuffizienz, Cerclage/Muttermundverschluss • Mehrlingsschwangerschaft mit dem Risiko vorzeitiger Wehen • Anhaltende Blutungen im 2.oder 3. Schwangerschaftsdrittel • Plazenta praevia nach der 26. Schwangerschaftswoche • Vorzeitige Wehen in der laufenden Schwangerschaft • Vorzeitiger Blasensprung • Präeklampsie oder erhöhter Blutdruck, der in der Schwangerschaft erstmalig aufgetreten ist Relative Kontraindikationen für die sportliche Betätigung in der Schwangerschaft • Ausgeprägte Schwangerschaftsanämie • Ungeklärte Herzrhythmusstörungen • Chronische Bronchitis • Schlecht eingestellter Typ I-Diabetes • Extremes Unter- oder Übergewicht • Sehr unsportliche Lebensweise • Fetale Wachstumsretardierung in der laufenden Schwangerschaft • Schlecht eingestellter Bluthochdruck • Orthopädische Vorerkrankungen • Schlecht kontrolliertes/eingestelltes Anfallsleiden • Schlecht eingestellte Schilddrüsenüberfunktion • Starkes Rauchen Warnzeichen, die dazu führen müssen, die sportliche Betätigung in der Schwangerschaft umgehend einzustellen • Vaginale Blutung • Luftnot schon vor körperlicher Belastung • Schwindel • Kopfschmerzen • Schmerzen im Brustkorb • Muskelschwäche • Wadenschmerzen • Vorzeitige Wehen • Verringerte Kindsbewegungen • Flüssigkeitsabgang mit Verdacht auf Blasensprung Welche Sportart für welche Schwangere ist zu empfehlen? Die Beantwortung dieser Frage orientiert sich neben medizinischen und allgemeingültigen Kriterien am subjektiven Wohlbefinden der Schwangeren. Grundsätzlich sollte die Schwangere nicht an ihre persönliche Leistungsgrenze gehen ("suboptimale Leistungsgrenze" Prof. Dr. Jung, Sportmediziner) und sollte immer wieder kurze Pausen einlegen. Die Herzfrequenz sollte nicht über 140/Minute steigen. Sofern eine schwangere Frau schon vor der Schwangerschaft Leistungssport betrieben hat, können diese Geübten, wie auch Bergaktive solche Pulsspitzen nach Ansicht der Experten gut verkraften. Die körperliche Belastung sollte, wenn möglich immer im so genannten aeroben Bereich bleiben. Hier gilt die Faustregel: Lässt sich weiter sprechen, ohne aus der Puste zu kommen? Dieses dient dazu, die Sauerstoffbilanz nicht zu ungunsten des Kindes zu verschlechtern, die Körperkerntemperatur nicht übermäßig zu erhöhen und nicht in eine Unterzuckerung des mütterlichen Organismus zu gelangen. Vor und nach der sportlichen Belastung sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, um eine Austrocknung zu verhindern. Zur Frage, welche Sportarten allgemein zu empfehlen sind kann man sagen, dass insbesondere körpergewichtsentlastende Sportarten wie das Schwimmen und das Radfahren eher zu empfehlen sind als Sportarten, bei denen das Körpergewicht selbst getragen werden muss (Laufen, Aerobics).Bei letzteren ist der Energieverbrauch und die Gelenkbelastung höher. Darüber hinaus sind aerobe (positiv für die Sauerstoffbilanz der Mutter) Sportarten, bei denen große Muskelgruppen beansprucht werden, und die rhythmischer Natur sind, vorzuziehen. Das Schwimmen stellt nach dem Spazierengehen und dem Radfahren die am meisten zu empfehlende Sportart während der Schwangerschaft dar, da sie alle großen Muskelgruppen beansprucht, die Gelenke und Bänder schont, ein günstiges thermisches Medium bereitstellt und ein geringes Verletzungsrisiko birgt. Wie ist es mit Krafttraining? Untersuchungen der I. Münchener Universitätsfrauenklinik (LMU) zufolge wurden für ein leichtes bis moderates Krafttraining mit freien Gewichten oder an Geräten keine negativen Effekte beschrieben. Deren Untersuchungen konnten hier im Gegenteil belegen, dass Krafttraining in Verbindung mit Stretching zu einer Verbesserung der Kraft und Beweglichkeit führen, was der schwangeren Frau den Umgang mit dem erhöhten Körpergewicht und dem veränderten Schwerpunkt erleichtert. Außerdem beugt die Stärkung der Rückenmuskulatur Rückenschmerzen vor. Schwere Gewichte oder maximale isometrische Kraftanstrengungen sollten allerdings gemieden werden und Anfängerinnen sollten bezüglich der Atemtechnik angeleitet werden, um Atemanhalten zu vermeiden. Bei unauffällig verlaufender Schwangerschaft ohne Frühgeburtsrisiko gilt für Bauche-Beine-Po, dass die Bauchübungen sukzessive reduziert werden sollten, um sie spätestens - je nach Wohlbefinden - nach dem 7. Monat ganz wegzulassen. Welche Sportart ist für die schwangere Frau nicht zu empfehlen? Kampf- oder Kontaktsportarten mit hoher Wahrscheinlichkeit von Körperkontakten, so z. B. Hockey oder Basketball. Abgeraten wird auch von Sportarten mit erhöhtem Sturzrisiko (Reiten, Mountainbiking) und auch von Abenteuersportarten wie Bungeejumping, Drachenfliegen und Fallschirmspringen. Auch Gerätetauchen ist in der Schwangerschaft tabu. Schnorcheln gelten dagegen als relativ ungefährlich. Quellen: Kelly, Amanda, Practical exercise advice during pregnancy, The Physician and Sportsmedicine 2005, Band 33 (Ausg. 6) Davies, G.A.L.; Wolfe, L.A.; Mottola, M.F.; and MacKinnon, C. (2003). Joint SOGC/CSEP Clinical Practice Guideline: Exercise in pregnancy and the postpartum period. Can. J. Appl. Physiol. 28(3): 329-341. Kramer MS, McDonald SW. Aerobic exercise for women during pregnancy. Cochrane Database Syst Rev. 2006;(3): CD000180 ACOG committee opinion: exercise during pregnancy and the postpartum period. Number 267, January 2002. American College of Obstetricians and Gynecologists. Int J Gynaecol Obstet. 2002;77:79-81. http://bjsm.bmj.com/content/37/1/6.full.pdf (Artal, R. and O'Toole, M Guidelines of the American College of Obstetricians and Gynecologists for exercise during pregnancy and the postpartum period, Stand: 2002, letzter Abruf: 29.12.2010) Macera CA, Ham SA, Yore MM, et al. Prevalence of physical activity in the United States: Behavioral Risk Factor Surveillance System, 2001. Prev Chronic Dis. 2005;2:A17. Exercise during pregnancy and the postpartum period. ACOG Technical Bulletin Number 189 -- February 1994. Int J Gynaecol Obstet. 1994;45:65-70. Wolfe LA. Pregnancy. In: Skinner JS, ed. Exercise Testing and Exercise Prescription for Special Cases: Theoretical Basis and Clinical Application. 3rd ed. Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins; 2005:377-391. Sternfeld B, Quesenberry CP Jr, Eskenazi B, Newman LA. Exercise during pregnancy and pregnancy outcome. Med Sci Sports Exerc. 1995;27:634-640. 3. fehlende Beschwerden und Risikofaktoren vorausgesetzt ist das Fliegen auch in der Schwangerschaft erlaubt. Dieses gilt auch für die Frühschwangerschaft, wobei das zweite Schwangerschaftsdrittel sicher am unbedenklichsten ist. Immer wieder geäußerte Hinweise auf mögliche negative Auswirkungen haben sich in keiner der großen Studien bestätigen können. Dieses bezieht auch Langstreckenflüge mit ein. Wenn es aus frauenärztlicher Sicht auf Grund etwaiger Risiken oder Ereignisse in der Schwangerschaft Einwände gibt, sollte vom Fliegen selbstverständlich abgeraten werden. Bei Langstreckenflügen bitte an die ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, Magnesium, viel Bewegung und evt. Kompressionsstrümpfe denken. Patientinnen in Terminnähe - laut Reglement der Lufthansa ab der abgeschlossenen 35.SSW, - und solche mit einer Risikoschwangerschaft, sollten nicht mehr fliegen bzw. bedürfen eines ärztlichen Attestes. Zu den wenigen absoluten Kontraindikationen für das Fliegen zählt z. B. die Placenta praevia Relative Kontraindikationen für das Fliegen wären z.B. -Flug in Terminnähe -Neigung zu Fehl- oder Frühgeburten in der Vorgeschichte -Starker Nikotinabusus -ausgeprägte Anämie -Herzkreislauferkrankungen -Angst beim Fliegen -mehr als 120.000 Flugkilometer pro Jahr Wie ist es mit der Strahlenbelastung durch die Höhenstrahlung? Die Strahlenexposition bei Flugreisen ist deutlich abhängig von Flugroute, Flughöhe und Fluglänge. Nach Datenlage scheint das teratogene Risiko aber als gering zu sein, denn bei einer Flugdauer von z.B. zwölf Stunden ergibt sich bei konservativer Berechnung eine Risikorate von 1:1,25-2,5 Millionen für das Auftreten von Fehlbildungen. Was ist mit der Sauerstoffversorgung in der Höhe des Flugzeuges? Durch die dem Feten über die Mutter zur Verfügung gestellte Sauerstoffmenge kann im Zusammenhang mit dem Fliegen in der zivilen Luftfahrt eine höhenbedingte Gefährdung des Feten durch Hypoxie in der gesamten Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Bei Reisen in das außereuropäische Ausland und in die USA bitte daran denken rechtzeitig eine zusätzliche Auslands-Krankenversicherung abzuschließen, da die Gesetzliche Krankenversicherung hier keine Kosten übernimmt und die meisten Privaten Kassen auch nur den in Deutschland üblichen Satz. Quellen Seminar «Schwangerschaft und Reisen» (Vorsitz: Prof. R. Huch, Prof. B. Langer) anlässlich der Jubiläumstagung der Oberrheinischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, 29. April 2005 in Zürich Baumann H, Bung P, Fallenstein F, Huch A, Huch R. Reaktion von Mutter und Fet auf die körperliche Belastung in der Höhe. Geburtsh. u. Frauenheilk. 1985; 45:869-76 Breathnach F, Geoghegan T, Daly S, Turner MJ (2004): Air Travel in Pregnancy: The Air-born Study. Ir Med J 97(6),167-168 Daniell WE, Vaughan TL, Millies BA. Pregnancy outcome among female flight attendants. Aviat Space Environ Med 1990; 61:840-4 Dennerstein G (1999): Flying in pregnancy. Supplement to Obstet Gynecol 157, 305-307 Friedberg W, Faulkner D, Snyder L, Darden EB, O'Brien K (1989) Galactic cosmic radiation exposure and associated health risks for air carrier crew members. Aviat Space Environ Med 60:1104–1108 Humphreys S, Deyermond R, Bali I, Stevenson M, Fee JPH (2005): The effect of high altitude commercial air travel on oxygen saturation. Anaesthesia 60,458-460 Huch R, Burkard W (1992) Kosmische Strahlenbelastung beim Fliegen (Risiko für die Schwangerschaft?). Perinatal Medizin 4: 67–69 Huch R, Baumann H, Fallenstein F, Schneider KTM, Holdener F, Huch A (1986): Physiologic changes in pregnant women and their fetuses during jet air travelling. Am J Obstet Gynecol 154,996-1000 McAuliffe F, Kametas N, Krampl E, Ernesting J, Nicolaides K. Blood gases in pregnancy at sea level and at high altitude. Br J Obstet Gynaecol 2001; 108:980-5 Newlands JC, Barkley JR (2000): Air Transport of Passengers of Advanced Gestational Age. Aviat Space Environment Med 71(8),839-842 4. Pränataldiagnostik (vorgeburtliche Diagnostik zum Ausschluss oder Risikoeinschätzung genetischer Störungen und Missbildungen) ist sicher immer mehr auch ein sehr sensibles Thema, bei dem die objektive Information und Aufklärung durch Frauenärztin/Frauenarzt im Vordergrund stehen sollte, wenn die schwangere Frau dieses anspricht oder sich aus der Vorgeschichte die Notwendigkeit ergibt, darüber zumindest zu sprechen. Sofern kein besonderes familiäres Risiko für genetische Störungen oder Missbildungen vorliegt, die Frau nicht 35 Jahre oder älter ist und sie auch nicht schon vorweg ein entsprechendes Bedürfnis nach Informationen zur vorgeburtlichen Missbildungsdiagnostik äußert, würde sicher nicht generell zu einer weiterführenden Diagnostik geraten werden. Dem behandelnden Arzt obliegt hier eher die Aufgabe, objektiv zu informieren; weniger, zu einer bestimmten Entscheidung oder einem bestimmten Verfahren zu drängen. Die Besprechung zu diesem Thema kann natürlich auch schon zu jedem Zeitpunkt vor diesem Alter stattfinden. Ist die schwangere Frau 35 Jahre oder älter und/oder gibt es ein familiäres Risiko für genetische Erkrankungen oder Missbildungen, sollte man mit ihr bei Kinderwunsch oder zu Beginn einer Schwangerschaft schon über die damit verbundenen Risiken für Mutter und Kind sprechen und dazu gehört eben auch das Thema Pränataldiagnostik inklusive der Möglichkeit einer unabhängigen genetischen und ggf. psychosozialen Beratung in einer unabhängigen Einrichtung. Bestandteil der Aufklärung/Information von Frauenärztin/Frauenarzt zu diesem Themenkomplex sollte immer auch die individuelle Information über mögliche Konsequenzen, Grenzen der Verfahren und Risiken sein, so dass die Eltern den Sachverhalt gut nachvollziehen können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann eine eigene Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik zu treffen. Es steht meines Erachtens also zunächst die ausführliche Information der jeweiligen Methoden im Vordergrund stehend. Die Entscheidung selbst kann und sollte aber nur das betroffene Elternpaar selbst fällen. Über die nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik, wie z.B. die Nackentransparenzmessung, das Ersttrimesterscreening, differenzierter Organultraschall/Missbildungsultraschall um die 22. SSW sollte man, sofern gewünscht, ebenso mit der Schwangeren/ dem Paar sprechen, wie auch über die invasiven Verfahren, wie Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) oder Chorionzottenbiopsie. Über den Triple-Test muss man zumindest informieren; empfehlen kann man dieses Verfahren kaum mehr. Das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) liegt bei einer 25jährigen (keine familiäres Risiko vorausgesetzt) bei 1: 1352, bei einer 30jährigen bei 1:895,bei einer 32jährigen 1:659, bei einer 36jährigen bei 1:280, bei einer 38jährigen 1: 167 und bei einer 40jährigen bei 1:97. Ebenso steigt bei einer Frau ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für schwangerschaftsspezifische Komplikationen, wozu auch Fehlgeburten gehören, an. Das Risiko einer Fehlgeburt infolge einer Fruchtwasserpunktion oder einer Chorionzottenbiopsie liegt in etwa bei 1:100, was dem Risiko einer 40jährigen für die Geburt eines Kindes mit einem Down-Syndrom entspricht. Wenn die Frau/die Eltern sich gegen eine invasive Diagnostik wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zum Ausschluss einer Trisomie oder ähnlicher Chromosomenstörungen entscheiden, weil sie das Risiko z.B. für eine Fehlgeburt nicht eingehen möchten, dann ist der Frau (insbesondere, wenn sie älter ist, als 35 Jahre) in erster Linie die Messung der Nackentransparenz oder das Ersttrimesterscreening zwischen der 11.+14. SSW zu empfehlen. Die Entdeckungsrate für das Down-Syndrom ist abhängig von der Anzahl der einbezogenen Faktoren und von der Sorgfalt, mit der die Untersuchung durchgeführt wird: Für das Alter der Mutter allein 30-50% Alter und o.g. Laborwerte 60% Alter plus Nackentransparenz 80% Alter plus o.g. Laborwerte + Nackentransparenz + Nasenbein 95-97% Bitte nicht vergessen: 1.der sichere Ausschluss von Chromosomenstörungen ist nur durch eine Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion möglich. 2. mit der Amniozentese oder der Chorionzottenbiopsie können nicht alle genetischen Störungen, Stoffwechsel-, Muskel- oder Erbkrankheiten erkannt werden. Sofern das genetische Ergebnis der Amniozentese/Chorionzottenbiopsie unauffällig ist, werden damit Erkrankungen und Fehlbildungen des Ungeborenen nicht ausgeschlossen. Dazu können u.a. Herzfehler, Spaltbildungen im Gesicht, Fehlbildungen, wie z.B. Extremitätenfehlbildungen und auch geistige Behinderungen oder Stoffwechselkrankheiten gehören. Denn solche Fehlbildungen und Erkrankungen sind nicht zwangsläufig mit einer erkennbaren Abweichung im Chromosomensatz verbunden. Eine Garantie für ein Kind ohne eine genetische Erkrankung kann keine Methode der Pränataldiagnostik geben. Pränatale Diagnostik wird eben zur Identifizierung diagnostizierbarer Probleme unter klarer Indikation angewendet. 3.Die hohe Zuverlässigkeit der Nackentransparenzmessung oder des Ersttrimesterscreenings hängt sicher ganz wesentlich von der Qualifikation und Erfahrung des Untersuchers, sowie des Ultraschallgerätes ab. Diese Voraussetzungen erfüllen deshalb vor allem Ärzte für Pränataldiagnostik in den dafür spezialisierten Zentren. Dieses setzt deshalb voraus, dass es sich bei dem Untersucher/Untersucherin um einen entsprechend der Vorgaben der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Arzt handelt. Handelt es sich um eine spezielle Einrichtung für Pränataldiagnostik, ist von einer solchen Qualifikation erfahrungsgemäß auszugehen. Fragen Sie also vorher nach der Qualifikation und der Häufigkeit, mit der dieses Verfahren vom Anbieten denn durchgeführt wird! 4.neben den üblicherweise drei vorgesehenen Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft wird bei besonderen Indikationen (Risiko aus der Vorgeschichte oder dem Alter, Auffälligkeiten, Wachstumsretardierung, andere Besonderheiten) ein so genannter differenzierter Organultraschall/Feinultraschall/Missbildungsultraschall zwischen der 19. + 23. SSW von einem Arzt mit entsprechender Qualifikation in der Pränataldiagnostik durchgeführt. Meist in einer Spezialpraxis oder einem Perinatalzentrum. Hierbei schaut der Untersucher/in nach der kindlichen Aktivität, dem Bewegungsmuster, dem Profil des Gesichts der Fruchtwassermenge und der Plazenta. Darüber hinaus wird nach sichtbaren Fehlbildungen im Bereich der Weichteile, Organe, Knochen, des Zentralnervensystems, des Herzens und der Extremitäten geschaut. Gegebenenfalls wird auch die Versorgungslage des Kindes mit Hilfe eines Dopplers ergänzend durchgeführt. Wichtig in dem Zusammenhang ist aber , dass ein Ausschluss von Chromosomenanomalien per Ultraschall als Alternative zu einer invasiven Diagnostik (wie der Fruchtwasserpunktion, Chorionzottenbiopsie oder der Nabelschnurblutentnahme ) nur beschränkt durch den Nachweis von charakteristischen, aber nicht obligatorisch vorhandenen Hinweiszeichen auf Chromosomenanomalien möglich ist. VB

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 06.03.2011



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