Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, ich würde Sie um Ihre Meinung zu folgendem Fall bitten: 30 jährige 4. Gravida, 3. Para, 35/2, Kleinwuchs 1,48 cm, Z.n. 2x Sectio 10/16 und 01/19, errechneter Termin 4.5.20, primäre Re-Re-Sectio ursprünglich am 20.4. geplant. Am 30.3. stationäre Einweisung mit vorzeitiger WT. Geschätztes Gewicht des Kindes am 1.4. 2600g („klein und dick“), Polyhydramnion, V.a. unerkannten Gestationsdiabetes. MM am 30.3. und 1.4. fest verschlossen, Portio 2cm erhalten, In den Kontroll-CTGs (4xtgl.) vereinzelt Kontraktionen bis zu regelmäßiger WT alle 6-7 min., Tonus zuletzt bis zu 120mmHg. Sonografisch Nahtdehiszenz 7mm, daher Vorverlegung des Sectiotermins auf 6.4. (36/0) Patientin berichtet über zunehmende Narbenschmerzen insbesondere bei WT, möglicherweise psychisch bedingt nach Diagnosestellung der Nahtdehiszenz? 1. Valium/Paracetamol wurde angeboten, beruhigend zugeredet, dass dies nur Senkwehen sind und die Ausschläge im Tokogramm durch die schlanke Bauchdecke so hoch seien. —>wie kann man sich sicher sein, dass dies Senkwehen sind und keine frustranen Kontraktionen wg. Geburtshindernis, und daher keine MM Eröffnung? Sind Senkwehen überhaupt regelmäßig und nehmen an Intensität zu ? 2. Der Patientin wurde gesagt, sie solle sich melden, wenn die Intensität des Schmerzes anders wäre (Zerreissungs/Dauerschmerz). Wäre es nicht sicherer, die Sectio möglichst bald noch durchzuführen, vor dem 6.4., bevor (!) es zur Ruptur kommt? Oder wenn man unbedingt warten will, zu tokolysieren? 3. Die OÄ sprach heute morgen von einer Nahtdehiszenz, also im schlimmsten Falle Uterus offen und nur noch Peritoneum darüber. Die Assistentin meinte soeben zur „Beruhigung“, es könne auch gut sein, die Narbe sei „nur“ ausgedünnt. Dabei hat sie den Ultraschallbefund nicht gesehen. Sollte man nicht immer vom „Worst Case“ ausgehen? Narbenschmerzen insbesondere bei nachgewiesener Nahtdehiszenz würde ich niemals als psychisch bagatellisieren, auch wenn die zeitliche Konstellation es vermuten lässt, da die Konsequenz u.U. fatal sein kann. Wie sehen Sie das? Ich möchte mich keineswegs über irgendwen beschweren, ich weiß, dass ich hier im Zweifel - d.h. im Falle der Ruptur in guten Händen bin. Aber muss man denn darauf warten? Die WT zieht sich nun schon über 5 Tage (subjektiv) und 3 Tage (im CTG) hin. Ich finde es arg mutig noch länger zu warten, und dies nicht nur, weil ich selbst betroffen bin. Ich hätte anders entschieden. Wie lange soll so eine Narbe Wehenkräften noch standhalten, wenn sie schon dehiszent ist - Senkwehen oder Geburtswehen ist doch in dem Falle reine Definitionssache und für die Entscheidungsfindung irrelevant? Doch wenn jedes Schmerzereignis kleingeredet wird, obwohl es zuvor oberärztlicherseits hieß, ich solle mich sofort melden, überlege ich mir schon, ob ich überhaupt noch etwas sage. Wie sehen Sie das? Was halten Sie von dem Vorgehen? Soll ich einfach abwarten und hoffen, dass alles gut geht oder meinem unguten Gefühl nachgehen und den Kollegen weiterhin auf die Nerven fallen und die Sectio forcieren? Ich bin gerade etwas verzweifelt. Aber da ich so viel Text schreiben kann, war die Todesangst von vorhin wenigstens nicht die vor der drohenden Ruptur. Danke für Ihre Hilfe! Herzliche Grüße Charlotte
von Charlotte16 am 01.04.2020, 16:32