Hallo Herr Dr. Bluni,
seit knapp einer Woche habe ich vor allem morgens, wenn ich aus dem Bett aufstehe, oder wenn ich mich buecke und wieder aufrichte starke Kopfschmerzen (bin jetzt in der 24. SSW).
Heute habe ich mal meinen Blutdruck gemessen und der war bei 88/56.
Koennen die Kopfschmerzen eventuell mit dem niedrigen Blutdruck zusammen haengen?
Ausser viel Bewegung gibt es wohl nicht viel, was ich machen kann, um ihn wieder nach oben zu bringen, oder?
Ich hatte schon vor der Schwangerschaft einen tendenziell niedrigen Blutdruck (114-120/60-65), aber seit Beginn der Schwangerschaft scheint er immer niedriger zu werden.
Ist das normal oder muss ich mir Sorgen machen?
Vielen Dank fuer Ihre Antwort!
surival
von
surival
am 14.05.2011, 06:25
Antwort auf:
Kopfschmerzen und niedriger Blutdruck
Hallo,
1. ja, das kann in jedem Fall damit zusammenhängen
2. Inwiefern hier für Ihren persönlichen Einzelfall andere Dinge für die Beschwerden ursächlich sind, kann sicher Ihre behandelnde Frauenärztin/Frauenarzt im Rahmen einer Untersuchung klären.
3. nicht gleich jeder niedrige Blutdruck ist mit Konsequenzen für das Ungeborene verbunden. Und es ist hier meist nicht ein fixer Wert, an dem man sich orientiert, sonder eher die Klinik (Symptomatik), die die Schwangere bietet. Sofern es der Schwangeren unter einem niedrigen Blutdruck gut geht, sollte sie zunächst beruhigt sein.
Werte, die deutlich unter 100 mm Hg liegen und mit einer entsprechenden Symptomatik verbunden sind, wären bedenklich, sofern sie dauerhaft da sind und dieses sollte möglichst vermieden werden.
Empfehlenswert sind bei entsprechenden Symptomen in erster Linie die reichliche Flüssigkeitsaufnahme (2,5-3 Liter am Tag!) und in Extremfällen auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen.
3. der Kopfschmerz ist immer nur ein Symptom und kann - auch in der Schwangerschaft - vielerlei Ursachen haben: zu hoher oder zu niedriger Blutdruck, Stress, hormonelle Veränderungen der Schwangerschaft, Flüssigkeitsmangel, Migräne etc. Hier ist es in der Situation am ratsamsten, dass Frauenärztin/Frauenarzt und vielleicht der Hausarzt die Ursache eingrenzen.
Danach wird eine bessere Einschätzung der persönlichen Situation möglich sein. Dieses auch im Hinblick auf die bestmögliche Therapie.
Wenn aufgrund der Besprechung mit Frauenärztin/Frauenarzt oder Hausarzt diese(r) nichts einzuwenden haben, ist Paracetamol das Schmermittel der Wahl, das über die gesamte Schwangerschaft angewendet werden darf.
Im zweiten Schwangerschaftsdrittel sind auch ASS, Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen zulässig. Im ersten Schwangerschaftsdrittel sind sie nur als Mittel der 2. Wahl zur gelegentlichen Anwendung, z. B. bei Versagen von Paracetamol, vertretbar.
Naproxen sollte nur beim Versagen von Paracetamol oder ASS, Ibuprofen, Diclofenac zur Anwendung kommen.
Im letzten Schwangerschaftsdrittel sollten Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen wegen eines möglichen vorzeitigen Verschlusses des kindlichen Kreislaufs im Herzen (Ductus botalli) nicht eingesetzt werden.
Im letzten Schwangerschaftsdrittel sollte die ASS-Gabe (bei hoher Dosierung) wegen des möglichen vorzeitigen Verschlusses des Ductus botalli zurückhaltend durchgeführt werden. Darüber hinaus muss eine ASS-Therapie spätestens mit Abschluss der 37.SSW beendet werden, um Blutungskomplikationen unter der Geburt zu vermeiden (Gynäkologe: 2009, 42:219)
Als migränetypische Mittel ist die Einnahme von Sumatriptan im 2.+3. Schwangerschafts-drittel unter strenger Indikationsstellung, wenn die Kopfschmerzattacken sich nicht anders behandeln lassen, vertretbar. Als mittel der Wahl bei durch Kopfschmerzen bedingter Übelkeit ist Dimenhydrinat das Antiemetikum der ersten Wahl zur Behandlung von migraneassoziierter Ubelkeit in der Schwangerschaft und Stillzeit. Als Reservemittel (2. Wahl) ist Metoclopramid ebenfalls Phasen akzeptabel
Besprechen Sie hier bitte das für Sie sinnvollste Vorgehen mit Ihren behandelnden Ärzten am Ort.
VB
Quellen:
Behandlung der Migräne und idiopathischer Kopfschmerzsyndrome in Schwangerschaft und Stillzeit, Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Stand:2009
Briggs GG, Freeman RK, Yaffe SJ. Drugs in pregnancy and lactation. Philadelphia: Lippincott: Williams & Wilkins 2005.
Ericson A, Kallen BA. Nonsteroidal anti-inflammatory drugs in early pregnancy. Reprod Toxicol 2001;15: 371–375.
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 14.05.2011