Hallo Herr Dr. Bluni,
ich leide seit ein paar Jahren an Genitalherpes. Nun kurz vor dem voraussichtlichen Geburtstermin hatte ich innerhalb von einem Monat 3 Ausbrüche. Mein FA ratet mir zu einem Kaiserschnitt. Meine Fragen wären nun, ist dies unbedingt notwendig oder kann man auch vorbeugend mit Aciclovir Tabletten behandeln? Sind solche Tabletten schädlich fürs Baby? Zudem habe ich gelesen dass eine Ansteckung auch erfolgen kann wenn keine akuten Symptome auftreten. Heißt das es ist möglich dass ich das Kind während der Geburt anstecke wenn das Virus aktiv ist, sich aber keine Symptome wie z.B. Bläschen zeigen?
Danke für die Antwort
Mit freundlichem Gruß
Dana
von
Dana33
am 17.08.2012, 00:21
Antwort auf:
Genitalherpes kurz vor Entbindungstermin
Liebe Dana,
die Symptome bei einer Infektion mit Herpes genitales sind juckende und manchmal brennende kleine Bläschen. Bei einer Erstinfektion können die Symptome so ausgeprägt sein, dass sie mit Schmerzen, großflächigen, bläschenförmigen Veränderungen und Anschwellen der Leistenlymphknoten einhergehen.
Die Diagnose (primäre Infektion oder wiederholtes Auftreten= so genanntes Rezidiv) wird am besten klinisch durch die behandelnde Frauenärztin/Frauenarzt gestellt. Eine Laboruntersuchung ist bei der Diagnostik sicher entbehrlich.
Eine kindliche Infektion durch eine transplazentare Übertragung ist ein seltenes Ereignis. (Friese et al., 2003). Nur in etwa 5 % der Fälle mit einem Herpes des Neugeborenen ist die Infektion entweder über das Aufsteigen einer Genitalinfektion oder den Weg über die Plazenta zurückzuführen. Dabei haben Mütter mit einer primären Infektion, wie auch unter der Geburt das höhere Übertragungsrisiko.
Wie auch bei anderen Infektionserkrankungen ist die Gefahr einer vorgeburtlichen Infektion während der ersten 20 Schwangerschaftswochen am höchsten. Folge einer solch frischen vorgeburtlichen Infektion in der ersten Schwangerschaft können zum Beispiel Fehlgeburten, Totgeburten oder auch angeborene Fehlbildungen sein.
Nach der 20.SSW stellen die Herpes-Viren für das Ungeborene kein erhöhtes Risiko mehr dar.
Von großer klinischer Bedeutung ist die Infektion erst dann wieder – und hier vor allem die Primärinfektion – wenn sie um den Geburtstermin auftritt. Dabei kann es zur Ansteckung des Kindes durch direkten Kontakt mit infiziertem Genitalsekret kommen, wenn die Mutter zum Geburtszeitpunkt eine primäre oder auf wiedergekehrte Herpes Infektion hat.
Bei frischer Infektion mit Herpesviren der Mutter im Genitalbereich wird unabhängig von einer medikamentösen Therapie der Kaiserschnitt bei Patientinnen mit klinischer Symptomatik vor oder spätestens innerhalb eines Zeitraumes von 4-6 h nach Blasenssprung empfohlen, da sonst keine Vorteile für das Kind zu erwarten sind (Randolph et.al., 1993)
Nach Expertenmeinung ist ein vorsorglicher Kaiserschnitt bei Frauen mit wiederholtem Herpes genitalis zur Verhinderung einer aufsteigenden Infektion des Kindes nicht indiziert.
Therapeutisch wird die prophylaktische Verabreichung von Aciclovir oder Valaciclovir im dritten Schwangerschaftsdrittel für alle Schwangeren mit regelmäßigen Ausbrüchen einer Herpes-genitalis-Infektion und einer aktiven Genitalien HSV-Infektion kurz vor oder zum Zeitpunkt der Geburt empfohlen.
Momentan ist der Einsatz dieser antiviralen Therapie in der Schwangerschaft noch nicht als Routineanwendung etabliert. Das bedeutet, dass die betroffenen Frauen entsprechend informiert und beraten werden müssen. Bis heute gibt es allerdings keine Berichte über negative Auswirkungen der Therapie mit Aciclovir auf das Ungeborene. Der Einsatz von Valaciclovir ist auch möglich, jedoch ist der Einsatz dieses Medikamentes in der Schwangerschaft noch nicht ausreichend erforscht.
Je nach Ausprägung der Symptome bieten die primäre Kaiserschnittentbindung und die prophylaktische Therapie mit Aciclovir 3-4 Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin Möglichkeiten, eine aufsteigende Infektion des Ungeborenen zu verhindern.
Es ist darüber hinaus sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Maßnahmen in der Lage sind, einen Großteil der Folgen für das Kind zu verhindern. Jedoch wird es in keinem Fall eine absolute Sicherheit geben.
Quellen
https://www.rcog.org.uk/globalassets/documents/guidelines/management-genital-herpes.pdf
(Management of Genital Herpes in Pregnancy (October 2014), Royal College of Obstetricians an Gynecologists. Letzter Abruf: 09.06.2018)
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/AWMF-Leitlinie_Schwangerschaftsrelevante_Virusinfektionen.pdf?__blob=publicationFile
(Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen S2k-Leitlinie AWMF Registernummer 0093/001. Stand:31.03.2014 ,Letzter Abruf:09.06.2018)
Friese, Klaus, Schäfer, Axel, Hof, Herbert Hof, Infektionskrankheiten in Gynäkologie und Geburtshilfe, Springer, 2003
Randolph, Adrienne G.; Washington, A. Eugene; Prober, Charles G.; Cesarean Delivery for Women Presenting With Genital Herpes Lesions: Efficacy, Risks, and Costs, JAMA. 1993;270(1):77-82.doi:10.1001/jama.1993.03510010083035
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 17.08.2012