Hallo,
Ich habe zwei komplizierte Schwangerschaften und Geburten hinter mir. Bei beiden Schwangerschaften wurde in der 26. bzw. 18. SSW ein verkürzter Gebärmutterhals diagnostiziert. In der ersten SSW habe ich deshalb einige Wochen im Krankenhaus gelegen, in der zweiten wurde eine Cerclage gelegt und ich habe den Rest der Schwangerschaft zuhause mit Haushaltshilfe (wg. Kleinkind) verbracht, was ich als schwierig empfunden habe. Bei der ersten Schwangerschaft ist die Harnblase bei dem Kaiserschnitt verletzt worden, bei der zweiten ist das Kind dann (natürlich nicht geplant) durch die auf der Gebärmutter und mit dieser verwachsenen Harnblase entbunden worden. Jetzt bin ich ungewollt wieder schwanger. Grd. möchten wir das Kind. Ist in meinem Fall eine frühe Cerclage sinnvoll und kann ich danach "normal" weiterleben, d.h. sitzende Berufstätigkeit ausüben - in der letzten Schwangerschaft hat die Hausruhe eher geschadet als genutzt, weil mir und meinem Kind die Decke auf den Kopf gefallen ist. Und gibt es eine Möglichkeit, das Kind per Kaiserschnitt zu entbinden, ohne dass die Blase wieder erheblich verletzt wird? Vielen Dank!
Mitglied inaktiv - 28.05.2011, 19:06
Antwort auf:
Frühe Cerclage?
Hallo,
1.zur Frage einer prophylaktischen Cerclage/Muttermundverschluss gibt es mittlerweile in der Fachwelt eine relativ einhellige Meinung:
Dank immer kritischerer Indikationsstellung ist die Cerclagefrequenz innerhalb weniger Jahre von fast 10 % auf 1-2% gesunken. Therapeutisch sind nur echte isthmocervicale Insuffizienzen (Gebärmutterhalsschwächen) eine Indikation.
Prophylaktische Cerclagen aus anamnestischer Indikation oder bei Mehrlingsschwangerschaften sind schon deshalb sehr kritisch zu betrachten, weil sie nicht zu einer Tragzeitverlängerung führen.
Jedoch finden wir in der letzten Zeit einen gewissen Sinneswandel in der Fachwelt vor. Wenn auch die rein prophylaktische Cerclage und/oder Muttermundverschluss bis dato als sehr kritisch betrachtet wird, sehen renommierte Fachvertreter dieses differenzierter bei Frauen mit einer Vorgeschichte mit Frühgeburt.
Eine Zervixinsuffizienz (Gebärmutterhals-Schwäche) im klassischen Sinn ist ein sehr seltener Befund. Bei unsicherer Entscheidungsgrundlage zeigen Studienergebnisse keine eindeutigen Vorteile einer Cerclage gegenüber abwartendem Verhalten. Ob Schwangere mit ultrasonographischer Verkürzung des Gebärmutterhalses oder einer Öffnung des inneren Muttermundes von einer Cerclage profitieren,
lässt sich noch nicht abschließen beurteilen.
Als einzige Ausnahme verbleiben noch Schwangere mit mehrfachen Frühgeburten in der Anamnese. Bei der Diagnose einer Gebärmutterhalsschwäche ist neben der transvaginalen Sonographie mit ihrer Verkürzung und Eröffnung der Zervix unbedingt immer auch die Konsistenz der Portio durch Vaginalpalpation zu beurteilen.
Notfallcerclagen bei Cervixinsuffizienz mit Fruchtblasenprolaps sind nur bis zur 32. SSW indiziert. Gleichwohl ist das Komplikationsrisiko einer Cerclageoperation gering und besteht praktisch nur in minimalen Verlängerungen der Eröffnungsphase sowie einer leicht höheren Inzidenz von Zervixrissen. Frauenarzt 40, 5 (1999) 659
Insofern ist hier im individuellen Fall sicher das immer ausführliche Gespräch mit Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt und der Frauenklinik (am besten ein Perinatalzentrum) im Vorfeld sinnvoll, inwiefern eine Cerclage zur Prophylaxe einer vorzeitigen Muttermundseröffnung im individuellen Fall geboten ist unter Abwägung des Für und Wider.
Dieses gilt auch für die Fragestellung, inwiefern eine prophylaktische Cerclage/Muttermundverschluss nach einer Infektion mit Fehlgeburt anzuraten ist.
2. eine Blasenverletzung kommt im Rahmen eines Kaiserschnitts sicher selten vor. Das hängt aber immer auch von den operativen Bedingungen und der Erfahrung des Operateurs ab.
Im Fall eines erneuten Kaiserschnitts durch einen erfahrenen Operateur wird das Risiko für sicher als gering einzustufen sein.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 29.05.2011