Sehr geehrter Herr Bluni,
meine Frauenärztin macht mich wahnsinnig.
Zur Vorgeschichte:
Ich habe bereits einen 16 Monate alten Sohn, der entlang der 75. Perzentile gewachsen ist, sein Kopf sogar entlang der 92. Perzentile. In der damaligen Schwangerschaft wurde ein Diabetes mehrfach durch den großen OGTT ausgeschlossen (89-125-96 mg/dl). Auch der Chefarzt der Entbindungsklinik fand das damals stimmig, da mein Mann und ich beide kräftig gebaut sind und beide einen relativ großen Kopf haben. Er sagte damals, es sei normal, dass manche Paare eben größere Kinder bekommen als andere.
Nun bin ich erneut schwanger und befinde mich in der 31. SSW. Da wir letzten Herbst rund 80 km weit weg gezogen sind, musste ich mir zwangsläufig einen neuen Gynäkologen suchen. Das Kind ist laut meiner Ärztin wieder so groß, was mich nicht wundert. Dieses Mal lag beim OGTT der Nüchternwert außerhalb des Normbereiches, bei 96 mg/dl. Der 1 h Wert lag bei 132 mg/dl, der 2 h Wert bei 115 mg/dl.
Laut Diabetologin ist der etwas höhere Nüchternwert sehr wahrscheinlich genetisch bedingt, da in meiner Familie väterlicherseits Diabetes mellitus Typ II sehr verbreitet ist. Ihrer Meinung nach soll ich mir keine Sorgen machen, so lange der Nüchternwert nicht regelmäßig über 100 mg/dl liegt, was er nicht tut.
Einen Auslöser für erhöhte Nüchternwerte habe ich auch bereits ausgemacht. Da sie immer dann mit 96-98 mg/dl über den erlaubten 95 mg/dl liegen, wenn mein Sohn mich nachts mehrfach geweckt hat (er zahnt zur Zeit), ist das ein Auslöser, den ich nicht abstellen oder anderweitig beeinflussen kann. Weckt er mich nicht, liegt mein Nüchternwert bei 88-92 mg/dl.
Ich führe zusätzlich zum Blutzuckertagebuch ein Ernährungsprotokoll. Weder die Diabetologin noch die Ernährungsberaterin haben an meiner Ernährung irgendetwas auszusetzen. Allein wegen der Diabetesvorbelastung in meiner Familie achte ich da sehr drauf.
Während man in der gewählten Entbindungsklinik bei meinen Werten absolut entspannt ist, meine Diabetologin keinen Handlungsbedarf sieht und es mich eigentlich auch nicht wundert, dass Kind Nr. 2 sich sehr ähnlich zum großen Bruder entwickelt, drängt meine Frauenärztin nun auf Insulin zur Nacht.
Ist das aus gynäkologischer Sicht wirklich notwendig?
Ich meine gelesen zu haben, dass das zweite Kind in der Regel mindestens ebenso groß wird wie das erste. Deswegen bin ich zunehmend genervt, bei jedem Frauenarzttermin erklären zu müssen, dass die Diabetologin keinen Handlungsbedarf sieht, zumal mein HbA1c bei 5,4% liegt.
Dass es bei einem Diabetes neben Makrosomie auch zur Unterzuckerung des Kindes nach der Geburt und anderen Folgen kommen kann, ist mir bewusst.
Bitte entschuldigen Sie den langen Text.
Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Mühen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Kerstin D.
von
Kerstin-1811
am 09.06.2017, 18:15
Antwort auf:
Fetales Wachstum entlang 75. Perzentile besorgniserregend?
Liebe Kerstin,
1. erstens ist es völlig unstrittig, dass ein Nüchternblutzucker von deutlich über 90 g/dl (Schwangere war vorher 9-12 h nüchtern u. der Wert wurde unter standardisierten Laborbedingungen bestimmt) die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes mit sich bringt. Da gibt es auch keine Ausreden, wie " das ist genetisch bedingt normal".
2. in dem Fall werden wir die Schwangere in einem ausgewiesenen Zentrum (Perinatalzentrum oder Diabetologe, der große Expertise in der Betreuung Schwangerer hat) vorstellen zur Ernährungsberatung und Überwachung.
3. wird eine Insulintherapie nur in den allerwenigsten Fällen indiziert sein, bei denen trotz optimaler Ernährung der Blutzucker große Schwankungen zeigt, oder es im Ultraschall entsprechende Auffälligkeiten gibt.
Herzliche Grüße
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 10.06.2017
Antwort auf:
Fetales Wachstum entlang 75. Perzentile besorgniserregend?
Sehr geehrter Herr Bluni,
vielen Dank für Ihre Antwort. Allerdings geht sie etwas an meiner Frage vorbei.
Zu 1: Das ist die Aussage der behandelnden Diabetologin! Deren Fachkompetenz zweifle ich als medizinischer Laie nicht an. Als Begründung nannte sie auf meine Nachfrage, zum einen spräche mein HbA1c (5,4%) gegen Diabetes, zum anderen sei das der aktuelle Stand der Forschung.
Zu 2: Ich bin sowohl in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis als auch in einem Perinatalzentrum Level I vorstellig geworden. Die Aussage der Diabetologin wurde dort bestätigt.
Zu 3: Ich ernähre mich, als hätte ich einen rein diätetisch behandelten Diabetes Typ II. Ernährungsberaterin, Diabetologin und Ärzte des Perinatalzentrums sind sich nach Vorlage von Diabetestagebuch und Ernährungsprotokoll einig, dass es an meinen Ernährungsgewohnheiten nichts zu verbessern gibt.
Erhöhte Nüchternwerte im Rahmen der Selbstkontrolle treten dann auf, wenn mein Sohn mich nachts (mehrfach) weckt. Die Selbstkontrolle erlaubt Höchstwerte von 95 mg/dl nüchtern.
Bewegung habe ich ausreichend, im Mittel 7200 Schritte bzw. 60 min täglich.
Daher nochmal meine Frage:
Ist das Drängen auf eine Insulintherapie aus gynäkologischer Sicht in diesem Fall indiziert? Mein Sohn war in der selben Schwangerschaftswoche (sogar am selben Tag der Schwangerschaft geschallt) sogar deutlich größer, und das ohne Diabetes.
Vielen Dank und viele Grüße
Kerstin D.
von
Kerstin-1811
am 11.06.2017, 00:08
Antwort auf:
Fetales Wachstum entlang 75. Perzentile besorgniserregend?
Hallo,
zu diesem Sachverhalt hatte ich mich ja bereits ausführlich geäußert. Dem lässt sich eigentlich nichts mehr hinzufügen und so, wie Sie es beschreiben, werden Sie vor Ort ja nun auch wirklich äußerst kompetent beraten.
Herzliche Grüße VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 11.06.2017
Antwort auf:
Fetales Wachstum entlang 75. Perzentile besorgniserregend?
Liebe Kerstin!
Bitte mach dich nicht verrückt. Wärst du nicht schwanger, wäre dein Nüchternwert absolut in der Norm. In meiner ersten Schwangerschaft hat man mich auch total in Panik versetzt (völlig unnötigerweise). Nach diesen Schikanen (OHNE Diät akribisches Tagebuch mit total niedrigen Werten, das kein Mensch angeschaut hat, dafür ständig Kontrollen mit dem Hinweis "alles bestens, kommen Sie in 3 Wochen wieder") sehe ich meine zweite Schwangerschaft etwas gelassener. Dein Nüchternwert ist ja nicht permanent drüber, sondern eben von äußeren Faktoren beeinflusst. Stress und Krankheit treibt ihn in die Höhe, das ist ja kein Geheimnis. Dein HbA1c ist ja auch völlig in der Norm! Wenn ein Kind ohne Diabetes-Diagnose so groß wird, geschieht ja auch nichts (vom Kaiserschnitt abgesehen). Ob du spritzen willst oder nicht, ist immer noch deine Entscheidung!
Mitglied inaktiv - 13.06.2017, 10:09