Ich hatte heute schon einmal eine Frage gestellt und Ihre Antwort hat mir sehr, sehr weitergeholfen. Daher traue ich mich mich noch einmal an sie zu wenden.Wie ich schon geschrieben hatte, hatte ich gerade eine Eileiterschwangerschaft. Laut Aussage meiner Ärzte sind meine Eileiter äußerlich unauffällig - bedeutet dies automatisch, dass eine Funktionsstörung der Eileiter vorliegt? Dann wäre das Wiederholungsrisiko ja bestimmt höher, da diese für beide Eileiter vorliegt, oder?
Zusätzlich wurde bei mir vor kurzem eine heterozygote Faktor V Leiden Mutation festgestellt (Test wurde gemacht, da meine Mutter mehrer Lungenembolien hatte). Meine Frage ist nun was könnte das für weitere Schwangerschaften bedeuten? Ist das Fehlgeburtrisiko erhöht? Mein Frauenarzt hat gemeint, dass er es für nicht sinnvoll halten würden von Anfang Heparin zu spritzen, da ich selbst (auch während der Pilleneinnahme) noch keine Thrombose hatte. Was würden Sie empfehlen?
Herzlichen Dank!
von
karin123456
am 02.02.2011, 17:42
Antwort auf:
Eileiterschwangerschaft und Faktor 5 Leiden
Liebe Karin,
1. nein, daraus lässt sich keine Funktionsstörung der Eileiter ableiten, aber andererseits kann auch so nichts über den Zustand der Eileiter ausgesagt werden
2. diese Mutation (ein Austausch eines Eiweißes) in einem wichtigen Gerinnungsfaktor des Blutes wird auch als Faktor V-Mangel oder APC-Resistenz bezeichnet und sie kommt einer angeborenen Thromboseneigung gleich.
Hierdurch kann eine körpereigener Hemmstoff der Gerinnung (das aktivierte Protein C = APC) nicht mehr ausreichend am Faktor V binden und dies führt so zu einer verstärkten Gerinnbarkeit des Blutes. Die Störung liegt auf dem Chromosom (Teil der Erbanlage) Nr. 1.
Da alle Chromosomen beim Menschen in doppelter Form vorliegen, kann entweder nur ein Chromosom betroffen sein (heterozygoter Träger) oder beide Chromosomen (homozygoter Träger).
In gewissen Situationen (Pille, Schwangerschaft) kann diese Störung eine besondere Bedeutung gewinnen, als nämlich hiermit ein erhöhtes Thromboserisiko verbunden ist.
Unter Berücksichtigung einer solchen Gerinnungsstörung wäre dann in Anlehnung an die Empfehlungen der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) zu erörtern, ob und ab wann man der Schwangeren, neben Kompressionsstrümpfen auch einen so genanten "Blutverdünner" (niedermolekulares Heparin) verordnet, um das Thrombose- und Embolierisiko zu minimieren. Dazu würde dann ggf. auch der Zeitraum des Wochenbettes (etwa 6 Wochen nach der Entbindung) gehören.
Am sinnvollsten ist es hier, dass die Frage einer Blutverdünnung mit einem erfahrenen Gerinnungsspezialisten oder einer Gerinnungsambulanz abgestimmt wird.
Meines Wissens - bitte dieses aber nochmals vor Ort individuell besprechen! - bietet der alleinige, heterozygote Defekt ohne Thrombose in der Vorgeschichte ein niedriges Risiko nach der Klassifikation: Man würde aber einen Blutverdünner für die Zeit des Wochenbettes empfehlen.
Heterozygote Merkmalsträger weisen ein ca. 5 -10fach erhöhtes Thromboembolierisiko auf, homozygote Merkmalsträger ein 80 - 100faches Risiko.
3. Niedermolekulare Heparine kommen zum Einsatz, wenn bestimmte Konstellationen von Gerinnungsstörungen und/oder eine Vorgeschichte mit einem thromboembolischen Ereignis vorliegen. Dazu gibt es konkrete Risikokonstellationen und sich daraus ableitende Empfehlungen.
4. sofern bei einer Frau „nur“ ein heterogener Faktor-V-Mangel vorliegt, aber keine zusätzlichen Risikofaktoren, wie Adipositas, Präeklampsie, Infektion, Trauma oder Bettlägerigkeit hinzukommen, wird nach den aktuellen Leitlinien keine Heparinisierung empfohlen. Es liegt demzufolge ein so genanntes niedriges Risiko vor. (nachzulesen in: Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583)
5. eine Empfehlung zur parallelen oder alleinigen ASS-Therapie gibt es nicht. Nur bei zusätzlichen arteriellen Risikofaktoren wie erhöhtem Lp(a), Hyperlipidämie, arteriellem Hypertonus, Diabetes, etc. kann dieses gelegentlich empfohlen werden.
Hierzu ist dann sinnvollerweise immer eine Abstimmung mit einer Gerinnungsambulanz anzuraten.
VB
Quellen:
Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9.
Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S
Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001_S3_AWMF-Leitlinie_Prophylaxe_der_venoesen_Thromboembolie__VTE__Kurz_04-2009_12-2013.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Version vom 18. März 2009 mit eingearbeitetem Addendum vom 08. Mai 2010, letzter Abruf:21.12.2010)
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 02.02.2011