Sehr geehrter Dr. Bluni,
kurz zu meiner Vorgeschichte:
4 Schwangerschaften, davon 2 frühe Fehlgeburten
1. ausgetragene Schwangerschaft in 2008: Präeklampsie: Ödeme ab 30+0, Bluthochdruck ab 35+0 (max. RR 180/120), Proteinurie ab 37+6 (ab 38+0 Methyldopa eingeschlichen, aber BD konnte vor Geburt nicht mehr gesenkt werden); spontane Geburt eines normal entwickelten Jungen bei 39+1; es wurde damals leider nie ein Labor gemacht
Nun bin ich wieder schwanger, heute SSW 39+0.
Seit der 34.SSW steigt mein Blutdruck kontinuierlich von durchschnittlich 110/75 auf durchschnittlich 140/96 (unter Methyldopa). Seit 35+1 nehme ich nun vom FA verschriebenes Methyldopa in einschleichender Dosierung. Momentan nehme ich eine Tagesdosis von 1000 mg. Meine RR-Werte sind mit dieser Medikation derzeit bei Selbstmessung zu Hause diastolisch zwischen 92 und 107 (max. 116). Systolisch liegen die Werte meist nur um 140. Es bestehen Ödeme, die aber noch nicht das Ausmaß wie in der ersten SS erreicht haben. Keine Proteinurie laut Urinstix.
Das Kind ist seit der 24. SSW in der Entwicklung etwas zurückgeblieben und liegt nun 2-3 Wochen hinterher. Doppler ist unauffällig. Fruchtwassermenge ist im untereren Normbereich (max. Fruchtwasserdepot 4,5 cm). CTGs o.B..
Mein Hämatokrit steigt in der SS kontinuierlich an, statt abzufallen. Der letzte Hämatokrit am Montag lag bei 47,3% (Hb 14,4) (Hkt im nichtschwangereren Zustand ca. 42%)! Angesichts des Normwertes in der SS bis 38%, eine in meinen Augen doch recht starke Hämokonzentration, oder?
Ausserdem liegen folgende aktuellen Laborwerte vor:
Harnsäure: 5,8 mg/dl !
Gesamteiweiß i.S.: 65 g/l (trotz Hämokonz.)
GOT (AST) 23 U/l (Wert bei 29+0: 13)
GPT (ALT) 18 U/l (Wert bei 29+0: 9)
Thrombozyten: 199/nl
Nun zu meinen Fragen:
1) Ist die starke Hämokonzentration gefährlich für mein Kind (z.B. Unterversorgung) oder mich (Thrombose-/Emboliegefahr)?
2) Wenn ja, was kann man dagegen tun?
3) Ist der erhöhte Harnsäurewert ein Hinweis auf eine beginnende Präeklampsie oder eine beginnende Nierenproblematik?
4) Ist die Erhöhung der Leberwerte im Vergleich zur 30. SSW relevant, oder wird es erst relevant sollten sie über den Referenzbereich steigen?
5) Ist ein weiter abwartendes Vorgehen angezeigt?
Vielen Dank für Ihre Mühe!
Mitglied inaktiv - 26.05.2011, 16:27
Antwort auf:
Blutwerte bei V.a. Präeklampsie
Hallo,
1. die Zahlen der Literatur beziffern das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (Gestose) zwischen 19,5 -25,9 Prozent. Dabei ist das Wiederholungsrisiko umso größer, je früher die Erkrankung aufgetreten ist und liegt über 60%, wenn sich eine Präeklampsie bereits vor der 28. SSW manifestiert hat (Steinhard, 1999); Es ist also nicht gerade gering.
Laut einer Studie aus Israel aus dem Jahr 2000 liegt das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie bei 25,7% in der nachfolgenden Schwangerschaft und bei 37% für Patientinnen, die in ihrer ersten Schwangerschaft an einer schweren Präeklampsie litten.
Nach einer Eklampsie ist das Wiederholungsrisiko etwa bei 21.9Prozent bis 46.8 Prozent.
Nach einem HELLP-Syndrom ist das Wiederholungsrisiko zwischen 3-5 Prozent anzusiedeln. Für HELLP Patientinnen, die vor der 32. SSW
entbunden worden sind, steigt das Risiko für eine erneute Frühgeburt in der nächsten
Schwangerschaft um 61% (Sullivan et al. 1994).
2. zum Ausschluss einer Präeklampsie ("Gestose") sind es ganz bestimmte Labor-Werte, die bestimmt werden:
1. Blutbild mit Blutplättchen
2. Leberwerte mit GPT, GOT. Gamma-GT, ggf. Bilirubin
3. Haptoglobin (wichtigster Parameter neben den Blutplättchen)
4. Harnsäure
5. Gerinnungswerte mit Fibrinspaltprodukten
Erst dieses in Zusammenhang mit dem Gesamteindruck der Patientin kann einen Hinweis auf eine entsprechende Veränderung ergeben. Wenn nötig, kann dieses zu jedem Schwangerschaftszeitpunkt erhoben werden.
Dieses sollte dann in aller Regel kurzfristig in der Klinik erfolgen.
VB
Quellen:
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/015-018.htm
AWMF-Lei tlinie 015/018 Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Schwangerschaftshochdruck/Gestose der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG):“Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen“, Stand:5-2008, zuletzt abgerufen:23.11.2010
Dukler D MD, Porath A MD; Bashiri A MD, Erez O MD; Mazor M MD. Remote
prognosis of primiparous women with preeclampsia. Eur. J. of Obstet. Gynecol. and
Reprod. Biol. 2001,96: 69-74
Janssen, Petra, „Wiederholungsrisiko und anamnestisches Risikoprofil bei hypertensiven
Schwangerschaftserkrankungen (HES)”, Dissertation, 2004
Sibai BM., Gordon T, Thom E, Caritis SN, Klebanoff MK, McNellis D et al. Risk
factors for preeclampsia in healthy nulliparous women: a prospective multicenter
study. Am. J. Obstet. Gynecol. 1995a;172:642-48.
Steinhard J, Klockenbusch W. Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie. Risikofaktoren und Vorhersagemöglichkeiten. Gynäkologe 1999;32:753-60
Sullivan CA, Magann EF, Perry KG, Jr., Roberts WE, Blake PG, Martin JN, Jr. The
recurrence risk of the syndrome of hemolysis, elevated liver enzymes, and low
platelets (HELLP) in subsequent gestations. Am. J. Obstet. Gynecol. 1994;171:940-
43.
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 26.05.2011