Guten Abend Herr Dr. Bluni,
ich wende mich mit einer Frage an Sie, zu der ich nichts weiter sonst im Internet finden konnte. Ich bin Assistenzärztin und derzeit in der Rotation in der Unfallchirurgie. Desweiteren bin ich in der 9. Woche schwanger. Aus sehr persönlichen Gründen konnte ich meine Schwangerschaft noch nicht bekannt geben. Im OP arbeite ich mit einem Bildwandler, natürlich mit einer Röntgenschürze. Nun meine Frage: wissen Sie viell. wie hoch die Exposition mit Röntgenstahlung dabei im Durchschnitt ist und ob diese schädigende Wirkung auf den Embryo haben kann? Bis zur wievielten Woche gilt das "Alles oder NIchts Gesetz"? Kann man in der Pränataldiagnostik Röntgenschäden nachweisen?
Vielen Dank für Ihre Antwort!!
Mitglied inaktiv - 28.03.2011, 21:11
Antwort auf:
Arbeit mit BV in Frühschwangerschaft
Hallo,
1.wenn Sie auch mit einer Röntgenschürze arbeiten, so denke ich, dass es mehr als berechtigt ist, eine schwangere Mitarbeiterin wegen etwaiger Folgen komplett aus dem Strahlenbereich fernzuhalten.
2. grundsätzlich ist es ist so, dass Röntgenstrahlen die Erbsubstanz der weiblichen Eizellen und die Frucht beeinträchtigen kann.
Um aber einigermaßen beurteilen zu können, welche Strahlendosis verabreicht wurde, und ob hiervon überhaupt ein Risiko zu erwarten ist, kann sollte mit den Radiologen geklärt werden, welche Untersuchungen gelaufen sind, ob eine Bleischürze verwandt wurde – was erst einmal anzunehmen ist - dann kann ggf. mit dem behandelnden Frauenarzt oder Frauenärztin abgesprochen werden, ob überhaupt irgendwelche zusätzlichen, pränataldiagnostischen Maßnahmen zu ergreifen sind, wobei es sicher wichtig ist, zu wissen, dass auch hier gewisse Risiken für Erkrankungen im Kindesalter nicht erfasst werden können.
Die Bleischürze bietet hier in jedem Fall schon einen sehr guten Schutz vor etwaigen Strahlen.
Weiterhin kann ich auf die Informationen der Strahlenschutzkommission verweisen, die unter der Internetadresse
http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_15072009_RSII2170272.htm
(letzter Abruf:28.11.2010)
die jeweiligen Belastungen und das Vorgehen beim Röntgen in der Schwangerschaft beschreibt.
Dort heißt es u.a.:
"Sollte es zu einer unbeabsichtigten Strahlenexposition eines Embryos oder Feten kommen, rechtfertigt das minimale Risiko auch höherer Dosen gewöhnlich den Einsatz invasiver diagnostischer Prozeduren (wie Amniocentesen) am Fetus wegen des damit verbundenen noch höheren Risikos nicht. Der anwendende Arzt sollte allerdings auf Basis der Expositionsdaten eine individuelle Analyse erstellen und mit der Mutter besprechen. Bei dieser Risikoabschätzung können Experten für medizinischen Strahlenschutz helfen."
Aus strahlenbiologischen Erkenntnissen kann es bei höheren Dosen in der Blastogenese (vor der Implantation der Eizelle) im Rahmen eines Strahlenschadens oft zum Keimtod kommen.
Der Grenzwert liegt hier meines Wissens bei 0,05 Sv. Bei höheren Dosen kann es vom Absterben der Frucht über erhöhte Fehlbildungen bis hin zum erhöhten Risiko für Krebserkrankungen kommen.
Insofern werden die Radiologen vor Ort konkret etwas zu der Strahlenbelastung sagen können, der Sie zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft ausgesetzt waren.
3. das Alles-oder-Nichts-Prinzip gilt in aller Regel für die Phase der Blastogenese (0.-9.Tag)
4. genaue Informationen zur Strahlenbelastung des Bildwandlers liegen mir nicht vor. Jedoch ist diese gegenüber routinmäßigen Aufnahmen sicher erhöht und das umso mehr, je mehr Bilder gemacht wurden und je adipöser der Patient ist.
5. zusammenfassend empfehle ich Ihnen, sich zur Strahlenbelastung in jedem Fall mit den Radiologen und bezüglich der Auswirkungen ggf. an eine genetische Beratung zu wenden und in jedem Fall ab sofort jeden weiteren Aufenthalt im Op mit Röntgen zu vermeiden.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 29.03.2011