wieso kann mein baby nicht schlafen.

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: wieso kann mein baby nicht schlafen.

hallo liebe Frau Bentz, meine Tochter ist nun fast 5 Monate alt, und seit ca 3 Monaten schreit sie regelmäßig ca 1 stunde lang vor dem einschlafen. Tagsüber wie auch abends, ca 4 mal am tag. Ich habe alles versucht singen, dunkel, hell, im arm, alleine, einfach alles. so langsam verzweifelt ich extrem. Sie fängt an zu meckern das ist ihr Zeichen das sie müde ist, sie bekommt den Schnuller in den Mund und fängt dann das schreien an ( unabhängig vom schneller) schläft sie für ca 10 sek schlagartig ein und drückt sich dann schreiend wieder raus aus dem schlaf. ca 5 mal bis sie dann ganz schläft. Es kostet viel zeit und nerven .. was soll ich tun oder was kann die Ursache sein??

von Melislein am 04.04.2016, 10:32


Antwort auf: wieso kann mein baby nicht schlafen.

Liebe Melislein, so ein schreiendes Würmchen kann einen wirklich an den Rand der Verzweiflung bringen, zumal es bei Ihnen ja schon länger so geht. Von einer „Phase“ kann man da wirklich nicht mehr sprechen. Nach Ihren Berichten schreit Ihre Maus ja nun regelmäßig mehr als drei Stunden pro Tag und erfüllt damit die leider Kriterien des exzessiven Schreiens. Es ist also richtig und wichtig, dass Sie sich Hilfe holen. Ihr Anliegen hier zu schildern, ist dabei schon einmal ein Anfang, kann jedoch keine Behandlung ersetzen. Sich mit diesem Problem zu outen und persönliche Hilfe vor Ort zu suchen, kostet sicher einiges mehr an Überwindung, verhindert jedoch in den meisten Fällen unnötig langes Leiden. Die Prognosen für die kleinen Brüller sind zwar wirklich gut, doch insbesonder dann, wenn a) man frühzeitig behandelt und nicht erst wartet, bis Teufelskreise sich verfestigt haben und am Ende vielleicht nicht „nur“ eine Schrei- und Schlafproblematik vorhanden ist, sondern auch Probleme mit Füttern und anderen Regulationsstörungen. b) Eltern entlastet und unterstützt werden bevor sie ausbrennen Sie können und sollten daher auch zum Wohle Ihres Kindes nicht allein durch diese Sache durch! Meine erste Empfehlung lautet immer: bitte einmal ab zum Kinderarzt und dort direkt die Schreiproblematik ansprechen. Nicht nur, dass organische Ursachen immer ausgeschlossen sein sollten, Ihr Kinderarzt kennt sich bei Ihnen vor Ort aus und kann Ihnen vielleicht gute Adressen von Kollegen bei Ihnen nennen, die Ihnen weiterhelfen. Ansonsten sind weitere gute Adresse die Frühen Hilfen, das Projekt Wellcome, das Jugendamt oder der Kinderschutzbund. Es sind ja oft kleine Dinge, wie einmal jemanden haben, der den Einkauf erledigt, der beim Putzen hilft oder das Kind mal 2 Stunden nimmt. Was die Ursachen angeht, so sind in dem Alter meist 2 Gründe – die nicht auf organischen Grunderkrankungen basieren- feststellbar: a) Junge Säuglinge leiten (anders als Erwachsene) zunächst einen Schlafzyklus nicht mit einer Tiefschlafphase ein, sondern starten mit aktivem Schlaf (REM-Schlaf). In dieser Phase sind sie einerseits oft unruhig (wälzen, stöhnen, weinen, zappeln, zucken, etc.) und andererseits sehr leicht erweckbar. Manche Eltern meinen es da zu gut und heben Ihre Kinder hoch und wecken sie dadurch. Es hilft also meistens genau hinzugucken. Ist Ihr Kind wirklich wach? Wenn nicht, verzichten Sie bitte auf Tragen, Singen und Co., sondern bleiben einfach bei Ihrem Kind und legen ggf. nur eine Hand auf den Bauch. Manche Kinder wecken sich dagegen selbst, wenn sie etwa sehr stark beim Einschlafen zucken. Hier hilft oft das altbewährte Pucken oder starkes Begrenzen durch spezielle Lagerungskissen. b) Es kann eine sogenannte Kopplung von bestimmten Reizen (Tragen in der Vertikalen, Schuckeln, Saugen an der Brust etc.) geben, die das Kind mit Einschlafen verbindet. Fallen diese Reize weg, weil man etwa aufhört zu tragen, wird das Kind wach. Um dies zu lösen (man spricht auch von löschen), sind zwei Dinge erforderlich: Geduld und Konsequenz! Hat ein Kind erst einmal gelernt, nur einschlafen zu können, wenn man bestimmte elterliche Einschlafhilfen gibt, wird ihm der Entzug diese Hilfen natürlich stressen und im ersten Schritt zu mehr Schreien veranlassen. Wichtig um durchzuhalten ist für Eltern die Einsicht, mit dem bisherigen Verhalten mehr und mehr in eine Sackgasse zu geraten. Im Nachhinein ist das natürlich vielen Eltern klar, wenn sie ihr schlafendes Kind sehen, doch diese Erfahrung lässt sich eben nur schwer vorwegnehmen, wenn das Kind neben einem liegt und brüllt. Doch hilft vielleicht folgende Überlegung: sicher hat ein Kind ein Bedürfnis nach Nähe und Trost, doch es hat auch ein Bedürfnis nach Schlaf und Ruhe. Führt also eine Handlung dazu, dass ein Bedürfnis nicht erfüllt wird, so ist was zu optimieren. Ich empfehle daher zum Abgewöhnen von ungünstigen Einschlafhilfen das begleitete Weinen, sprich sie geben Nähe, in dem Sie da sind (nebens Kind legen und/oder eine Hand auf den Bauch) und ggf. leise und beruhigend sprechen, sorgen aber für Beruhigung, indem Sie auf weitere Dinge verzichten. So wird Ihr Kind nicht vom seinem Zustand (Müdigkeit) abgelenkt und lernt selbst, den Aus-Knopf zu finden. In spätestes ein bis zwei Wochen sollte sich die Situation erheblich entspannt haben – vorausgesetzt sie halten durch! Atmen Sie dabei ruhig und gern hörbar und vermeiden Sie Blickkontakt! Zudem kann der Gebrauch von Ohrenstöpselnd und / oder Gehörschutz helfen, durchzuhalten! Keine Sorge, Sie hören Ihr Kind trotzdem genug! Tagsüber darf übrigens ein anderes Programm stattfinden. D.h. es ist nicht notwendig, dass Sie alle Tagesschläfchen zusammen im Bett verbringen. Auch Tragetuch und Kinderwagen sind völlig ok und sogar förderlich, das die Kleinen so besser lernen, zwischen Tag und Nacht zu differenzieren. Versuchen Sie zudem unbedingt, bei den allerersten Müdigkeitsanzeichen zu reagieren. Vermutlich ist Ihre Kleine schon sehr am Ende, wenn sie mit ihrer Meckerei beginnt. Gucken Sie mal auf die Uhr und achten Sie darauf, dass die Ruhestände nicht zu groß werden. Einigermaßen feste Zeiten helfen zudem, dass sich ein stabiler Tages- und Nachtrhythmus ausbildet. Das alles ist kein Hexenwerk, jedoch nicht einfach umzusetzen. Vopn daher nochmals mein Appell: lassen Sie sich so viel wie möglich helfen und entlasten! Erst dann haben Sie die Kraft, solche Änderungen durchzuhalten. Dafür Ihnen und Ihrer Kleinen alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 10.04.2016