Wie beim Schlafen helfen?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Wie beim Schlafen helfen?

Guten Tag, meine Tochter ist nun 2 Jahre alt und schläft schlimmer als so mancher Säugling. Sie hatte die ersten 4 Monate ihres Lebens starke Bauchweh. Danach begannen direkt die Zähne. Auch danach hatte sie leider nie geschlafen. Mittlerweile läuft es so: wor bringen sie mit ihrem Wasser ins bett (milch haben wir bereits erfolgreich angewöhnt - mit lief es genau so schlecht) - wir kuscheln, ziehen sie um... ich mache ihr mal ihr Biene Maja Hörspiel an und kraule etwas die Füße. Dann gehe ich raus. In der Regel schläft sie gut alleine ein. Doch nach 2 Std beginnt der Tanz. Sie wird wach als würde man sie schlachten! Sie brüllt und brüllt und sobald ich drin bin, will sie sofort mit uns runter... sobald sie unten ist, ist alles super. Sie will spielen. Aber sie wird nich wach und ruft mich... sie brüllt höllisch. Es gibt nichts was wir nicht versucht hätten: In unserem Bett schläft sie nicht. Es würde mich gar nich stören. Wir haben das Zimmer umgestellt. Waren oft beim Arzt und Kinderpsychologen. Hörspiel und nachtlicht. Oder leise und dunkel. Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich habe seit knapp 2 jahren nicht mehr richtig geschlafen. Mittags ist das alles kein Problem. Ich leg sie hin, geh raus und nach 1,5 std ruft sie mich übers Babyfon. "Mamaaaaa - ich waaaach" :) Was ist da los? Schmerzen schließe ich aus - da sie unten sofort aufhört zu weinen. Wir haben allergien ausgeschlossen per Bluttest. Dazu erwähne ich noch, unsere Izzy ist sejr sensibel. Sie mag nich gerne Fremde Menschen. Sie hat viel Schamgefühl. Aber auch wenn wir extrem ruhige Tage haben, sind die Nächte so. Eben wirklich immer. Nun hab ich nen Roman verfasst - entschuldige. Es ist einfach dieser absolute Hilflosigkeit. Ich hab keine kraft mehr und weine wirklich viel. :(

von Tina8855 am 21.09.2015, 09:38


Antwort auf: Wie beim Schlafen helfen?

Liebe Tina, Sie müssen sich nicht entschuldigen! Es ist doch so, dass Ihre Situation vertrackt ist und Sie bereits einen langen Leidensweg hinter sich haben, das lässt sich eben nicht in ein paar Worte fassen und muss es auch nicht. Vielleicht hat ja das Schreiben schon einwenig geholfen? Also, wenn Sie bereits beim Arzt und Kinderpsycholgen waren, wissen Sie schon eine Menge und machnmal hören Sie auch ganz unterschiedliche Dinge. Dies kann sehr verwirrend sein und nun bin ich die Dritte im Bunde, die wieder ihren Senf dazu gibt. Doch ich verstehe den Druck sehr gut, sich an jeden Strohhalm zu klammern und nach Lösungen zu suchen. Ich kann hier jedoch nur sehr allgemeine Ratschläge von mir geben. Ich würde daher Ihnen gern empfehlen, noch einmal einen Angang zu wagen und sich an einen Profi wenden. Schön fände ich in Ihrem Fall etwa Videoanalysen. Viele Schreiambulanzen, aber auch einige Schlaflabore, Sozialpädiatrische Zentren etc. können so etwas bieten. Alternativ auch einige Erziehungsberatungsstellen. Ich kann an dieser Stelle ohne Kenntnis der genauen Daten nur vermuten: Zunächst mal wäre sicherzustellen, dass die Bettzeiten Ihrer Tochter auch wirklich Ihrem Schlafbedarf entsprechen. Sie also wirklich müde ist und auch schlafen kann. Der Schlafbedarf in der Nacht hängt unmittelbar mit dem Ausmaß an Tagschlaf zusammen, d.h. es kann in diesem Alter schon mal sein, dass man an der Stellschraube Mittagsschlaf etwas drehen muss, um nachts für einen angemessenen Schlafdruck zu sorgen. Dies lässt sich aber nur über genaue 24-h Protokolle wirklich zuverlässig ermitteln. Versuchsweise können Sie aber mal sehen, ob es abends besser klappt, wenn Sie den Mittagsschalf auf die Hälfte verkürzen. Auch organische Ursachen müsen ausgeschlossen sein, ebenso muss eine gute Schlafhygiene (feste Zeiten, Rituale, genug Ruhe etc.) bestehen. Ich vermute jedoch, dass die Schlafprobleme Ihrer Tochter eher verhaltensbedingt sind. Allgemein gilt: Nächtliches Aufwachen ist an sich keine Schlafstörung. Nur wenn dann das Kind massive elterliche Interventionen einfordert, sich nicht beruhigt und mehrfach nachts für längere Phasen erwacht, spricht man davon. In diesem Fall ist der Schlafmangel nicht nur extrem belastend, sondern kann auf Dauer auch zu pathologischen Schlafmusterveränderungen, kognitiven Leistungseinbußen und Verhaltensproblemen führen. Hier gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: a) Ihre Tochter hat sich an die Reize "Hörspiel und Fußkitzeln" gewöhnt (oder eben die Dinge, die Sie vorher ausprobiert haben) und kann dann, wenn sie nachts erwacht, nicht wieder selbst beruhigen, weil der Reiz fehlt (Tagsüber beim Mittagsschlaf muss sie das ja auch nicht, das sie dort ja nicht mehrere Schlafzyklen durchläuft.). Der Reiz "Hörbuch" ist zudem sehr intensiv, besonder wenn Sie selbst Ihre Kleine als sensibel beschreiben. Selbst für Kleinkinder geeignete Hörbücher haben oft Inhalte, die von den Kleinen noch nicht richtig eingeordnet und zu Ängsten und Aufregung sorgen können. Am Abend sind sie einfach zu aufregend, egal wie freundlich und harmlos Ihr Inhalt für unsere Ohren klingt. Lesen Sie ihr lieber etwas vor; dass berieselt ihre Kleine nicht, sie kann selbst Fragen stellen und sie beide haben ein schönes verbindendes Ritual. Desweiteren sollte vermieden werden, dass bei einem Reiz eingeschlafen wird, sprich Ihr Einschlafritual sollte beendet sein, bevor Ihre Tochter schläft. Hörbücher oder auch Fernsehen zum Einschlafen (bei vielen Erwachsnen ja sehr beliebt) sind Angewohnheiten, die leider Schlafprobleme fördern und werden daher auch konsequent bei der Behandlung abgesetzt, ähnlich wie ein Medikament, von dem man abhängig ist. Dies geht nicht von heute auf morgen und sicher nicht ohne Protest, doch es ist leider oft der einzige Weg, solche ungünstigen Verknüfpungen zwischen Schlaf und Reiz wieder los zu werden. 2. Es besteht ein Interaktionproblem zwischen Ihnen und Ihrem Kind. In diesem Fall geht es darum, dass ein Kind im Alter Ihrer Tochter natürlich alle Bereiche des lebens als Testfeld nimmt, dazu gehört auch das Einschlafen. Hier wird dann ausprobiert, was geht und was eben nicht. Wenn Ihre Tochter öfter die Erfahrung gemacht hat, dass sie aufstehen und spielen kann, dann ist es natürlich sehr reizvoll, dies wieder einzufordern. As eltern ist es oft dann nicht leicht, entsprechende Grenzen zu setzen und das Thema Schlaf nicht zum Dauerstressor werden zu lassen. Auch hier hilft wie oben nur ein langer Atem und sehr viel Konsequenz (nicht Härte). In beiden Fällen sind Änderungen erst nach ca. 14 Tagen zu erwarten, d.h. also durchhalten, durchhalten, durchhalten. Das ganze System Schalf ist hochkomplex und halt etwas träge und auch das Abgewöhnen erlernter verhaltensweisen braucht einfach Zeit. Wenn es in der Vergangenheit nicht so geklappt hat, prüfen Sie mal kritisch, ob sie wirklich so lange jeden tag aufs gleiche eine Prozedur durchgehalten haben. Oft ist an nämlich so mürbe, dass man doch irgendwie einknickt. Konkret: 1) Machen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Partner einen Plan und stimmen sie sich gut ab. 2) sorgen Sie für Entlastung, wo es nur geht, denn diese zwei Wochen werden anstrengend und das Problem zunächst verschlimmern. Jede Änderung sorgt erstmal für Verunsicherung. Jedes neu muss erstmal vertraut werden. 3) Lassen Sie das Hörbuch weg und lesen lieber vor. Kontrollieren Sie allgemein die Schlafhygiene (Ruhe, richtige Temperatur, keine Spielsachen im Bett, Schlaflicht ok, aber sonst wenig Reize, dunkler Raum) 4) Bringen Sie Ihre Tochter, wenn Sie zu Ihnen kommt, ruhig und ohne viel Gerede wieder ins Bett ("es ist alles ok, es ist jetzt Schlafenszeit. Mama und Papa sind ja da") und das immer und immer wieder. Kein Schimpfen, Drohen oder Diskutieren, auch wenn Sie ärgerlich sind. Aber auch kein Bespaßen oder aufwendige Aktionen. 5) Wenn Sie im Bett liegt und nach Ihnen brüllt gehen Sie kurz hin, beruhigen Sie sie (ohne viele Worte) und legen sie dann wieder hin. usw. usw. Eventuell macht es Sinn, dass sie in der ersten Phase einfach auf einem Stuhl / oder Matratze neben dem Bett sitzen bleiben und dass dann schrittweise abgewöhnen. So müssen Sie nicht immer aufstehen, was vielleicht nerenschonender für alle ist. Wichtig ist: wenig Aktion, viel Ruhe! Wenn das gut klappt, loben Sie Ihre Tochter unbedingt (Prima, du bist ganz allein wieder eingeschlafen. Du bist ja schon richtig groß!), tadeln Sie sie aber nicht, wenn es nicht klappt. Lassen Sie es einfach unkommentiert. Es ist kein böser Wille! Es ist wirklich meistens kein Hexenwerk erforderlich, doch eine erhebliche Anstregung. Viele Eltern scheitern daran, dass sie zu früh aufgeben und oder aber unausgesprochen und vielleicht auch gar nicht so bewusste eigene Ängste haben, die mit der Schlafsituation im Zusammenhang stehen. Hier geht es eher darum, es einem Kind auch wirklich zuzutrauen, dass es mit den Veränderungen klar kommt und, das man selbst sein elterliches Verhalten für angemessen und richtig hält. Gerade Letzters ist oft schwierig, das bei chronisch unruhigen Kinder eben oft das Gefühl ensteht, man hätte als Eltern versagt. Es wird so oder so kein einfacher, doch aus meiner Erfahrung heraus ein durchaus lohnender Weg für alle. ich drücke Ihnen dagür die Daumen und wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 22.09.2015


Antwort auf: Wie beim Schlafen helfen?

Ich danke Ihnen sehr für die Antwort! Es gibt also kein Hörspiel mehr und kein aus dem Kinderzimmer heraus gehen. Meine Bedenken sind dabei irgendwie, dass ich unserer Bindung irgendwie schaden könnte. Aber so oder so - es muss sich was ändern. Meine Kräfte sind mehr als aufgebraucht. Ich bin in 2 Jahren schon 10 gealtert. Und diese 2 Wochen werde ich sicher auch noch schaffen. Ich hoffe es so. Muss ich mir Gedanken machen weil wir uns gerade in der Eingewöhnung in der Kita befinden? In ihrem Zimmer steht ein Schaukelstuhl. Auf den werde ich mich einfach setzen und lesen. Das lenkt mich etwas vom Geschrei ab. Ich nehme sie ja nicht auf den Arm, richtig? Also, sie soll im Bett bleiben, korrekt? Ich danke Ihnen wirklich sehr. So einen konkreten Plan erhielt ich bisher nicht.

von Tina8855 am 22.09.2015, 21:57