Viele THEMEN ;)

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Viele THEMEN ;)

Liebe Fr. DR. BENTZ, unser Kind ist war zwar definitiv kein Schreibaby, ich möchte mir aber trotzdem Rat von Ihnen holen, da Sie sehr kompetent antworten und ich durch ihre Antworten schon Vieles besser verstehen und nachvollziehen kann. DANKE dafür. Dazu antworten Sie stets mit sehr viel Herz und das ist in einer verzweifelten Situation bestimmt hilfreich. 1) Unser Kind (bald 2 Jahre alt) stellt uns einiges auf den Kopf. Er hat täglich Wutanfälle und beruhigt sich dann nur sehr schwer, klammert sich dann an mich. Auslöser für seine Wutanfälle: Kleinigkeiten, ein Nein oder weil er nicht weiß, was er will. Manchmal verstehe ich nicht, was er sagt, weil er oft eigene Wortkreationen hat, die ich nicht erkenne und dann wird er sehr wütend, wenn ich darauf nicht eingehen kann. Wie können wir damit umgehen bzw. wie kann er sich leichter beruhigen? Im Moment kann so eine wütende Phase durchaus 30 min dauern, manchmal setze ich ihn dann einfach auf den Teppich und gehe weg, bevor ich zu schimpfen beginnen würde. Dann läuft er mir aber nach und klammert sich an meinen Fuß. Wie geht man am besten um damit? 2) Tom schubst andere Kinder aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Das kann sehr stressig werden für mich. Manchmal lacht er auch dabei und wenn ich dann mit ihm schimpfe beginnt er fürchterlich zu weinen. Er verträgt kein Nein. 3) Tom kann sich nur schwer bis gar nicht alleine beschäftigen. Kochen - ein Ding der Unmöglichkeit neben ihm, außer ich halte ihn auf dem einen Arm und schaffe es einhändig etwas zu erwärmen. TV funktioniert bestens, aber ich bin kein Fan davon ihn täglich vor die Glotze zu setzen, wobei ich es manchmal zulasse, wenn mir die Energie ausgeht oder ich kochen will. Nie aber dann, wenn er TV verlangt, sondern nur dann, wenn ich Auszeit brauche und Tom mich nichts in Ruhe machen lässt. 4) Unzufriedenes Kind - Tom ist meistens unzufrieden und ist es gewöhnt dauernd von uns bespaßt zu werden. Er quengelt oft und hat hohe Erwartungen an uns als Animateur-Eltern. Wenn wir dann Action bieten, lacht er ohne Ende und hat ein derartig mitreißendes, süßes Lachen, dass ich gar nicht genug davon bekommen kann, aber im großen und ganzen wird uns immer mehr bewusst, dass wir unser Kind nicht andauernd bespaßen wollen. Wie können wir einen Schritt zurück gehen? Wir haben unserem Kind sehr viel beigebracht und im Vergleich zu anderen, ist er wirklich herausragend intelligent und kann sehr viel - manchmal wünschte ich aber, er würde etwas weniger können und dafür mal 5 min alleine spielen oder zumindest zufrieden sein. 5) Ich liebe mein Kind über alles, aber ich würde Tom trotzdem als anstrengend bezeichnen und empfinde das Arbeiten gehen (ich bin Professorin an einem Gym) als easier going als mit meinem Kind zuhause zu sein. Unser Kind kann mich wirklich sehr stressen. Das ständige Quengeln macht mir schon Magenschmerzen. Und ich mag gar nicht mehr Erklärungen dafür finden - Zähne, Schnupfen, vielleicht Blähungen... Ich denke, wir müssen nun einen Schritt zurück gehen... aber wie? Tom hat sich an viele Annehmlichkeiten gewöhnt und weiß, dass er mit seinen Wutanfällen erreichen kann, dass man bei ihm bleibt bzw. mit Quengeln, dass man ihn dauerbeschäftigt. Aufstehen ist ein NO GO für mein Kind. 6) Zu all dem ist Tom unruhig - auch in der Nacht. Er ist im Bett wie ein Ringelspiel... er dreht sich hin/her.. manchmal schreit er auch im Schlaf und man kann ihm nicht helfen (dauert oft 20-30 min) und dann schläft er wieder erschöpft ein. Ich bin nun mit dem zweiten Kind schwanger und frage mich, wie ich das schaffen könnte mit zwei fordernden Kindern und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Tom nun zu mehr Selbstständigkeit erziehen möchten. Aber wo beginne ich? Ist es schon zu spät? Haben sie viele einen Buchtipp? Sämtliche Bücher von Jasper Juuls habe ich gelesen... Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Abend und bitte lassen Sie Antworten weg, wenn Sie den Rahmen sprengen. DANKE, mfg und einen schönen Abend, Closed ;)

von closed am 08.09.2015, 21:04


Antwort auf: Viele THEMEN ;)

Liebe Closed, zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Schangerschaft und danke für das Lob - es freut mich, dass Ihnen das Forum gefällt! In Ihrem Berich können sich sicher viele Eltern wiederfinden! Die anstehende Geburts eines weiteren Kindes ist häufig so ein Punkt, an dem Eltern sagen, so geht es nicht weiter. Das ist mit einem Baby einfach nicht mehr zu schaffen. Einserseits stimmt es natürlich auch, dass ein weiteres Kind mehr Aufwand bedeutet. Was jedoch häufig vergessen wird, ist dass durch die Geburt auch einige Dinge erleichtert werden können. Ich meine dabei nicht nur das gemeinsame Spielen, was bei Geschwisterkindern igrndwann kommt. Durch die Geburt erweitert sich das ganze Familiensystem und damit auch die Rolle Ihres kleinen Großen. Sie dagegen müssten Ihre Aufmerksamkeit teilen und Ihre Ressourcen bündeln, da wird vieles einfach reduzierter, klarer und pragmatischer. Für Sie beide kann das eine Chance sein - Ihnen wird ein wenig Loslassen leichter fallen und ihr Sohn kann sich abseits von permantenter non-stopp Aufmerksamkeit auch eher die Chance, sich freier zu entwickeln - selbst wenn er das natürlich nicht so betrachtet (-; Ich denke, ein Großteil Ihrer Mühen beruhen zum einen auf der Sorge, Ihrem Kind nicht gerecht zu werden, es unglücklich zu machen. Wenn Sie zudem Juul gelesen haben, sind Ihre Ansprüche an die Erziehung ja auch nicht gerade klein. Das alles ist auch ok, doch sollte Ihnen bewusst sein, dass Sie sich so auch eine Realität schaffen können, die immer nur Augenmerk auf die "schwierigen" Aspekte legt, anstatt sich an den "unkomlizierten" Dingen auszureichten. D.h. manchmal kann man die "Kompliziertheit" eines Kindes auch dadurch fördern, dass man dieser "Kompliziertheit" eben sehr viel Aufmerksamkeit schenkt. Der zweite Grund, warum Sie sich so abmühen, sehe ich in dem Missverständnis, dass Sie jammern, trotzen und quengeln, als ein Zeichen von Unzufriedenheit interpretieren. Unzufriedenheit setzt aber voraus, dass wir genau wissen, was wir wollen. Ihrem Sohn geht es jedoch nur in einigen Fällen tatsächlich darum, etwas Konkretes zu wollen (Eis haben etc.), in vielen anderen Fällen allerdings eher darum, dass er eine Orietierung braucht (ist das jetzt ok, Hilfe, was fühle ich da, was soll ich machen, was wird von mir erwartet). Es geht vielen Eltern so wie Ihnen. Dieses "Überbehüten" führt aber in die Falle, dass das Quengeln ständig durch Versuche, es dem Kind recht zu machen, stabilisiert, eben weil es funktioniert und die Alternativen noch nicht gelernt wurden. Auch dies führt uns dann wieder an den Punkt, dass die Aufmerksamkeit wieder auf Dingen beruht, die als anstregend, schwierig und belastend erlebt werden. Ein natürlicher, unverkrampfter Umgang mit dem Kind wird dadurch sehr erschwert und natürlich merkt Ihr Kind genau, wo Ihre roten Alarmknöpfe sind. Was also tun? Aus meiner Sicht zeigt Ihr Kind vom Grunde altersangemessenes Verhalten, wenngleich vielleicht auch eher am oberern Ende der "Temperamentsskala". Die Wucht der Ausbrüche ist z.T. sicher dadurch bedingt, dass Ihr Kind schon sehr weit ist, doch ihm die emotionale Reife einfach fehlt. D.h. in gewissen Situationen kann er einfach noch nichts mit sich anfangen, fühlt sich von seinen Emotionen überrollt. Es fehlt im einfach die Erfahrung, dass a) nicht Schlimmes passiert, wenn man wütend ist b) dass er das Gefühl aushalten kann c) das es wieder weg geht auch Hilfe von Mama und Papa d) das es Alterantiven gibt, zu Schreien, Toben, Kratzen etc. Im Machen dieser Erfahrungen können Sie ihn unterstützen, indem Sie ihn eben auch frustrierende Erlebnisse (Langweile, nicht 100% Aufmerksamkeit haben, etwas nicht bekommen, dürfen etc) zumuten! Es passiert nicht Schlimmes und genau das können Sie ihm durch Ruhe, Konseuquenz und Klarheit signaliseren (Sie machen das ja auch schon toll bei Wutanfällen). S Wenn es Ihnen sehr schwer fällt, das auszuhalten, könnte das ein weiterer Ansatzpunkt sein. Vielleicht haben Sie auch das Gefühl, negative Emotionen sind etwas schlechtes, sind nicht aushaltbar und müssen daher unterdrückt werden. Vielleicht gab es Erfahrungen in Ihrer Kindheit, die Ihnen gezeigt haben, das Wut etwas ganz Schlimmes ist? Oder Sie wurden oft nicht gehört und wahrgenommen und möchten dies Ihrem Kind ersparen? Das wäre dann Rucksäcke, die unser Eltersein erschweren können und es ist gut, sich dieser bewusst zu sein. Das alles wird nicht von jetzt auf gleich wirken, sondern ist ein Prozess, der sich durch die gesamte Kindheit ziehen wird. Fall Sie noch mal was Lesen wollen, finde ich die Bücher von Jan-Uwe Rogge zum Thema Trotz und Jungserziehung sehr gut.. So, ich werde jetzt in die Kita gehen und mal wieder eine "superböse Blödmama"sein, weil ich darauf bestehe, dass mein Großer Schuhe anzieht für den Weg nach Hause. Sie sehen, auch die sogen. Experten kämpfen mit ähnlichen Dingen (-; Alles Gute auch für die anstehende Geburt! Herzlichst Ihre Meike Betz

von Dr. Meike Bentz am 10.09.2015


Antwort auf: Viele THEMEN ;)

Vielen lieben DANK, Sie sind ein Hit!

von closed am 13.09.2015, 09:32


Antwort auf: Viele THEMEN ;)

so ein Mist, ich kann mit Komplimenten gar nicht umgehen....(-; Aber ich freue mich doch sehr über sie! Danke!

von Dr. Meike Bentz am 15.09.2015