Verhalten Kleinkind

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Verhalten Kleinkind

Hallo Fr. Dr. Bentz, da ich immer wieder gerne in diesen Foren stöbere und mich einfach noch ein paar Fragen bezüglich meines fast 3-jährigen Sohnes beschäftigen finde ich es super, dass es dieses Forum "Schreibaby" gibt. Ich hoffe von Ihnen ein paar Antworten auf meine Fragen zu bekommen bzw. meine Unsicherheit/schlechtes Gewissen etwas zu beseitigen. Also mein Sohn wird im September 3. Er ist der mittlere. Er hat noch eine größere Schwester die ist 5 (sehr ruhig) und eine kleinere Schwester die ist 8 Monate. Nun zu ihm: Als Baby war er sehr schreckhaft, fremdelte bereits mit 3 Monaten, konnte sich teilweise auch etwas hineinsteigern, hatte da schon ein lautes Organ. War das 1 Jahr ein totaler Mama-Sohn. Konnte aber auch total strahlen und laut lachen. Jedoch als er fast 1 Jahr alt war stellten wir bei ihm einen Überbiss (ca 1 cm) fest, somit riet mir der KiA seinen Kirschkernschnuller (mit recht dicken Schaft ca. 1 cm) zu ersetzen. Dies habe ich vorher bereits monatelang versucht - jedoch ohne Erfolg. Wusste, dass dieser Schnuller nicht so gut ist und habe mit ca.8 Monaten immer mehr versucht das Schnullern zu reduzieren. Was auch gut funktionierte. Tagsüber hatte er ihn zu diesem Zeitpunkt relativ wenig (es war auch Sommer und wir waren somit auch viel unterwegs). Wir versuchten es erneut, jedoch nahm er die ersten 3 Tage keinen anderen Schnuller. Und da es auch relativ gut ohne ging - dachten wir dann, eben kein Schnuller mehr. Er hat nie richtig danach geweint oder länger geschriehen. Konnten ihn auch ohne gut beruhigen. Jedoch hatte ich irgendwie immer Zweifel, ob das richtig war. Und als mich dann auch noch eine Freundin als Rabenmutter hinstellte, wars vorbei. Ich hatte bzw.habe immer noch ein total schlechtes Gewissen. Und versuchte nach ca. 5 Wochen Schnuller freier Zeit, einen anderen - und siehe da er nahm ihn. Erst war mein Mann dagegen und wir versuchten es noch ein paar Tage ohne. Aber irgendwie hat mein Sohn sich genau zu diesem Zeitpunkt verändert. War total weinerlich, anhänglich, fremdelte wieder mehr und nix lief mehr so wie´s war. (Da er auch während dieser Schnuller freien Zeit irgendwann anfing, zu weinen als wir nur das Schlafzimmer betraten (man konnte ihn zwar schnell beruhigen, schlief zu diesem Zeitpunkt immer im Elternbett und ich legte mich auch immer dazu bis er schlief) und auch zu diesem Zeitpunkt ca. 1-2 Stündlich kam (war aber auch kurz bevor wir den Schnuller weg taten schon so - dachte evtl. Zähne oder so und das gibt sich wieder) wurde es für mich relativ anstrengend. Somit entschieden wir uns wieder für einen (anderen) Schnuller. Auch die Elternzeit meines Mannes ging zu Ende, große Schwester kam in den Kindergarten, er begann auch noch zu laufen. Mit dem neuen Schnuller konnte ich das nächtliche Stillen schön langsam reduzieren. Bis es dann ca. mit 1,5 Jahre ohne ging. Jedoch das weinerliche blieb und ging dann auch noch ins jammern über - was bis heute auch so blieb. Man konnte ihm kaum etwas recht machen. Es ist zwar schon besser, aber naja. Auch den Schnuller forderte er nach geraumer Zeit dann ständig. Es war echt schwer diesen von ihm zu entfernen :-) Was uns hald aufgefallen ist, war bzw. ist das jammern hauptsächlich nur bei mir und auch den Schnuller forderte er nur bei mir. Jetzt habe ich diesen Schnuller nur noch ins Bett verbannt, da er mehr störte als er tagsüber brachte. Nun meine Fragen: - Habe ich bei meinem Sohn mit der Wegnahme des Schnullers damals wirklich einen Schaden (wenn man das so nennen kann) angerichtet bzw. total verunsichert? Aber warum kam dann die Veränderung erst nach geraumer Zeit? - Kann es sein, dass er mit dem Neuen Schnuller nicht so zufrieden war oder wäre er mit dem alten zufriedener gewesen? - Klammerte er deswegen so am neuen Schnuller? Vielleicht klingen die Fragen für Sie etwas doof, aber mich beschäftigt dies leider noch. Er hat sich eben zu diesem Zeitpunkt total verändert. Oder lag es evtl. nur an meiner Unsicherheit bzw. meinem schlechten Gewissen oder an Einfach der Zeit? Mir kommt auch vor, dass sich unsere Beziehung zueinander verändert hat. Momentan ist er ein recht offener, lustiger Junge wenn wir unterwegs sind. Will auch ohne mich bei Oma und Opa bleiben. Schnuppertag im Kiga verlief super (ohne mich) Jedoch bei Mama wird gejammert, provoziert und ausgetestet. Er ist auch nicht so gern zu Hause, möchte immer nur unterwegs sein. Auch wenn wir Besuch haben, macht er den Pausenclown und dann wird auch schneller protestiert wenn was nicht passt. Achja er spricht den ganzen Tag ohne Punkt und Komma (Also er kann sich ausdrücken, doch oft schnell mal weinerlich). Ist auch allg. recht laut. Reden konnte er relativ schnell und gut. Was kann ich tun, damit sich die Situation wieder etwas entspannt? Oder hat er sich das Verhalten schon so angewöhnt. Bin eigentlich recht konsequent, aber im Moment viel am Schimpfen und am "wenn, dann" sagen. Jetzt wurde es doch recht lang. Vielen Dank fürs Durchlesen und jetzt schonmal für Ihre Hilfe. Gruß

von Andrea E. am 22.07.2015, 22:23


Antwort auf: Verhalten Kleinkind

Liebe Andrea! zunächst: für mich gibt es kleinen doofen Fragen! Sie machen sich über etwas Sorgen und ob dies nun Ungewöhnlich ist oder nicht, ist mir nicht wichtig. Kinder stellen uns vor viele Probleme und manche sind eben auch spezieller Natur! Dennoch würde ich mir an Ihrer Stelle überhaupt keine Sorgen machen, dass Sie einen psychischen Schaden durch die Schnullergeschichte ausgelöst haben. Sie haben sich versunsichern lassen und sind dann ein wenig inkonsequent geblieben, was m.M. nach nicht notwendig gewesen wäre. Doch außer, dass Sie dann mehr Arbeit mit dem Abgewöhnen hatten, ist sicher nichts passiert! Auch was Sie sonst beschreiben, finde ich nicht besorgniserregend! Ihre erste Tochter ist sehr ruhig, da kann so ein quirrliger kleiner Bruder dann einfach sehr stark im Kontrast stehen. Als Eltern kann man dann oft den Eindruck gewinnen, etwas laufe falsch oder man mache Fehler. So banal es jedoch klingt: Kinder sind einfach unterschiedlich, auch Geschwister. Außerdem ist es richtig, was Sie beschreiben: Ihr Verhältnis ändert sich: Muss es ja auch, denn mit fast Drei entwickelt Ihr Sohn ganz andere Bedürfnisse an Autonomie. D.H. sowohl Ihre als auch seine Rolle ändert sich und in diesem Alter halt extrem. Austesten, Wutanfälle und Trotz sind daher ein Zeichen einer gesunden Entwicklung - auch wenn sie zugegebenermaßen ziemlich nervig sein können. Auch hier gibt es im "Ausleben" natürlich Unterschiede: von eher Schmollen zu offenen Rabaukentum ist alles möglich. Bei Jugen spielen zudem auch die Hormone in dem Alter ein wenig verrückt, was als sogen. Kleinkindpubertät bezeichnet wird. Zudem kommen jetzt auch viele externe Veränderungen auf ihn zu: Konkurrenz im Haus, der Besuch eines Kindergartens, Ende der Elternzeit Ihres Mannes - das ist eine Menge. Und auch wenn er sich gut und verständlich ausdrücken kann, heißt es nicht, dass er wirklich alles emotional schon so versteht und dann eben reagiert, wie ein Dreijähriger obwohl er vielleicht spricht wie ein Fünfjähriger. Wichtig finde ich nur darauf zu achten, dass wir Eltern uns durch Wutanfälle, Schreien oder auch Nörgeln nicht lenken lassen, sonst verfestigt sich das Verhalten. Protest und Konflikt gehört zu einer guten Erziehung und es ist kein Zeichen mangelnder Liebe, wenn wir eben nicht all das tun, was Kinder gerne wollen. Ihr Sohn nörgelt oder quengelt? Dann spiegeln Sie es ihm wieder: "Guck mal, wenn du so sprichst, ist das Nörgeln. Das stört mich. Versuch es mal nett zu sagen, dann kann ich besser zuhören" oder so ähnlich. Üben Sie es regelrecht "Wie kann man das ohne Nörgeln sagen?" Sie werden das immer und immer wieder tun, aber Dranbleiben ist hier einfach ganz entscheidend, damit auch quengelnden Kleinkindern nicht quengelnde Erwachsene werden. Wenn Ihr Kind trotz Erklärung weiter nörgelt, beginnen Sie keine Diskussion und ignorieren sein Verhalten. Umgekehrt sollten Sie ihn loben, wenn er nett und freundlich etwas fragt. Dass er trotz netten Fragens dann doch nicht immer alles bekommt, muss er ebenfalls lernen. Frustrationstoleranz ist ganz wichtig für die spätere Entwicklung! Verständnis für Wut, Ärger und Enttäuschung kann man trotzdem zeigen: "Ich verstehe, dass du dich ärgerst, aber als Mama muss ich auf dich aufpassen und daher bekommst du jetzt kein zweites Eis - das ist ungesund" Abschließend bin ich mir sicher, dass die Kita Ihrem Sohn gut tun wird! Hier kann er nochmals sich in anderen Rollen erleben und natürlich auch kräftig austoben, Gleichzeitig bietet die Kita viel Struktur und klare Regeln, was gerade unruhige Kinder oft entspannt. Auch hier wäre es übrigens sehr normal, dass er pflegeleichter als bei Ihnen ist - sind sind schließlich seine Mama! Sie sind für ihn viel wichtiger als andere, mit ihnen will er sich reiben, von Ihnen braucht er Orientierung und zu Ihnen hat er so großes Vertrauen, dass er Wut, Frust und Ärger überhaupt zeigt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch viel Spaß mit Ihrer Bande! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 23.07.2015