Stetiges aufwachen nachts

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Stetiges aufwachen nachts

Hallo ich habe nochmal eine frage: ich habe vor ein paar Wochen abgestillt, da mein Sohn (11Monate ) jede Stunde aufgewacht ist und an die brust wollte, das hat soweit gut geklappt. Wir hatten sogar zwei Nächte in denen er fast durchgeschlafen hatte ohne das wir dabei lagen, er schläft im familienbett. Allerdings waren danach die Nächte wieder grausam, er wacht ständig auf und kreischt wie am Spieß, wie soll man denn darauf reagieren? Wir machen nichts um ihn groß aufzuwecken, er wacht aber fast wieder stündlich auf und jetzt kann niemand mehr schlafen. Wann werden regulationsstörungen besser? Zahnen oder sonst was hat er auch gerade nicht.... lg

von Mailo2016 am 29.07.2016, 10:23


Antwort auf: Stetiges aufwachen nachts

Liebe Mailo2016 herrje, das klingt wirklich sehr anstrengend, und zwar für alle Beteiligten. Ich weiß nicht, woher die Diagnose „Regulationsstörungen“ kommt, doch wenn ein Kind wirklich eine Regulationsstörung hat (was ich hier gar nicht beurteilen kann), so muss ich leider sagen, dass sich diese nicht automatisch einfach bessert. Echte Regulationsstörungen bedürfen einer Behandlung, denn man weiß aus Langzeitstudien ziemlich gut, dass sie ansonsten die Tendenz haben sich zu verfestigen und auf andere Lebensbereiche (z.B. Essen, Spielen, Exploration etc.) auszuweiten. Natürlich ist es richtig, Kinder nicht vorzeitig zu stigmatisieren, denn zu schnell wird aus einer Diagnose eine sich selbst-erfüllende Prophezeiung. Andererseits ist es wichtig, bei entsprechenden Entwicklungsverzögerung rechtzeitig einzugreifen, denn je schneller ein Problem erkannt wird, desto übersichtlicher sind die Probleme, desto einfacher die Maßnahmen und desto günstiger die Prognose. Nach einem langen Leidensweg sind die Schwierigkeiten so verstrickt, haben sich so viele ungünstige Interaktionsmuster eingeschlichen, und sind die Ressourcen der Eltern bereits so erschöpft, dass Änderungen weitaus schwieriger sind. Mein wichtigster Rat ist deshalb, Ihr Kind einmal in einer spezialisierten Einrichtung vor Ort vorzustellen. Das kann eine Schreiambulanz sein, ein Sozialpädiatrisches Zentrum, ein Früherkennungszentrum oder auch ein Schlaflabor. Ich will Ihnen keine Angst machen, vielleicht kommt nur heraus, dass eigentlich alles in Ordnung ist, und Ihr Kind nur noch ein wenig mehr Zeit und vielleicht die ein oder andere Änderung im Tagesverlauf braucht. Doch ohne eine genaue Diagnostik tappen Sie im Dunkeln, und mit elf Monaten ist Ihr Kind einfach zu alt, um nur abzuwarten und auf den Faktor Zeit zu setzen. Damit meine ich keineswegs, dass Ihr Kind durchschlafen muss. Ich gehe aber auch gar nicht davon aus, dass Sie dies erwarten. Mit dauerhaft stündliche Unterbrechungen des Nachtschlafs sind Sie davon jedoch weit entfern, und das können und sollten nichtdauerhaft hingenommen werden. Natürlich könnte eine Maßnahme sein, nochmal den Schlafbedarf zu ermitteln und dann ggf. die Schlafenszeiten anzupassen. Viele hartnäckige Durchschlafprobleme entstehen dadurch, dass die Bettzeiten nicht zum Schlafbedarf eines Kindes passen (also zu viel oder zu wenig), oder noch kein Rhythmus bzw. ein ungünstiger Rhythmus etabliert wurde. Wiederum andere existieren, weil bestimmte elterliche Einschlafhilfen benötigt werden, die beim Wegfall zum Erwachen führen. Dann gibt es noch organische Ursachen und Risikofaktoren beim Kind und bei den Eltern. Meist jedoch ist es eine Mischung von alldem, wobei man gar nicht sagen kann, was Ursache und was Folge war. Das beste Programm nützt nichts, wenn ein Kind aufgrund irgendwelcher organischen Probleme nicht schlafen kann (und das sind nicht immer nur Zähne, sondern auch komplexere Dinge), und auch Sie als Eltern können sich abmühen wie Sie wollen, wenn Sie nicht an den richtigen Punkten ansetzen. Möglicherweise ist tatsächlich ein Umquartieren in das eigene Bett / Zimmer für Sie eine gute Lösung, denn nicht für alle Kinder /ist das Familienbett eine gute Lösung. Manche haben eine sehr niedrige Reizschwelle und werden schon von den kleinsten Kleinigkeiten gestört. Wenn Ihr Kind so ein „Sensibelchen“ ist, und stark auf Reize reagiert, spräche das dafür, doch auch hier kann ich aus der Ferne nur vermuten. Auch für Sie ist denke ich eine genauere Abklärung wichtig, denn natürlich ist es leichter, ruhig und gelassen zu bleiben, wenn man weiß, dass dem Kind eigentlich nichts fehlt, und es nur noch einen Stups in die richtige Richtung braucht. Zusammengefasst würde ich Ihnen also empfehlen, sich mit diesen doch recht massiven Schlafstörungen an Kollegen vor Ort zu wenden, ganz nach dem Motto „lieber einmal zu viel als zu wenig.“ Leiden Sie nicht länger als nötig! Das hilft werde Ihnen noch Ihrem Kind! In diesem Sinne, nur Mut und schnell gute Besserung! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 01.08.2016