schreien vor jedem schlafen Tagsüber und Nachts

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: schreien vor jedem schlafen Tagsüber und Nachts

Hallo Frau Bentz, mal wieder das leidige Thema Schlaf. Aber ich bin so langsam echt am Ende .Mein 5 1/2 Monate alter Sohn fängt jedesmal an zu weinen wenn er müde wird und das dann Stunden lang! Höhepunkt waren 4 Stunden weinen ohne Pause und es hilft dann einfach nichts mehr , kein auf den Arm nehmen, gut zureden, singen, schaukeln ob ich das bin oder der Papa er beruhigt sich einfach nicht .Das ist so vor jedem schlafen ,auch tagsüber. Wenn er dann tagsüber endlich eingeschlafen ist wacht er nach spätestens einer halben Stunde wieder auf, ist aber noch tot müde und kommt nicht wieder in den Schlaf! Nachts wird er an guten Tagen alle drei Stunden wach,an weniger guten Tagen jede Stunde. Um 22Uhr30 schläft er endlich ein dann alle 1 bis 3 Stunden wach und um 5 ist er dann wieder hellwach für den Tag. Wir haben schon etliches versucht , den Schlafplatz verändert, das er bei uns schläft, alleine, mit Musik und ohne, hell oder dunkel aber das immer über einen längeren Zeitraum hinweg um zu sehen ob es was bewirkt und das nicht zu viel hintereinander ausprobiert wird,aber nichts hat gewirkt. Die äußeren Einflüsse sind auch nicht zu sehr ,da ich schon einige Zeit nur mit ihm zuhause war und auch keinen Besuch empfangen habe um zu sehen ob er vielleicht überreizt war.Es läuft auch kein Fernseher oder Radio, Handy ist auch ausser Reichweite . Aber auch das hat leider keine Veränderung gebracht. Wenn er wach ist, ist er das glücklichste Kind überhaupt er lacht ,erzählt ,spielt , ist ein großer Entdecker und probiert alles aus. Doch wegen seiner Müdigkeit hält er meistens nur eine Stunde wach sein aus.Er bekommt jetzt Mittagsbrei (sonst Stille ich noch)und den verträgt er auch gut, kann sich schon auf den Bauch drehen und wieder zurück. Ich achte auch auf Müdigkeitszeichen sobald ich diese bemerke lege ich ihn hin aber er weint trotzdem. Habe auch schon ein Tragetuch probiert aber auch da schreit er mit dicken Tränen sobald er kurz vor dem einschlafen ist.Ich bin jetzt nach fünf Monaten mit höchstens vier Stunden Schlaf am Tag einfach geschafft , erledigt und ausgelaugt.Warum weint mein Schatz so herzzerreißend vor jedem Schlaf? Ich wäre wirklich für jeden Rat, Tipp und für jede Hilfe dankbar.Vielleicht übersehe ich ja etwas. Tut mir leid wegen dem langen Text. Danke im Voraus. Mfg Jule

von Julee.011 am 29.08.2016, 22:09


Antwort auf: schreien vor jedem schlafen Tagsüber und Nachts

Liebe Julee! Es tut mir leid, dass das Thema Schlaf bei Ihnen wirklich ein leidiges Thema ist. Doch wie Sie hier sehen, sind Sie nicht allein. Viele junge Eltern haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen und probieren buchstäblich alles, um Ihr Kind endlich zur Ruhe zu bringen. Auch Sie haben ja schon etliche Dinge getan. Was ich schon mal sehr gut finde, ist dass Sie daraus achten, nicht zu viel und zu schnell hintereinander zu probieren, denn das ist eine häufige Falle. Dennoch „Viel“ heißt nicht nur, dass man mal diese, mal jene Methode versucht. Viel kann für ein entsprechend veranlagtes Kind eben auch bedeuten, dass es ständig in eine neue Position (Fliegergriff, linke, rechte Schulter, Gesicht nach vorn nach hinten etc.) gebracht wird, um es zu beruhigen. Auch das gilt es zu vermeiden, was wirklich nicht leicht ist. Wichtig ist, darauf zu achten, dass Sie sich nicht auf ein ähnlich hohes Erregungsniveau hochziehen lassen, wir Ihr Kind. Oft geschieht das unbemerkt und zeigt sich eben auch bei den Eltern durch körperliche Unruhe wie schnelles Umherlaufen, häufige Positionswechsel, zu heftiges Geschuckel, verkrampftes Festhalten, schnelle Atmung etc. Es gilt also, selbst zum Ruhepol zu werden, auch wenn das Kind schreit. Vielmehr als irgendeine Methode hilft es Ihrem Kind, sich an Ihnen zu orientieren. Ich empfehle daher sehr oft, schwierige Schreiphasen tagsüber im Tragetuch / der Tragehilfe zu überbrücken, damit man sich bewusster entspannen kann und nicht die Arme so verkrampft, Ohrenstöpsel und /oder Gehörschutz hilft ebenfalls vielen Eltern, denn durch das Abdämpfen der schrillen Obertöne, ist es leichter, das Schreien zu ertragen. Nachts dagegen sollte keine Stimulation durch Bewegung erfordern und das Kind wirklich hingelegt werden. Gern können Sie sich daneben legen oder auch nur eine Hand auf den Bauch legen. Dass Ihr Kind schreit, wird sich nicht immer verhindern lassen, auch wenn es einem dann wirklich das Herz zerreißt. Sich diesen Druck zu nehmen, ist daher ein wichtiger Schritt. Beruhigen ist immer ein Zustand, den wir selbst herstellen müssen, das gilt auch für Kinder. Kinder mit Regulationsschwierigkeiten brauchen dafür leider eben länger. Als Außenstehender kann man nur begleiten und unterstützen, sprich den Aus-Knopf muss jedes Kind selbst finden. Es ist daher wichtig, dass Sie den Unterschied zwischen „Schreien lassen“ und „Schreien lassen“ verstehen. Schreien lassen wie man es früher praktizierte, sprich allein im dunklen Raum, aufm Balkon u.ä. ist sicher keine Lösung und birgt einige Risiken für die kindliche Entwicklung. Es akzeptieren, dass ein Kind, wenn es überreizt oder müde ist, schreit und dann dem Versuch wiederstehen, es abzulenken, ist eine völlig andere Sache. Möglicherweise haben Sie ein Kind, was sehr schnell überreizt, (zu) spät entsprechenden Signale sendet, und sehr schnell sich in ein hohes Erregungsniveau steigert. Daran wird aber auch leider keine Methode etwas ändern, hier spielen einfach auch neurobiologische Prozesse und allgemein der Faktor Reife eine wichtige Rolle. Das bedeutet aber nicht, dass Sie passiv bleiben sollen – im Gegen teil! Sie leisten einen wichtigen Beitrag, indem Sie regelmäßig für Pausen sorgen, einen festen Rhythmus einführen und für gewohnte widerkehrende Abläufe sorgen. Ihre Aufgabe ist also nicht, das Schreien abzustellen, sondern den Bedürfnissen Ihres Kindes an mehr Hilfe bei Rhythmus, Struktur, Ruhe gerecht zu werden. Ähnlich wie Sie bei einem Kind, das eine Nahrungsmittelallergie hat, nicht das Hungergefühl überwinden müssen, sondern nur auf eine entsprechende Ernährung zu achten haben. Ansonsten kann ich immer nur empfehlen lieber einmal zu viel als zu wenig den Gang zu einem Kollegen vor Ort zu wagen. Manche Dinge lassen sich mit Unterstützung und einem neutralen Blick von außen einfach besser bewältigen, und das gilt selbst für die perfektesten, entspanntesten und ausgeruhtesten Eltern (sofern es sie denn gibt…) Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 06.09.2016


Antwort auf: schreien vor jedem schlafen Tagsüber und Nachts

P. S. Weinen lassen kann ich ihn nicht das bringe ich nicht übers Herz! Und das wäre mir auch zu gefährlich da er sich manchmal so reinsteigert in das weinen das er spuckt und sich verschluckt! (Es ist von Anfang an ein Spuckkind ,über den ganzen Tag verteilt) Das einzige was einigermaßen hilft ist der Kinderwagen, da dauert es nur eine Stunde bis er schläft, aber nur wenn der Kinderwagen sich auch bewegt! Mit abstellen ist da nichts! Also gehe ich jetzt auch sogar schon ,damit es für ihn wenigstens ein bisschen stressfreier ist , nachts mit dem Kinderwagen durch die Stadt. Mfg Jule

von Julee.011 am 29.08.2016, 22:17


Antwort auf: schreien vor jedem schlafen Tagsüber und Nachts

Hallo liebe Julee, Meine kleine Tochter ist jetzt 4 Monate alt und wir haben das gleiche Problem. Also du bist schonmal nicht alleine. Ich habe die Erfahrung gemacht dass meine kleine viel besser und schneller schläft, tags wie auch nachts, wenn am Tag viel los war. Komisch, da man denkt es sei anders und Reizüberflutung und so, aber bei meiner Tochter funktioniert das irgendwie. Ich trage sie viel in der Bauchtrage draußen rum damit sie viel sieht. Gehe mit ihr im Einkaufszentrum spazieren. In eine Krabbelgruppe. Sie braucht immer Trubel. Vllt ist es bei deinem kleinen auch so?

von TinaundLynn am 30.08.2016, 15:28


Antwort auf: schreien vor jedem schlafen Tagsüber und Nachts

Hallo Frau Bentz, Vielen Dank für ihre Antwort und ihre Ratschläge . Schade das sie hier aufhören, denn ihre Antworten die ich hier gelesen habe sind und waren immer sehr hilfreich und einfühlsam. Denn leider wird man mit solch einer Situation nicht immer verstanden oder als unfähig oder schlechte Eltern hin gestellt, doch sie sind damit vertraut und machen einem Mut und schaffen Erleichterung! Danke für ihre Mühe und auch ihnen für die Zukunft alles erdenklich Gute. Mfg Jule

von Julee.011 am 06.09.2016, 21:52