Nachfrage Baby schläft nicht ein und wacht ständig auf

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Nachfrage Baby schläft nicht ein und wacht ständig auf

Hallo Frau Dr. Bentz, erst einmal vielen Dank für ihre ausführliche Antwort, die mir Mut macht und schon sehr weiter geholfen hat. Ich hätte noch eine Nachfrage dazu: Leider akzeptiert unsere Tochter seit ein paar Wochen den Kinderwagen nicht mehr und schreit sich regelrecht ein darin. Das Tragetuch lässt sie manchmal zu, aber maximal für eine halbe Stunde. Die beiden Dinge fallen also aus, um unsere Tochter tagsüber zum schlafen zu bekommen. Wäre es denn in Ordnung, ihr tagsüber die Federwiege zu lassen und sie nur abends von Bewegungsreizen zum einschlafen zu entwöhnen? Und wie könnte diese Entwöhnung aussehen? Ins Elternbett mit Begrenzung, eventuell gepuckt legen und sie streicheln? Was soll ich tun, wenn sie sich "einschreit" ? Das tut sie leider t immer schnell.... Konsequent bleiben? Ohne Bewegungsreize? Schade ich damit nicht ihrem Urvertrauen in mich? Diese Sorge ist der einzige Grund warum ich noch nicht versucht habe sie abends so ins Bett zu bringen. Versuche auch seit ein paar Tagen die örtliche Schreiambulanz telefonisch zu erreichen, leider bisher ohne Erfolg. Ich bleibe aber dran! Vielleicht können Sie mir bis dahin noch einmal weiterhelfen. Herzliche Grüße, Lifie

von Lifie am 20.01.2016, 13:22


Antwort auf: Nachfrage Baby schläft nicht ein und wacht ständig auf

Liebe Lifie, es freut mich, dass ich Ihnen etwas Mut machen konnte! Ich hoffe, Sie konnten Ihre Schreiambulanz erreichen, denn es ist sicher eine gute Idee, hier nochmal sich persönlich beraten zu lassen. Vielleicht bietet Ihre Schreiambulanz ja auch Hausbesuche oder Videoanalysen an, dann können Sie die kritischen Situationen wie ins Bett bringen mal genauer angehen. Ansonsten finde ich es aus fachlicher Sicht durchaus eine sinnvolle und akzeptable Möglichkeit, dass Sie mittags ein anderes Programm fahren als abend. Meiner Erfahrung nach profitieren viele Kinder sogar davon, und es fällt Ihnen leichter in einem stabilen Tag- /Nachtrhythmus zu kommen und liefert nochmal eindeutige Signale. Was das abendliche Entwöhnen betrifft, so gibt es keinen Königsweg! Entwöhnen beduetet immer auch Entzug, egal wie sanft man vorgeht. Das heißt eine Lösung gänzlich ohne Protest wird es nicht geben, es sei denn man vertraut auf die Entwicklung und greift nicht ein. Was das Urvetrauen bzw. Bindung betrifft, so hätte ich keine allzu großen Sorgen, sofern Sie Ihrem Kind weiterhin zeigen, dass nichts Schlimmes passiert und Sie bei ihm sind. Ich favorisiere bei jüngeren Kindern daher auch die Methode des begleitenden Schreiens, sofern sich Eltern das zutrauen ( es kann ziemlich nervenaufreibend sein und bei vielen Eltern auch aggressive Impulse wecken) und insgesamt noch genügend Ressourcen vorhanden sind. D.h. wenn Ihre Tochter positiv aufs Pucken bzw. Begrenzung reagiert, machen Sie das und legen oder setzen Sie sich neben Sie und bleiben Sie dabei! Wenn sich Ihre Kleine einschreit, versuchen Sie möglichst wenig einzugreifen: Mit der Hand die Wange streicheln beruhigt nachweislich (auch bei uns Erwachsenen sinnkt dann der Blutdruck und Puls), ansonsten ruhig und leise schschsch oder " ich bin da. Alles gut! u.Ä. Das reicht! Schreien ist zwar anstrengend und sicher fühlt sich Ihr Baby unwohl, doch Sie dürfen nicht vergessen, dass man die Dramatik des Schreiens nicht mit Erwachsenenaugen betrachten kann. Wenn Sie so schreien würden, wäre eine echte Notlage da, doch Babys haben nun mal keinen anderes Ausdrucksmittel. Wichtig ist eben, dass Ihr Baby durch den Stress begleitet wird und so angstfrei lernt, wie es auch anders geht. Grundsätzlich ist es weder möglich, noch sinnvoll, als Eltern das Ziel zu haben, ein Kind von allen Belastungen, Stress und Herausforderungen fern zu halten. Natürlich muss man gerade sehr junge Kinder noch sehr behüten, doch auch ihnen kann man - dem Alter entsprechend schon etwas zutrauen - zumal , wie in Ihrem Fall, die bisherige Alternative ja auch nicht gerade stressfrei ist. Fragen Sie sich daher auch mal, welche Befürchtungen Sie vielleicht daran hindern, Ihre Teufelskreise zu durchbrechen, denn es ist Ihnen ja bewusst, dass es so nicht gut ist. Letztendlich ist DAS entscheidend und kein Lehrbuch, denn dieses Unbehagen ist ja nichts anderes als intuitive Elternkompetenz , die nichts anderes sagt als "Das ist es nicht, was mein Kind braucht, Wir sind in einer Sackgasse". Also: warum handeln Sie so? Ist es Erschöpfung, sind Sie einfach mürbe geworden, fehlt ein Fahrplan oder sind es Ängste wie "ich schade meinem Kind", "Mein Baby wird mich hassen, "wenn mein Kind weint, hab ich versagt". Oft sind diese Dinge viel bedeutender als ein Programm zum Ein- oder Durchschlafen. Wenn Eltern nicht überzeugt sind ("Was tue ich dir an? Ich bin eine schlechte Mutter..."), werden Sie ganu das dem Kind vermitteln, so dass tatsächlich Ängste geweckt werden können. Also: auch wenn das Svhreien Ihrer Kleine im Flus steht, sollten Sie Ihre Stimme nicht überhören! Weiterhin alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 25.01.2016