Mama wird bevorzugt

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Mama wird bevorzugt

Sehr geehrte Frau Dr. Bentz, bei meinem Anliegen dreht es sich nicht direkt um die Schreikindproblematik, jedoch um eine Frage zur (psychologischen) Entwicklung eines Babys. Deswegen denke ich, bin ich mit meiner Frage bei Ihnen dennoch richtig. Unsere Tochter ist acht Monate alt und ein wahrer Sonnenschein. Wir haben noch einen 2,5-jährigen Sohn. Das Problem ist, das unsere Tochter sehr auf mich fixiert ist. Bei guter Laune akzeptiert sie den Papa, auch die Oma und Nachbarn/Freunde von uns. Mein Mann ist viel zu Hause, arbeitet viel von zu Haus aus und kümmert sich von Beginn an viel um unsere Tochter. Natürlicherweise habe ich von Anfang an Dinge wie Ernährung und Schlafen übernommen. Mein Mann hat sich dann viel um unseren Sohn gekümmert. Aber er ist schon immer häufig auch mit beiden rausgegangen, hat oft auch die Kleine im Tragetuch. Kurz: Er ist sehr präsent und kümmert sich wirklich viel. Dennoch ist es so, dass unsere Tochter auch viel weint bei ihm. Wenn sie sieht, dass ich gehe und sie beim Papa bleibt, fängt sie an zu weinen/quengeln und hört manchmal auch nicht auf, so dass mein Mann sie dann ins Tragetuch nehmen muss, wo sie dann vielem Gemecker einfach einschläft. So wirklich mit ihr auf dem Boden toben kann er micht ihr nicht, wenn ich nicht da bin. Mit mir hingegen kann sie stundenlang auf dem Boden sitzen, spielen, an mir hochkrabbeln, mich ansabbern etc. All das ist auch mit dem Papa möglich, wenn ich da bin (wobei sie hier auch mich bevorzugt), sobald ich aber gehe, geht ncihts mehr. Das mahct meinen Mann natürlich etwas traurig. Auch würde ich gerne mehr mit meinem Sohn allein unternehmen, damit auch er etwas Mamazeit hat, ist aber schwierig, weil die Kleine beim Papa viel weint. Können Sie uns einen Rat geben? Ist das eine normale Entwicklung? Sollen wir ihren Protesten immer nachgeben oder soll der Papa sie dann auch mal weinend ins Bett bringen? Bei mir schläft sie recht gut ein. Vielen Dank für ihre Tipps, Anna

von dickemama112 am 12.07.2016, 11:00


Antwort auf: Mama wird bevorzugt

Liebe dicke mama112, es ist verständlich, dass es weder für Sie noch Ihren Mann wirklich schön ist, wenn Ihre Kleine so an Ihnen klebt. Natürlich fühlt sich Ihr Mann zurückgewiesen und Sie vielleicht auch manchmal zu sehr bedrängt und mit einem schlechten Gewissen gegenüber Ihrem Sohn konfrontiert. Doch zwei Dinge: 1) Sie gehen prima mit der Situation um. Ich hab gar nichts zu meckern! Dass es trotzdem schwierig ist heißt nicht, dass Sie auf dem Holzweg sind, sondern ist ein Zeichen dafür, dass: 2) Ihre Tochter sich vollkommen normal verhält. Mit acht Monaten kommt es bei den meisten Kindern zu vermehrten Fremdeln, was sich eben nicht immer nur auf „Fremde“ bezieht, sondern auch auf Personen innerhalb einer Familie. Missverstehen Sie dieses Verhalten daher nicht als Ablehnung bzw. Bevorzugung, sondern sehen Sie es gewissermaßen als Experimentierfeld Ihrer Tochter: Sie nimmt nun Personen, Ihre Rollen und soziale Beziehung differenzierter war. Das führt zu Unsicherheit und dem Streben nach Orientierung, einerseits sucht Sie Nähe, dann wieder Distanz. Einem so kleinen Kind fehlt dabei die emotionale Reife zu erkennen, was dieses Verhalten bei Ihnen als Eltern bewirkt. Sie will weder verletzen, noch manipulieren oder provozieren. Mit zunehmendem Alter wird sie wieder sicherer und flexibler auf unterschiedliche Personen reagieren. Das überfordert sie jetzt einfach. Sie tun einiges, um den guten Draht zum Papa zu fördern und daran würde ich nichts ändern. Es ist wichtig, dass Ihre Tochter die Erfahrung macht, dass auch Papa sich liebevoll kümmert und man auch mit Papa spielen, kuscheln und einschlafen kann etc, auch wenn dies momentan etwas auf Widerstand stößt. Gleichsam ist es wichtig, Verständnis für die Anhänglichkeit aufzubringen. Auch wenn so eine Kletterei manchmal richtig nerven mag: zum Papa zu gehen sollte keinen Strafcharakter bekommen. Oder ein großes Thema werden. Es sollte einfach Normalität sein. Wenn Sie also mal den Großen ins Bett bringen wollen oder was anderes unternehmen wollen, dass sollten Sie dies ruhig und gelassen auch tun. Doppelbotschaften wie etwa das Kind gequält anlächeln, und um des lieben Frieden willen dann doch gereizt ins Bett bringen, oder ein genervtes „dann musst du eben jetzt doch zum Papa“ wären kontraproduktiv. Das Beste was Sie dafür tun können, dass Ihre Tochter wieder sicherer und damit weniger anklammernd wird, ist ihr immer wieder Erfahrungen zu ermöglichen, dass auch der Papa für sie da ist. Davon profitieren Sie alle! Also, zusammengefasst: weiter so und viel Freunde an- und miteinander! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 14.07.2016