Kleinkind wird 3-4 Mal pro Nacht wach

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Kleinkind wird 3-4 Mal pro Nacht wach

Liebe Frau Benz, ich habe Ihren Rat schon einmal in Anspruch genommen und muss mich noch einmal an Sie wenden da ich einfach nicht mehr weiter weiß... Meine Tochter, zweieinhalb Jahre, ist ein ehemaliges Schreibaby. Mit 6 Monaten wurde es besser, seitdem gibt es einen festen Rhythmus, sie schläft alleine ein und eigentlich auch durch. Seit 3 Monaten ist der Wurm drin. Erst wurde sie 1-2 Mal schreiend wach und wurde wahnsinnig wütend, wenn ich sie "nur" im Bett getröstet und nicht auf den Arm genommen habe. Ich habe dann festgestellt, dass ihr wohl die Dunkelheit zu schaffen machte und ihr ein rosa LED-Barbapapa-Nachtlicht besorgt, dass die ganze Nacht bei ihr im Bett bleibt. Ein paar Tage war Ruhe, dann wurde es immer schlimmer... Mittlerweile wacht sie mindestens 3-4 Mal, teilweise im Viertelstunden Rhythmus auf und brüllt. Sie wütet zwar nicht mehr und lässt sich im Bett beruhigen, aber dafür bekommen wir keine 2 Stunden Schlaf mehr am Stück. Sie schläft von 19:30-07:00 Uhr (11,5h) und mittags in der Kita von 12:00-13:00 Uhr (1h) also insgesamt 12,5h. Alleine einschlafen klappt ohne Probleme: Wir singen ein Schlaflied und verlassen den Raum. Ich bin einfach am Ende meiner Kräfte und total frustriert. Ich würde sie ja nach "Jedes Kind kann schlafen lernen" Methode auch mal begleitet für einige Minuten weinen lassen, aber sie wacht ja immer nur kurz auf, lässt sich beruhigen und schläft dann wieder - kurze Zeit. Soll ich einfach nicht direkt zu ihr gehen, wenn sie weint? So geht es ja nicht weiter... : ( Mein Mann hat schon versucht, ihr eine "Ansage" zu machen. Er hat ihr also mit barscher Stimme erklärt, dass jetzt Schluss ist und Mama und Papa jetzt schlafen müssen. Manchmal war danach Ruhe, manchmal nicht. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass dies der richtige Weg ist... Zudem gibt es noch einen Zwillingsbruder, den sie mit ihrem ständigen nächtlichen Gebrüll weckt. Es ist zum Verzweifeln. Was sollen wir tun? Herzliche Grüße

von Grottenolm am 05.07.2016, 14:20


Antwort auf: Kleinkind wird 3-4 Mal pro Nacht wach

Liebe Grottenolm, ich freue mich über Ihre Treue zu diesem Forum, wobei es natürlich immer besser ist, wenn Eltern meinen Rat nicht mehr brauchen. Von daher tut es mir leid zu hören, dass nun erneut Schwierigkeiten aufgetreten sind. Tatsächlich ist es aber keine Ausnahme, dass es bei ehemalig exzessiv schreienden Säuglingen auch im Kleinkindalter hin und wieder zu Problemen kommt Die großen Schreiambulanzen sehen die Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren bis zu zehn Mal. Das Störungsbild ist halt recht komplex und das gesamte Kleinkindalter beinhaltet viele Regulations- und Anpassungserfordernissen, die bei entsprechend veranlagten Kindern und in bestimmten Situationen eben immer mal wieder kritisch sein können. Das soll allerdings nicht als "Augen-zu-und-durch!"-Parole missverstanden werden. Einfach nur abwarten wäre in Ihrem Fall sicher falsch. Panik jedoch auch. Es gilt also das richtige Maß zwischen Gelassenheit und aktivem Problemlösen zu finden. Gerade ersteres ist natürlich bei dieser Vorgeschichte nicht leicht. Ich kann daher auch die barsche Reaktion Ihres Mannes verstehen. Es ist auch ok, wenn Kinder mal mitbekommen, dass Papa oder Mama ärgerlich werden, doch andererseits ist es gerade bei „schwierigen“ Kindern wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass sich hinter dem störenden Verhalten keine böse Absicht verbirgt. Diese Kinder reagieren eben häufig sehr sensibel, sind gegenüber schon kleineren Störungen anfällig. Kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die man als Eltern eben macht, tolerieren sie weitaus weniger und erfordern so einiges mehr an Selbstreflexion, emotionaler Intelligenz und Aufmerksamkeit. Nicht umsonst gibt es viele Ratgeber zum Thema Schreibaby, Hypersensibilität, 24-h Kind, spirited child etc. Seien Sie deshalb auch gnädig mit sich und Ihrem Mann, wenn nicht alles so rund läuft. Auch wenn es nach außen nicht durch irgendwelche körperlichen Gebrechen sichtbar ist, so hat Ihr Kind und haben Sie (noch!) mit speziellen Herausforderungen und Einschränkungen zu leben. Es ist wie eine Art Handycap, wofür man als Eltern meist aber weitaus weniger Verständnis, dafür aber mehr Kritik und Schuldzuweisungen bekommt. Doch nun zu Ihrer Tochter: Wie so häufig haben Sie als Mutter die Antwort eigentlich schon mit Ihrer Frage geliefert. Ich vermute mal, dass Sie nur noch so etwas wie eine Erlaubnis von außen brauchen, Ihren gedachten Weg auch einschlagen zu dürfen. Nun, von mir aus dürfen Sie! Ihre Tochter ist ein Kleinkind und hier ist ein verhaltenstherapeutisches Vorgehen wie das Ferber-Methode etwas ganz anderes als bei einem jungen Säugling. Es fehlt ja auch nicht viel, denn das Einschlafen klappt ja und auch beim Beruhigen klappt es ja schnell. Jetzt fehlt ihr noch die Erfahrung, dass sie nachts, wenn sie erwacht, auch selbst wieder einschlafen kann. Dass sie aufwacht, ist ja durchaus normal, denn auch wir gleiten mehrfach pro Nacht rüber in Wachzustände – nur merken wir es eben meist nicht. Es ist also ok, wenn Sie zunächst abwarten, ob sie sich beruhigt und dann – sollte dies nicht der Fall sein – immer wieder nach einem Zeitplan nach ihr schauen, aber keine weiteren Hilfen geben. Das wird sicher eingangs für kurze Nächte sorgen, sollte aber bei konsequenter Durchführung dann schnell klappen. Da Ihre Tochter zudem alt genug ist, können Sie sie auch ein Belohnungssystem einführen. Wichtig ist nur, dass Sie Nächte, in denen es nicht geklappt hat, unkommentiert lassen und nur die Nächte, in denen es gut lief mit Aufmerksamkeit bedenken. Kleine Kinder wollen gefallen und wenn Sie zeigen, wie stolz Sie sind, motiviert das enorm. Zudem ist es wichtig, dass Sie eine Regel für „Notsituationen“ einführen, d.h. wenn Ihre Kleine einen Alptraum hat oder sich fürchtet, denn das Signal soll ja sein, dass Mama und Papa grundsätzlich immer da sind. So, nun ist auch meine Nacht angebrochen und ich wünsche daher weiterhin alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 10.07.2016


Antwort auf: Kleinkind wird 3-4 Mal pro Nacht wach

Liebe Frau Benz, vielen Dank für Ihre Antwort! Ich schätze Ihre Arbeit in diesem Forum sehr. Da ich weiß, dass es viele stille Mitleser gibt, die von den bereits gestellten Fragen und Antworten profitieren, möchte ich kurz eine Rückmeldung geben. Wir haben es genauso umgesetzt, wie auch Sie vorgeschlagen haben. Als meine Tochter sich nachts gemeldet hat, haben wir zunächst wenige Minuten abgewartet und sind dann zu ihr gegangen. Dann haben wir sie ganz aufgeregt beruhigt und sind wieder gegangen. Schon beim nächsten Mal hat sie sich innerhalb von drei Minuten selbst beruhigt und wir mussten gar nicht mehr zu ihr. Dasselbe in den folgenden Nächten! Es war also kein langes Schreienlassen nötig - zwei Nächte Konsequenz und mein Kind hat wieder durchgeschlafen. Leider hat sie in den folgenden Tagen eine Erkältung mit einem fiesen nächtlichen Dauerhusten bekommen. Dadurch ist alles wieder etwas durcheinander und sie wacht wieder einmal pro Nacht auf. Aber: Wir gehen nun wieder wie oben beschrieben vor und sprinten nicht direkt in ihr Zimmer, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu regulieren. Das Belohnungssystem haben wir noch nicht umgesetzt - wir wollten nicht zu viele Baustellen auf einmal schaffen. Damit werden wir in der nächsten Woche beginnen. Herzliche Grüße und noch einmal vielen Dank!

von Grottenolm am 15.07.2016, 16:14