Kleinkind 13 Monate schreit sich in den Schlaf

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Kleinkind 13 Monate schreit sich in den Schlaf

Hallo. Unsere 13 Monate alte Tochter hat schon von Geburt an Probleme mit dem Schlafen gehabt. Neuerdings weint sie schon wenn sie den Schlafsack nur sieht und wenn wir sie ins Bett legen schreit sie so richtig los. Wir sind dann noch kurz an ihrem Bett und singen unser Lied und dann verlassen wir den Raum.Normalerweise hat sie kurze Zeit später geschlafen (aber nie ohne weinen und schreien). Wir sind immer wieder zu ihr rein und haben die Spieluhr angemacht. Allerdings wachte sie dann immer nach 30-60 min wieder auf und hat nochmal geschrien (so ca. 15 min). Teilweise liegt sie mit dem Kopf nach unten (sie ist eine Bauchschläferin) und weint ohne aufzusehen. In letzter Zeit schreit sie aber so fürchterlich, dass sie nur einschläft, wenn einer von uns an ihrem Bett sitzen bleibt. Allerdings dauert das auch ziemlich lange (bis zu einer Stunde) sie schaut dauernd nach, ob wir noch da sind. Nur auf Dauer ist das doch keine Lösung, oder? Jeder sagt uns, dass Kinder alleine einschlafen sollen. Bisher hat es ja größtenteils geklappt. Wir lassen unser Kind nicht schreien, gehen immer wieder zu ihr rein und sagen, dass wir nebenan sind und machen die Spieluhr an und gehen. Machen wir etwas falsch? Und warum wacht sie nach kurzer Schlafenszeit wieder auf? Ich hoffe Sie haben einen Rat für mich. Liebe Grüße

von Sonnenschein8414 am 17.09.2015, 12:20


Antwort auf: Kleinkind 13 Monate schreit sich in den Schlaf

Liebe Sonneschein8414, dass Kinder wirklich selbsständig einschlafen können müssen, ist gar nicht mal so unumstritten. Tatsächlich gibt es Kritiker, die sich auf evolutionsbiologische Grundlagen und kulturvergleichende Arbeiten stützen und argumentieren, dass wir damit unseren Kindern eigentlich etwas völlig Unnatürliches zumuten würden und andere Völker uns zeigen würden, dass es auch anders geht. Die Diskussion hier umfassend darzustellen, ist mir nicht möglich. Was ich aber damit sagen möchte ist, dass Eltern sich regelrecht unter Leistungsdruck setzen, weil andere ihnen sagen, dass Kinder nun mal alleine (durch-)schlafen müssen. Das müssen sie aber nicht. Tatsächlich aber gehören (temporäre) Ein- und Durchschlafprobleme zur Kindheit dazu und sind an sich noch keine Störung. Dennoch gibt es sehr wohl gute Gründe dafür, die Fähigkeit zum selbstständigen Einschlafen zu fördern. Entscheidend sind da jedoch nicht die anderen, sondern Sie! Wenn Sie und/ oder Ihr Kind mit einer Situation nicht zurechtkommen, ist es völlig ok zu handeln. Wenn Sie aber gut zurechtkommen in dem Sie nicht nach Lehrbuch leben, ist es ebenso völlig ok auch nichts zu ändern - so lange die Entwicklungsrichtung stimmt. Das nur vorweg! Grundsätzlich finde ich, machen Sie die Sache sehr gut!! Ich würde im Wesentlichen auch dabei bleiben und die Sache mit dem neben dem Bett sitzen bleiben langsam ausschleichen. D.H. machen Sie noch eine Woche weiter so, dann könnte es Schritt für Schritt reduziert werden. Das könnte man wie folgt umsetzen: 1. Variante: sehr sanft und empfehlenswert, wenn noch genügend Ressourcen und Geduld vorhanden sind: jeden Tag stellen Sie den Stuhl ein bisschen weiter ab vom Bett Richtung Tür. Sie vermeiden Blickkkontakt und stellen sich schlafend (hörbare , ruhige Atemgeräusche). Sie greifen nur ein, wenn Ihr Kind sich wirklich einschreit. Dann legen Sie es aber wieder hin und starten von vorn. Ansonsten bleiben Sie passiv und bieten auch keine Spieluhr oder andere Hilfen an. 2. Variante: effektiv aber mehr Stress für Eltern und Kind und nur geeignet, wenn Ihr Kind gesund ist, sonst keine Veränderungen wie Kitaeingewöhnung, Trennungen der Eltern etc. anstehen und sich Ihr Kind am Tags ausgeglichen, fröhlich und zugewandt verhält: Bleiben Sie in der darauffolgenden Woche beinfach nach dem Ritual nur noch für 10 Minuten sitzen und gehen dann für 2 Minuten vor die Tür, wenn Ihr Kind dann noch weint, trösten sie es kurz (einmal streicheln, Mama ist da) und gehen dann wieder hinaus. In der darauffolgenden Woche dann nur noch 5 Minuten auf dem Stuhl und weiter in regelmäßigen Zeitabständen nachgucken. Egal, welche Variante Sie machen: Sie sollte immer nur das letzte Glied in der Kette sein. Voraussetzungen für einen guten Schlaf sind die Tagesgewohnheiten (genug Ruhepausen am Tag, ruhiges Ausklinges des Nachmittags, Struktur), die Förderung eine stabilen Tag-Nacht-Rhythmuses sowie die sogen. Schlafhygiene (immer gleiches Ritual, kühle Temperatur, Schlafsack, abgedunkelter Raum, kein abendliches Fernsehen, kein Spielen oder Toben im Bett) Dass Ihr Kind 1 bis 1,5 Stunden nach dem Einschlafen sich noch mal meldet, ist nicht ungewöhnlich. Einige Experten sind der Meinung, es handele sich dabei um einen natürlichen Überlebensinstinkt, sozusagen um zu gucken, ob noch alles ok ist. Rein "technisch" gesehen, sind die Schlafzyklen noch kürzer und der REM-Schlafanteil (und damit eben der unruhige Anteil) noch größer als beim Erwachsenen. Alles im Allem würde ich mir nicht allzu viele Sorgen machen! Es kann immer mal wieder zu solchen unruhigen Phasen kommen, echte Rückfälle ins alte "Schreiverhalten" sind sehr selten. Das Wichtigste als Eltern ist dann: Ruhe bewahren und sich nicht dazu verführen lassen, alles Mögliche auszuprobieren, denn das irritiert die Kleinen in solchen Zeiten von Unruhe und Unausgegleichenheit noch mehr. Sie brauchen also kein anderes Programm, sondern einfach nur den gewohnten Ablauf. Ich drücke Ihnen die Daumen und wünsche alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 17.09.2015