Kind wehrt sich gegen Mittagsschlaf im Bett-schadet ihr das begleitete Schreien?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Kind wehrt sich gegen Mittagsschlaf im Bett-schadet ihr das begleitete Schreien?

Hallo Frau Bentz, ich hoffe, auch ich darf mich mit meiner Frage an Sie wenden. Ich bin momentan etwas überfordert und hilflos. Unsere Tochter ist 16 Monate alt. Sehr ausgeglichen und fröhlich, wird noch Abends zusätzlich zum Abendessen und momentan auch nachts zur Beruhigung gestillt. Sie schreit normalerweise sehr selten, deswegen hoffe ich, dass ich mich mit meinem Anliegen trotzdem an Sie werden darf. Wir haben folgendes "Problem": Unsere Tochter hatte eigentlich schon lange völlig problemlos Mittags in ihrem Kinderzimmer ihren Mittagsschlaf gehalten. Das ins Bett bringen Abends war auch nie ein Problem und bis auf das Stillen um 23:00 Uhr hat sie nachts gut geschlafen und ist nur selten wach geworden und wenn, hat sie sich durch Ansprache oder kurzes kuscheln direkt beruhigen lassen. Vor etwa 3 Monaten hatte sie Magen-Darm und hat in dieser Zeit (ca. 5 Tage) weder etwas gegessen noch Flüssigkeit zu sich genommen. Das einzige was ging war das Stillen, sodass ich plötzlich wieder voll gestillt habe. Auch nachts ist sie in dieser Zeit natürlich sehr häufig wach geworden und das stillen hat sich so wieder "eingeschlichen". Tagsüber fand sie nur sehr schlecht in den Schlaf, meist ist sie mir beim Stillen eingeschlafen. Als sie wieder gesund war, hatten wir Probleme am Tag vom Einschlafstillen wegzukommen. Ich konnte sie anders Mittags in ihrem Bettchen nicht zum einschlafen bewegen. Dann bin ich eine ganze Zeit lang mit ihr spazieren gegangen, wo sie wunderbar eingeschlafen ist. Das Problem "Einschlafstillen" haben wir also gelöst, nur jetzt habe ich sie natürlich daran gewöhnt im Kinderwagen zu schlafen. Seit 6 Tagen bringe ich sie jetzt wieder konsequent Mittags in ihr Bett. Das endet jedes Mal in ca. 45 Minuten Schreien. Teilweise schreit sie sehr sehr heftig, sie überstreckt sich, zeigt ständig auf die Tür, verschluckt sich, hält den Atem an, ist schweißnass und tränenüberströmt. Mein Mutterherz kann es kaum aushalten sie so zu sehen. Am liebsten würde ich die Situation sofort beenden, aber andererseits denke ich, muss ich konsequent bleiben, sonst wird das nie was. In den letzten Tagen beschäftigt mich häufig die Frage, ob es unserer Tochter schadet, wenn sie so lange und anhaltend schreit? Selbstverständlich bin ich immer bei ihr, habe sie auf dem Arm, sitze mit ihr auf dem Sessel, singe ihr vor oder halte ihr im Bett die Hand. Sie ist dabei nie alleine. Sie hat nur einen extrem starken Willen und es dauert sehr lange, bis sie es zulässt, sich beruhigen lässt und letztendlich einschläft. Sie ist jedesmal müde, will aber einfach nicht in ihrem Bett schlafen. Den 1-3. Tag hat sie sofort geschrien wenn wir ins Kinderzimmer gegangen sind. Gestern und heute hat sie die ersten 20 Minuten ganz entspannt auf der Seite in ihrem Bett gelegen, ich habe ihr die Hand gehalten und ihr sind immer wieder die Augen zu gefallen. Plötzlich steht sie dann aber auf und grinst, wirft ihren Teddy aus dem Bett, dreht an den Gitterstäben vom Bettchen und und und... Und wenn sie merkt, Mama will nicht mit mir spielen, sondern möchte, dass ich schlafe, dann fängt sie irgendwann an zu schreien und steigert sich immer weiter hinein. Das geht dann oft 30 Minuten so. Schadet das begleitete Schreien unserer Tochter? Ist es der richtige Weg? Oder ist es zu viel Stress für unsere Kleine? Das Problem ist, ich würde es ja gerne so weitermachen, einfach spazieren gehen, im ersten Moment der einfachere Weg. Nur sie wacht auf, sobald der Kinderwagen steht. Und so schaffe ich natürlich im Haushalt gar nichts. Wir haben unsere Tochter nie schreien lassen, sind immer sofort hingegangen, begleiten sie schon immer in den Schlaf und kümmern uns sehr um ihre Bedürfnisse. Umso mehr verunsichert mich jetzt, ob es der richtige Weg ist und ob wir ihr nicht schaden bzw. unsere Bindung schaden nimmt. Und noch eine kurze letzte Frage: Ich möchte bald nachts abstillen. Wie sieht es hier aus. Sie lässt sich momentan nachts nicht anders beruhigen. Wie gehe ich das Abstillen nachts am besten an ohne sie zu sehr zu überfordern bzw. in Begleitung schreien zu lassen? Ich hoffe Sie können mir einen Rat geben. Bitte entschuldigen Sie den langen Text. Ganz herzlichen Dank und viele Grüße, LeLa

von LeLa258 am 29.07.2015, 15:48


Antwort auf: Kind wehrt sich gegen Mittagsschlaf im Bett-schadet ihr das begleitete Schreien?

Liebe Lela! zunächst: Sie haben mit Ihrer Kleinen schon ein paar Hürden genommen und ich bin mir sicher, dass Sie auch die nächsten Schritte schaffen: Lassen Sie sich nicht aber unter Leistungsdruck setzen. Es ist eben nicht immer alles eine Frage der Erziehung, sondern auch von Entwicklung und Schwierigkeiten bedeuten nicht automatisch, dass Sie grundlegend etwas falsch machen! Dennoch ist es richtig, dass es Eltern manchmal schwerfällt, aus dem -berechtigten und wichtigen- "Behüten-und-Betüdeln" hin zum "Grenzen-und-Strukur-vorgeben" schwerfällt. Ein Kleinkind ist eben auch kein völlig bedürftiges Baby mehr und auch das Schreien hat jetzt eben auch andere Bedeutung als in der Babyzeit. Auch wenn Ihre Tochter noch nicht strategisch denken und handeln kann, ist sie doch in der Lage zu erkennen, wenn was nicht so läuft, wie sie es will oder eben gewohnt ist und kann entsprechend reagieren - in Ihrem Fall heftig! Allerdings beschreiben Sie selbst, dass es jetzt in den letzten beiden Tagen etwas besser ging und sie zumindest die ersten 20 Minuten ruhiger war! Das ist doch was! Um wirklich Änderungen zu erzielen, brauchen wir mindestens 14 Tage! Sie haben jetzt etwa Halbzeit und zudem einen sehr sanften Weg gewählt, der mehr Geduld erfordert. Ich persönlich würde so weitermachen und noch ein wenig durchhalten. Sie sind ja bei Ihrer Kleinen und das Ganze ist zwar sicher für sie sicher stressig und anstregend. Im Unterschied zum Alleine-Schreien-Lassen muss sie aber keine Ängste erleben, sondern sich von einer hartnäckigen Gewohnheit trennen. Ihre Gefühle würde ich daher eher als Frust, Wut und Irritation interpertieren. Diese Gefühle auszuhalten ist hart, aber eine wichtige Erfahrung für Kinder, die wir Eltern Ihnen aber durchaus zumuten können und sogar müssen! Voraussetzung ist allerdings, dass Sie sich mit diesem Weg auch wohlfühlen, was verständlicherweise bisher nicht so zu sein scheint. Kinder erfahren Ihre Emotionen aber durch unsere Reaktionen, d.h. erkennt Ihre Kleine Ihre Angst und Unsicherheit, dann bedeutet dass für sie, dass jetzt etwas Schlimmes passiert, wenn Mama doch so viel Angst hat. Allerdings finde ich Ihren Weg, sich einfach ganz ruhig mit geschlossenen Augen neben sie zu legen, ganz gut. Versuchen Sie ganz ruhig und gern hörbar zu atmen und Ihre Muskeln bewusst zu entspannen, damit Ihre Kleine merkt, dass alles in Ordnung ist. Fazit: ich persönlich würde mich nicht sorgen, dass Ihr Mittagschlafprogramm sich negativ auf die Bindung auswirkt, denn dafür gehen Sie sehr bindungsorientiert vor. Bindunsgorientiert heißt ja nicht, dass wir unseren Kindern alles ersparen müssen, zumal eben viele Dinge anstregend und nervig sind, langfristig aber sinnvoll und wichtig - was unsere Kleinen eben nicht wissen können. Was die übrigen Fragen zum Abstillen nachts anbelangt, so würde ich Ihnen raten, grundsätzlich nur eine Baustelle zur Zeit anzugehen, sonst überfordert es Ihre Kleine und wahrscheinlich auch Sie. Wenn Sie das mit dem Mittagschlaf geschafft haben, lassen sie erstmal Ruhe einkehren. Wahrscheinlich ist durch diesen Schritt eh viel erreicht und es wird Ihnen somit leichter fallen, nachts abzustillen. Hierzu gibt es viele Tipps, wie etwa mal den Papa zur Hilfe nehmen, Fläschchen schrittweise mit Wasser verdünnen etc. Schauen Sie doch mal in unserem Stillforum nach! Ganz ohne Geschrei geht es auch da meist nicht, doch oft viel leichter als gedacht - sofern Sie enstpannt sind und sich keinen Druck machen! Ich drücke Ihnen für alles die Daumen und wünsche Ihnen noch viel Freude aneinander! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 29.07.2015