Hilfe mein Prinz bringt mich zur Verzweiflung!!!!

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Hilfe mein Prinz bringt mich zur Verzweiflung!!!!

Hallo ich grüsse Sie Fr.Dr. Bentz, Ich bin wie so viele hier am verzweifeln nahezu am durchdrehen. Mein süßer kleiner Mann is jetzt fast fünf Monate alt ein sehr lebendiges und aufgewecktes Kind. Er entwickelt sich prima brabbelt fleißig, kann sich von Bauchlage auf Rückenlage drehen und zurück. Er hatte anfangs wie so viele Babys Blähungen und wurde viel getragen, er wurde auch gestillt aber er hat die brust nach drei Monaten verweigert sodass er jetzt nur noch die Flasche bekommt. Er hat von Anfang an Viel geweint und genörgelt.Nun zum Problem. Er will nur am Arm einschlafen und weil das noch nicht reicht auch nur im wippenden oder schaukelnden Zustand. Das war anfangs auch kein Thema, Babys werden ja Gott sei Dank größer und schwerer und nun gefällt es ihm nicht mehr wie ich ihn halte. Er hat keinen Platz auf meinen Armen was ihn richtig nervt nahezu wütend macht, leg ich ihn hin wird es noch schlimmer. Im Gegensatz zu manchen haben wir kein Problem das unser Sohn bei uns im Bett schläft also probierte ich ihn einfach neben mich zu legen und zu streicheln und kuscheln Bis er einschläft, doch selbst da brüllt er wie am Spieß nur am Arm wie gesagt im schaukelnden Zustand geht's dann wieder. Is es nicht die Nähe die Babys suchen? Warum reicht ihm das nicht das er im arm im Bett neben mir schläft? Wie kann ich ihm das beibringen mit mir einzuschlafen bzw das arm schaukeln abgewöhnen? Ich bin echt mit den Nerven durch, frustriert und unendlich müde. Schnuller nimmt er des hilft gut stört ihn auch nicht wenn er rausfällt nachts. Er wird sehr oft wach und nicht immer is es Hunger. Er will dann wieder kurz geschaukelt werden und schläft dann weiter. Kann aber auch jede halbe Stunde sein. Bitte, gibt es eine sanfte Methode im das abzugewöhnen? letztens musste ich mich wirklich zusammenreißen und hab wie bekloppt in ein Kissen gebissen :( Danke schon mal im voraus LG

von LittlePrince am 17.12.2015, 07:08


Antwort auf: Hilfe mein Prinz bringt mich zur Verzweiflung!!!!

Liebe Littleprince, Ihr Sohn hätte sich vielleicht ein Känguru als Mama aussuchen sollen... Aber ernsthaft - so lustig ist Ihre Lage sicher nicht. Dass Sie vor Wut in ein Kissen beißen, kann ich daher gut nachvollziehen. Neben Übermüdung und körperlicher Erschöpfung durch das Tragen eines nicht mehr ganz so leichten Prinzchens ist es sicher auch einfach frustrierend, so viel zu tun und trotzdem ein unzufriedenes Kind zu haben. Ich finde das auch gar nicht lächerlich, sondern sehe das als ernstzunehmenden Hinweis, dass Ihre Grenze erreicht ist. Sie sind in der Lage eine kontrollierte Reaktion auf Ihre Wut folgen zu lassen, doch Sie spüren sicher, viel mehr Luft nach oben ist nicht mehr da, auch wenn Sie Ihr Prinzchen über alles lieben. Was also tun? Zunächst einmal hilft es Ihnen vielleicht zu wissen, dass es vielen Eltern so geht. Tragen und Umherlaufen sind durchaus adäquate Beruhigungshilfen für Babys. Von daher brauchen Sie sich keine Vorwürfe machen. Manchmal entsteht dadurch jedoch ein Teufelskreis aus dem man schwer wieder herauskommt - besonders wenn beide Seiten sehr erschöpft sind. Tragen und dabei Wippen oder Schaukeln sind starke Bewegungsreize, die ein Baby schon aus dem Mutterleib gut kennt. Manche Experten argumentieren daher auch, dass das Schreien beim Aufhören der Bewegungen ein Sicherheitsmechanismus ist, der in unseren Genen liegt. Das Kind will sich damit quasi versichern, dass die Eltern noch in seiner Nähe sind, auch wenn die Bewegung aufgehört hat. Dies ist eine Theorie mit hohem Plausibilitätswert, ob sie zutrifft, kann ich Ihnen jedoch nicht sagen. Was jedoch das Ganze problematisch werden lässt ist, wenn das Baby einseitig nur die Vertikale akzeptiert und eine Horizontale scheinbar ablehnt. Dies ist ein Lernprozess, denn im Mutterleib kennt es ja beide Positionen. D.h. wenn ein Baby lernt, dass Unruhe immer durch Tragen und Schuckeln beantwortet wird, wird es diesen Zustand nach und nach bevorzugen. Dabei weiß es natürlich nicht, dass dies eine "schlechte Angewohnheit" ist, die auf Dauer zu weiteren Überreizung und Übermüdung führt und zudem die Eltern völlig erschöpft. Hat es einmal gelernt, Schlafen mit dem Umhertragen zu verbinden, wird es dies immer einfordern und somit auch immer wieder erwachen, wenn der Reiz wegfällt. Damit liegt die Lösung auf der Hand: will man dieses Verhalten ändern, geht dies nur über wiederholte neue Erfahrungen, sprich ein Entwöhnen. Wie Sie das genau anstellen ist dabei nahezu beliebig, nur von einem Schlaftraining rate ich bei so jungen Säuglingen grundsätzlich ab und empfehle das begleitete Weinen. D.h. Ihren Versuch, Ihren Sohn neben sich zu legen und dann in der Waagerechten zum Einschlafen zu bringen, ist ein guter und funktionierender Weg. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie selbst die Ruhe und die Nerven haben, dies durchzuziehen und zwar in der Regel so um die 14 Tage. D.h. auch wenn man diese sanfte Methode wählt, wird es nicht ohne Protest gehen. Wie sollte es auch? Ihr Kleiner durchblickt das Ganze nicht und soll in einem Moment, wo er unruhig und müde ist, etwas Neues akzeptieren. Das wäre in etwa so, als müssten wir plötzlich in der Hocke schlafen. Wenn Sie sich aber klar machen, dass es eben keinen Weg daran vorbeiführt - es sei denn, Sie wollen warten und das Ganze so lassen. bis Ihr Kind von selbst aufhört, nur im Tragen zu schlafen - ist es leichter, diese harte Zeit gemeinsam besser durchzustehen. Am Anfang steht jedoch Ihre elterliche Entscheidung. Dass ein Protest dem Kind schadet, ist übrigens nicht anzunehmen, wenn man so umsichtig vorgeht und ein Kind in dem Alter nicht allein schreien lässt. Auch später werden Sie immer wieder mit Situationen konfrontiert, wo Sie Ihrem Kind etwas nicht erfüllen oder erlauben dürfen. Überall steht zwar zu lesen, man solle auf die Bedürfnisse einen Babys prompt reagieren, doch dies heißt nicht, dass man bei Problemen nicht eingreifen darf. Kinder brauchen uns als Wegweiser und Coach für diese Welt, denn sie wissen nicht, wie sie funktioniert. Zudem ist dies ein gelerntes Bedürfnis, welches auf Dauer dem natürlichen Bedürfnis nach Ruhe und ausreichend Schlaf entgegen steht. Neben der kindlichen Seite ist es jedoch auch so, dass uns Eltern bewusst sein muss, dass wir es sind, die das Verhalten ändern müssen. Auch wir Eltern gewöhnen uns schließlich an bestimmte Programme und müssen erstmal Handlungsalternativen entwickeln und einüben. Unter Stress geht das besonders schlecht. Ich empfehle daher immer, sich einen schriftlichen Plan zu machen (Wie reagiere ich, wenn mein Kind schreit, welche Zeiten setzte ich mir als Frist, wie kann ich Unterstützung bekommen etc. ) und zudem dafür zu sorgen, dass das Schreien erträglicher wird (Ohrenstöpsel/ Kopfhörer). Protest auf eine solche Maßnahme, sprich Weinen, Brüllen oder Schreien, heißt im Übrigen nicht, dass etwas falsch ist oder nicht funktioniert, sondern dass Ihr Kind sich unwohl fühlt, weil es mit etwas Ungewohnten konfrontiert wird. Babys reagieren dann ebnen so, wie sie es können, mit Zappeln oder Schreien, was je nach Temperament ganz schön heftig sein kann. Sie können eben leider noch nicht in ein Kissen beißen. Es ist für sie ungemein schwierig, Ihre Spannungen mit Ruhe abzubauen, weshalb die elterliche Bestätigung sehr wichtig ist. Wenn Sie überzeugt sind, dass es richtig ist, können Sie dies Ihrem Kind ebenso vermitteln. Sprechen Sie leise mit ihm und sagen ihm, dass Sie verstehen, dass es jetzt schwer für ihn ist, dass er es aber schaffen wird und Sie immer da sind. Natürlich versteht Ihr Kleiner noch nicht Ihre Worte, aber Studien zeigen, dass bereits sehr junge Babys die Mimik und Gestik sowie Tonfall richtig einordnen können. Dies heißt umgekehrt auch, dass eine heulende und verzweifelte Mutter es natürlich viel schwerer hat. Es lohnt sich daher, gemeinsam mit dem Partner und / oder anderen Helfern einen Plan zu entwickeln, wie man sich abwechseln und unterstützen kann. Sanfter als ein Kind neben sich zu legen und mit möglichst wenig Aktion es zu beruhigen, geht es zudem nicht. Sie können allerdings bereits am Tage ganz viel dafür tun, dass es Ihrem Sohn per se etwas leichter fällt zur Ruhe zu kommen. Lesen Sie sich hierzu doch mal die "Tipps Schreibaby" durch. Außerdem sollte Ihr Baby nicht zu müde und überreizt sein. Sie sollten es spätestens bei den allerersten Zeichen ins Bett bringen, damit es noch entspannt ist. Anstatt Tragen sollten Sie ein anderes Abendritual wählen, wie z.B. einfach eine kleine Massage im Bettchen, ein Lied singen etc.So machen Sie die Liegeposition vielleicht etwas attraktiver. Es ist übrigens möglich und völlig ok, wenn Sie zunächst sich eine Zeit aussuchen, abends oder mittags, um die Veränderungen einzuleiten. Wichtig ist bloß, dass Sie nicht wechseln, sondern erst wenn das eine funktioniert, das andere ebenfalls einführen. Weiterhin ist es wichtig, dabei auf (einigermaßen) festen Zeiten zu achten, damit Ihr Kind sich orientieren kann. Es ist also zusammengefasst alles kein Hexenwerk und durchaus machbar, gleichsam aber für alle Beteiligten eine Herausforderung. Im Vergleich zu längerem Aushalten ist diese Anstrengung temporär zwar vielleicht größer, aber eben auch begrenzt. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist daher bei vielen Fällen sowohl für Kind als auch Eltern günstiger als das Aushalten. Ob dies bei Ihnen der Fall ist, müssen jedoch Sie selbst entscheiden. Sie kennen sich und Ihr Kind besser. So oder so - ich bin überzeugt, dass es für Sie alle einen Weg gibt, der Nerven und Kissen schont. In diesem Sinne wünsche ich friedliche und ruhige Weihnachten! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 23.12.2015