Gibt es Hoffnung

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Gibt es Hoffnung

Hallo Fr. Dr. Bentz, toll, dass es jetzt solch ein Forum gibt! Meine Tochter ist 16Wochen- und sie schreit. Fast den ganzen Tag. Es ist so schwer zu ertragen, kaum etwas hilft. Die ersten drei Monate habe ich es gut überstanden, denn ich war mir sicher, dass es ab dem 4.Monat leichter wird und hatte ein "Ziel" worauf ich hingearbeitet habe. Ich habe dauergestillt, die Kleine so viel getragen, dass ich abends nicht schlafen konnte vor Rückenschmerzen, sie im Tragetuch gehabt, white noise Geräusche laufen lassen, war bei zwei Osteopathen, drei Kinderärzten, einer Homööpathin... nichts hilft, keiner kann etwas feststellen, ausser, dass sie überreizt ist. Folglich habe ich alle Reize abgestellt. Ich bin nur mit ihr zu hause, habe feste Rituale geschaffen, feste Zeiten. Ich bin völlig isoliert. Mir fehlen meine Kontakte, ich will endlich mal wieder etwas für mich tun. Ich komme nicht zum essen, gehe in zwei Minuten duschen, die Nächte sind der Horror. Ich bin so unendlich müde. Und soo traurig. Sie ist ein absolutes Wunschkind, warum muss die Zeit soo schwierig sein? Ich kann es nicht genießen! Und ich habe Angst, dass ich daran kaputtgehe, meine Ehe kaputtgeht, ich mein Kind plötzlich irgendwann nicht mehr lieben kann. Sie schläft nicht im Kinderwagen, im Auto wird nur geschrien, weshalb wir jetzt unseren Urlaub storniert haben, tagsüber schläft sie auf meinem Arm oder der Hängematte, jeweils für 30Minuten- man kann die Uhr danach stellen.Wenn sie aufwacht schreit sie. Andere Kinder lächeln ihre Eltern an, oder? Sie ist permanent müde und unzufrieden. Zur U4 hatte sie bereits körperliche Defizite- in meinen Augen ist das ihrem Geschrei geschuldet, denn sie hat ja gar keine Kraft und Zeit Dinge wie das "sich drehen" zu üben... Wir gehen nun also zur Bobath- Therapie, damit sie wieder aufholt (und weil die Ärztin sagt, ihre Unzufriedenheit kommt daher). Haben Sie noch einen Tipp für mich, was ich probieren könnte, damit das Schreien ein Ende hat? Wann geht die Schreiphase denn vorbei? Ich habe mal gelesen, mit ca. 6Monaten, da dann das Nervensystem besser ausgereift ist und das Kind alles besser verarbeiten kann. Ich möchte mich so gern an etwas festhalten. Sie ist super schreckhaft,lichtempfindlich, hat Angst vor Wasser, fremden Menschen. Ich kann wirklich nirgends mit ihr hingehen. Ich würde auch so gern mal wieder Fernseher schauen etc. Ich habe Angst, dass sie sich durch diese Schonung nie daran gewöhnen wird. Irgendwann muss ich ja auch wieder arbeiten gehen, wie soll das funktionieren? Sie beruhigt sich bei niemandem außer mir... Ich bin sooo verzweifelt. Ich hätte so gern das Patentrezept. Entschuldigen Sie bitte den langen Text!

von Saralili89 am 14.07.2015, 20:29


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Liebe Saralili! vielen Dank für Ihre Frage und bitte entschuldigen Sie die verzögerte Antwort. Bei mir gab es ein kleines technisches Problem und es tut mir sehr leid! Wie Sie sehen, berühren Sie mit Ihrer Frage auch andere Eltern sehr. Vielleicht hat es schon geholfen, zu sehen, dass Sie nicht allein sind und viele Ihre Sorgen und Nöte verstehen? Zu Ihrer Frage: Das Wichtigste Vorweg: es gibt berechtigten Anlass zu Hoffnung! Das Schreien hört auf und jeder Trag ist ein Schritt mehr zu Besserung! Was oft vergessen wird: Die meisten Schreikinder erreichen - wie andere Babys auch - ihren Schreigipfel mit 12 bis 16 Wochen. Danach reduziert sich bei den allermeisten Kinder das Schreien, bei einem harten Kern hält das Schreien über den sechten Monat hinaus an. Auch dort hört es dann aber in den folgenden Monaten auf. Wichtig ist, dass die Abnahme des Schreiens meist nicht urplötzlich von einem Tag auf den anderen vollzieht. Bei einigen wird's kontinuierlich weniger, bei anderen immer in Schüben mit Phasen der Stagnation. All das ist normal! Auch kleinere Rückschläge durch Krankheiten, Veränderungen oder Entwicklungssprünge sind normal und bedeuten keinesweg einen echten Rückfall in alte Schreizeiten. Eltern von Schreikinder versetzt das natürlich häufig in Panik. Nach meiner Erfahrung ist es so, dass viele Eltern die ersten drei, vier Monate mit einem Schreibaby noch ganz gut aushalten, sofern die Ressourcenlage ganz ok ist. Nach dieser Zeit sind der Schlafmangel, die Erschöpfung und Verzeiflung so enorm, das es schwierig ist, weiterhin Geduld aufzubringen und auch kleinere Fortschritte zu sehen. Natürlich besteht bei Schreikinder zudem das Problem, dass sie einfach von einem höheren Ausgangsniveau starten, d.h. eine Reduktion von 6 Stunden täglich auf 4,5 ist zwar deutlich, aber immer noch schreit das baby extrem viel. Eine Empfehlung die ich grundsätzlich gebe, ist daher das Führen eines 24-h- Protokolls, indem Sie alle Schrei-, Schlaf-, Wach-, Essens- und Bettzeiten eintragen. Wenn sie das Schreien über den Tag mitteln und dann länger beobachten bin ich mir sicher, dass Sie (bald) einen Abwärtstrend sehen. Auch ist es interessant zu sehen, wieviel ihr Kind über den Tag schläft und ob es typische Schrei- und Wachzeiten gibt. Hieran kam man noch besser erkennen, wie ein Tag strukturiert sein muss, wann ideale Bettzeiten etc. In den meisten Fällen ist die abendliche Zubettgehzeit einfach zu spät, d.h. es muss schon sehr früh ca. 17:00 mit viel Ruhe in den Abend mit wiederkehrenden Ritualen eingeleitet werden, auch wenn das Kind noch keine Müdigkeitssignale zeigt. Gleiches gilt für die Ruhezeiten am Tag. Nach ca. 1,5 Stunden sollte ebenfalls unabhängig von Müdigkeitssignalen eine Ruhephase mit Reizabschirmung (leiser Ort, leicht abgedunkelt) erfolgen - quasi als Angebot an Ihre Tochter. Sie muss nicht schlafen, aber zur Ruhe kommen. Hierzu muss man Schreikinder oft gewissermaßen zwingen, denn sie neigen dazu, sich permannent durch das Aufsuchen neuer Reize zu überfordern. Man spricht auch von "Augenkindern". Auch wir Eltern müssen lernen, hier umzudenken, denn oft kann bei diesen Kindern durch Ablenkung und das Setzen von neuen Reizen (hierzu zählt auch das permanente Tragen, Schuckeln, Singen etc.) zunächst viel erreicht werden, sprich das Kind ist ruhig solange man eben trägt, schuckelt, singt etc. Mittelfristig führt es aber zu einer Aufrechterhaltung und Verschlimmerung des Problems, denn das Kind lernt nur Beruhigung durch äußere Reize zu erlangen und nicht durch sich selbst. Dies bitte nicht missverstehen: All das sind bewährte und legitime Beruhigungsversuche! Besonders natürlich auch das Tragen. Nur, dass man sich bewusst machen sollte, dass Schreikinder viiiiieeeel sensibler auf alle Reize reagiren und oft auch Dinge, die gut für andere Kinder sind, schnell zu viel werden. Von daher empfehle ich feste Tragezeiten, d.h. Sie sollten sich ein Limit setzen, auch für Ihren Rücken, so wie es für Sie passt. Nachts sollten Sie aufs Tragen verzichten, auch wenn Ihre Maus sich zunächst wahrschenlich vehement gegen die Horizontale wehren wird. Legen Sie sich zu Ihr, begleiten Sie im Schreien durch Körperkontakt oder(!) Stimme - je nachdem was ihr lieber ist. Beides zusammen überfordert oft. Sagen sie sich immer wieder, dass Ihre Aufgabe im Begleiten des Schreiphasen besteht und nicht im Finden des Aus-Knopfes. Das entlastet meist schon. Ohne Prostest, sprich Schreien, wird es nicht gehen, dies müssen wir Eltern aber lernen, auszuhalten, damit wir nicht immer in den Teufelskreis aus Aktion-Schreien-neue Aktion verfallen, der zur permanten Rezüberflutung einerseits und Erschöpfung andereseits führt. Dabei spreche ich NICHT vom Schreienlassen eines Kindes allein im Bett!!! Ich spreche von elterlicher Begleitung in Schreiphasen! Um dies besser zu durchstehen und Ihrem Kind die nötige Ruhe auch vermitteln zu können (Sie als Mutter sind ja die wichstigste Info für Ihr Kind, ob alles in Ordnung ist oder nicht) empfehle ich die Verwendung von professionellen Ohrenstöpseln / Kopfhörern. Keine Angst - Sie hören Ihr Kind noch, sogar seine Atmung, nur dass die nervenaufreibenden, schrillen Obetröne abgepuffert werden. Dies ist besonders wichtig beim Tragen, denn dort spürt Ihr Kind Ihre innere Unruhe noch unmittelbarer! Wenn Sie dann genügend Kraft haben - immer einen Schritt nach dem anderen - sollten Sie ihr Kind sanft vom Dauerstillen entwöhnen. Hier gibt es oft ein Missverständnis: selbstverständlich sind Phasen, wo Kinder quasi permantent an die Brust wollen, normal (= Clusterstillen) und dienen der Anpassung der Milchmenge. Bei Schreikinder ist dies aber keine Phase, sondern wieder eine Gewöhnung an einen Reiz. Es z.B. Hinweise, die sagen, dass Schreikinder Schwierigkeiten mit der Verarbeitung des Sättigungsgefühls haben, welches bei ihnen nicht an die Milchmenge, sondern an das gefühl der Brustwarze im Mund gekoppelt ist. Bei all dem, was Ihnen jetzt von meinen Vorrednerinnen und mir gesagt wird, sollten Sie jedoch auf sich und Ihr Bauchgefühl achten: Niemand kennt Ihr Baby und Sie besser als Sie selbst! Sie sind die wahre Expertin! Und Sie machen trotz der massiven Erschöpfung schon so viele Dinge, die richtig und wichtig sind! Damit Ihr Bauchgefühl jedoch noch besser funktionieren kann, ist es bei aller Liebe für Ihre Kleine auch wichtig, dass Sie für sich selbst Sorge tragen! Was Sie beschreiben ist einerseits nicht ungwöhnlich für die Mutter eines Schreikindes, andererseits aber deutliche Warnsignale: 1. Reizabschirmung heißt nicht, dass Sie permanten isoliert zu Hause sitzen müssen. Im Gegenteil: Sowohl für Sie als auch Ihre Kleine ist Bewegung an der frischen Luft wichtig! Diese Aktivitäten helfen Ihrem Kind sogar, in einen Tag-Nacht-Rhythmus zu gelangen und sich an festere Schlafens- und Essenzeiten zu gewöhnen! Und das Babygeschrei? Das müssen andere eben ertragen! Auch eine Still- / Krabbel- / PEKIPgruppe ist sicher hilfreich, um Kontakt zu anderen Müttern zu haben und sich zu entlasten. 2. Sie MÜSSEN auch mal was für sich tun! Niemanden - erst recht nicht Ihrer Tochter nützt es was, wenn Sie ausbrennen. ich weiß nicht, was für Möglichkeiten Sie zur Entlastung haben, aber alle sollten Sie nutzen. Wie kann sich Ihre Tochter an andere gewöhnen, wenn Sie nur bei Ihnen ist. So verfestigen sich die Probleme auf allen Seiten! Suchen Sie sich einen erfahrenen Babysitter, Tagemutter, Leihoma die Ihnen Ihren Schatz regelmäßig für ein paar Stunfen abnimmt, so dass Sie schlafen können. Wichtig ist eine Person und Regelmäßigkeit (besser 1 Stunde pro Tag, als vier alle 14 Tage). 3. Holen Sie sich Hilfe beim Haushalt. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse, die ggf. einen Teil übernimmt. Ansonsten sind die Frühen Hilfen, Wellcome, der Kinderschutzbund oder das Jugendamt kompetente Absprechpartner. Vielleicht sollten Sie auch mal den Besuch einer Schreiambulanz überlegen. Vielleicht gibt es so etwas ja bei Ihnen in der Nähe? So, dass waren jetzt viele Informationen auf einmal. Mein Vorschlag: lassen Sie erstmal alles auf sich wirken und wenn Sie noch Fragen haben, melden Sie sich hier im Forum! Diesmal kommt die Antwort auch schneller (-; Ich drücke fest die Daumen, dass sich Ihre Situation bald bessert und wünsche Ihnen dafür viel Kraft, Unterstützung und Geduld sowie den festen Glauben daran, dass Sie zusammen alles meistern werden! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 20.07.2015


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hallo liebe Saralili89. Leider habe ich kein Patentrezept für dich, da wird Frau Dr. Bentz viel mehr wissen. Aber ich kann dir von uns berichten. Aus nostalgischen Gründen stöbere ich manchmal noch hier durchs Forum. Mein ehemaliger Schreibär ist mittlerweile 14 Jahre alt. Deinen Text hätte ich damals schreiben können. Bitte vermeide zwei Dinge, würde ich im Nachhinein sagen: Banne den Gedanken aus deinem Kopf, dass Du irgendwas „falsch“ machst. Du bist so liebevoll und präsent für Dein Kind, wahrscheinlich viel mehr, als es Eltern ruhiger Kinder je sein müssen. Und vergleiche Dein Kind nicht mit anderen, bringt nix. Dein Mini ist eben einfach anders gestrickt, sozusagen ein Araber Vollblut und kein gemütlicher Kaltblüter. Das muss man erst mal akzeptieren. Mein Kind hatte auch noch im Kiga Probleme und weinte viel, aber zum Glück konnte es da ja sagen, was Sache ist: zu laut und zu viel! Also ewiges Thema: Reizüberflutung. Und das ist bis heute nicht ganz vom Tisch. Mein Kind hat eine sehr hohe Sensibilität und ist damit ein hochinteressanter, auf allen Ebenen intensiv erlebender Mensch. Hochsensibilität meint, dass einfach weniger Wahrnehmungsfilter da sind als bei den meisten anderen Menschen. Beispiel: Mein Kind hat ein fotografisches Gedächtnis. Wenn wir durch die Stadt gehen und ich frage, was an der Ampel beim Warten innerhalb weniger Sekunden gesehen wurde, kommt: Der neben uns hatte sehr eng aneinanderliegende Augen, eine ausgewaschene Jeans, ein hellgelbes Schlotterhemd und grau-braune Haare, Undercut, der daneben hatte ... und der daneben ... also, das ist wirklich irre. Bei mir kommt nur ein Bruchteil dieser Infos im Bewusstsein an. Auch die Einschätzung anderer Menschen ist bemerkenswert, Stimmungen werden quasi mit Riesenantennen aufgenommen. Auf diese Einschätzungen kann man sich bombensicher verlassen. Zudem ist eine künstlerische Begabung da, all dies auch noch umzusetzen – in unserer Wohnung liegen massenhaft selbstgemachte Comics, Bücher und Zeichnungen herum. Das macht Spaß!!! Natürlich sind nicht alle Schreikinder Künstlernaturen. Aber es scheint mir, dass viele auf irgendeine Weise eine ganz besondere Fähigkeit (!) haben, „mehr“ wahrzunehmen als Otto Normalverbraucher. Kurz, was ich sagen möchte: Für die Erziehenden sind so sehr sensible Menschen bestimmt oft nicht einfach zu begleiten, vor allem, wenn auch noch Willensstärke dazu kommt, das Kind also auch noch einen starken Willen hat und seinen Unmut gern über den ganzen Statteil hinweg kundtut (ja, da fliegt die Perücke weg). Aber später ist so viel zusammen zu entdecken, und es macht einfach nur einen Riesenspaß, die vielen oft ungewöhnlichen Fähigkeiten kennenzulernen und die ganzen feinen Nuancen, die da (mit)erlebt werden können. Total interessant! Hätte ich das früher gewusst, hätte ich die Schrei-Zeit gelöster durchstehen können. Wir sind superdankbar für unser „Sensibelchen“, das auch heute noch mehr Ruhepausen braucht als die meisten anderen Menschen – einfach weil es so viel zu verarbeiten gibt. Also: Haltet durch!!! Ich glaube, Geduld ist hier das Zauberwort. Ihr habt da bestimmt einen ganz tollen kleinen Menschen, und ich bin mir sicher, dass sie in ein paar Monaten ruhiger wird, weil sie selbst Strategien entwickeln wird, mit den vielen Reizen umzugehen.

von Enite am 15.07.2015, 11:34


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hallo, erst einmal vorneweg: ich selbst habe/hatte kein Schreibaby und bin erst recht keine Expertin. Ich "zappe" mich aber oft so durch die Foren und lese die obersten Eintraege. Bei Deinem bin ich irgendwie haengen geblieben ... Zunächst einmal möchte ich Dir sagen, dass ich es ganz toll finde, wie Du das mit Deiner Tochter machst! Von meinem laienmaessigen Gefuehl her koennte es besser gar nicht sein! Warum ich bei Deinem Beitrag haengen geblieben bin ... Du schreibst, Deine Tochter habe Defizite. Ich weiss nicht, welche das im Einzelnen sind, Du erwaehnst lediglich das Drehen. In der Beziehung moechte ich Dich gerne beruhigen und finde Besorgnis eigentlich viel zu frueh, Schreibaby hin oder her. Dein Baby ist doch noch keine 4 Monate. In dem Alter drehen sich doch die meisten Babys noch nicht. Ich habe mal gelesen, dass Babys IM DURCHSCHNITT mit 5 Monaten BEGINNEN, sich zu drehen und es dann mit 6 Monaten können. Meine Tochter, kein Schreibaby, war z.B. schon 6,5 Monate, als sie sich drehen konnte. Niemand, auch der Kinderarzt nicht, empfand das als besorgniserregend und zu spaet. Danach jedenfalls ging bei ihr die motorische Entwicklung Schlag auf Schlag. Mit 12,5 Monaten konnte sie frei laufen (und von Anfang an ziemlich sicher). Wie gesagt, ich weiss nicht, welche Defizite sie noch hat. Aber wenn es "nur" ums Drehen geht, würde ich mir ueberlegen, die Therapie vielleicht noch etwas auf spaeter zu verschieben. So eine Therapie kann doch auch aufregend und belastend sein ... Ich selbst hatte als Baby damals schon auch eine solche Therapie (koennte allerdings auch Voijta gewesen sein, vielleicht ist die anders) und meine Mutter berichtet, dass ich, kein Schreibaby, die ganze Therapie ueber und noch lange danach nur am Schreien war, so dass sie nach zwei Sitzungen abgebrochen und nicht mehr spaeter begonnen hat. Ich bin motorisch fit, habe in meiner Jugend Leistungssport betrieben ... LG, Sille

von Sille74 am 17.07.2015, 10:18


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Liebe Saralili - Hut ab! Du kümmerst Dich offenbar rührend und aufopfernd um Deine kleine Maus und ich weiß dass das nicht leicht ist. Unser Sohn ist grad drei Monate alt und es wird scheinbar besser, aber schön ist der Alltag mit ihm immernoch nicht. Wir waren auch überall und jetzt kürzlich bei einer Hebamme, die sich besonders mit dem Schreien von Babies beschäftigt. Die sagte uns dass wir das Geschrei garnicht so negativ interpretieren müssen wie man es automatisch tut. Die Babies lassen Dampf ab und verarbeiten ihren Tag indem sie schreien - wir Erwachsene würden vielleicht joggen gehen um unseren Stress abzubauen. Besonders aufmerksame Babies müssen mehr verarbeiten als Babies, die gut abschalten können. Außerdem - und diese Info fand ich extrem hilfreich - schlafen Babies anders als wir: Sie fangen mit der Traumschlafphase an, also mit der nicht so tiefen Schlafphase. Die dauert 20-40min. Dann wachen sie kurz auf um sich zu vergewissern, dass noch alles okay ist (Mama ist noch da) und schlafen dann erst wieder ein für die Tiefschlafphase. Bei uns lief das bisher so: Baby schläft ein, wacht nach ca 30min auf und schreit wie am Spieß - ich denke er hat Hunger oder sonstwas, nehme ihn aus dem Tragetuch und dann schreit/meckert er den Rest des Tages. Das ganze mehrmals am Tag. Seit ich aber weiß dass er aufwacht um zu schauen ob alles okay ist, lasse ich ihn im Tuch und seitdem (es sind erst zwei Tage, aber vielleicht bleibt es ja so) passiert folgendes: Er schläft ein und wacht nach 30min auf, dann schreit er für etwa 15min und ich rede ihm gut zu (nehme ihn aber nicht aus dem Tragetuch!!), dann wechselt er in einen "Erzählton" und plötzlich schläft er ein. Dann schläft er manchmal 2Stunden, manchmal eine, manchmal eine halbe - immer wenn er aufwacht und meckert rede ich ihm wieder gut zu und versuche ihn zum Weiterschlafen zu bringen - außer ich kann annehmen dass er wirklich Hunger hat, klar. Ich erzähl es so ausführlich weil das bei uns - zumindest in den zwei Tagen, die wir es so versuchen - wirklich gut geholfen hat. Er nörgelt immernoch viel, weil er eben schreckhaft ist und oft aus dem Schlaf aufwacht, aber er schreit nicht mehr so viel UND, was auch super schön ist: Wenn er wach ist, lächelt und spielt er, ist also richtig gut zufrieden. Länger als eine Stunde kann er nicht wach bleiben und er schläft auch nur im Tragetuch und auch nur wenn ich noch ein Spucktuch als Sichtschutz davor hänge und natürlich laufe oder auf dem Pezziball sitze und es leise ist. Ich kann Dich echt verstehen, man schließt sich ein, aus Angst dass das Baby draußen schreit wie am Spieß und niemand versteht was los ist ("Hat er Hunger?" kann ich echt nicht mehr hören!!). Aber das ist schlecht für Dich und damit schlecht für Dein Kind und vielleicht auch für Deine Ehe. Versuch doch mal einer Freundin (am besten einer mit Kindern) zu erklären was bei Euch los ist und dann geh mit ihr raus. Dann schauen die Leute etwas weniger blöd weil Du nicht alleine draußen bist und eine Freundin wird sicher verstehen dass Du unter enormer Anspannung stehst wenn das Baby anfängt zu schreien und Dich dann nicht ruhig unterhalten kannst. Selbst wenn Du nur einen kurzen Spaziergang mit ihr schaffst, gehts Dir bestimmt besser. Ich habe mich mit Müttern aus meinem Geburtsvorbereitungskurs getroffen und denen erzählt was los ist. Die verstehen das und stören sich nicht daran wenn mein Baby schreit wie verrückt, die kennen das ja. Auch sollte Dein Mann Dir das Baby jeden Tag für eine Weile abnehmen, damit Du die Wohnung verlassen kannst. Du musst wirklich raus, damit Du sie nicht schreien hörst! Das jedenfalls waren die Tips von der Expertin bei der wir waren, die bei uns momentan ganz gut funktionieren. Den Kinderwagen haben wir übrigens wieder weggestellt - vielleicht beim nächsten Kind... Ich wünsch Dir alles Gute!!

von Franz_mama am 18.07.2015, 13:57


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hallo, Ich möchte auch etwas für dich schreiben. Ich kann deine Situation gut nachempfinden, meine Maus hat auch Tag und Nacht geschrien und ich war ebenso verzweifelt, wie du es gerade bist. Jeder sagte mir, dass es in laufe der Zeit besser wird, aber keiner sagte mir wann. Ich war viele Abende einem nervenzusammenbruch näher, als... Ach ich weiß gar nicht als was. ich hatte das Gefühl mein Kind gar nicht genießen zu können und manche Tage wusste ich noch nicht mal ob ich es wirklich lieben kann, es schrie mich ja immer nur an. Sie schrie zuhause, unterwegs, im Auto, im Kinderwagen, selbst beim stillen... Ich hatte das Gefühl sie schrie immer. Das einzige was halbwegs ging war das tragetuch. Also trug ich sie fast 24 h . Wir schliefen manchmal auch so. Immer das Tuch über den Kopf zu gezogen um sie von äußeren Reize abzuschirmen. Es war eine furchtbare Zeit und ich möchte so etwas nie wieder erleben. Heute ist die Maus gute fünf Monate und man glaubt es kaum... Sie ist ein kleiner Sonnenschein. sie ist absolut friedlich, lacht fast den ganzen Tag und weint (ich schreibe extra weint, denn es ist wirklich nur Weinen und nicht schreien) fast nie.... Eigentlich nur wenn sie wirklich müde ist. es wurde immer weniger und irgendwann könnte ich dann gar nicht mehr sagen wann der letzte schreckliche Tag war. Anfangs blieb auch ich immer nur zuhause, merkte aber schnell das dies nicht ging, denn ich hatte Angst vor mir selber und so suchte ich mir Hilfe in einer tollen stillgruppe, die einer hebammenpraxis abgeschlossen ist, ich ging zur babymassage, auch wenn ich anfangs Angst hatte alle andren zu stören. Und schnell merke ich, dass mir das half, es half mir unter andre mamas zu kommen und einfach mal meine Last loszuwerden. Auch tränen halfen, einfach verstanden werden und auch weinen zu dürfen, ohne dass jemand darüber urteilt. Also gib die Hoffnung nicht auf, suche dir jede erdenkliche Hilfe und nimm sie an.... Und irgendwann wirst du ein wundervolles Mädchen im arm halten und sehr stolz darauf sein diese schwere Zeit gemeinsam geschafft zu haben und alles was dann kommt kannst du wahrscheinlich umso mehr genießen. Mitfühlende grüße

von Jessy81 am 20.07.2015, 19:48


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Liebe Saralili, ich möchte auch noch etwas hinzufügen, da ich in diesem Forum selbst verzweifelt Rat und Hilfe gesucht habe. Erst mal möchte ich im Fall eines meiner Kinder (da ich zwei habe, kenne ich auch den Unterschied, einfach vom angeborenen Temperament her!) absolut bekräftigen und unterstreichen, was die Vorrednerinnen gesagt haben: Und zwar 1. dass hochsensible Kinder vom ersten Atemzug viel mehr wahrnehmen und 2. auch ein größeres Mitteilungsbedürfnis haben. Meine Hebamme nannte das "Sprechstunde". Ich möchte dich gern auch noch mal ermutigen an dich selbst zu glauben. Hör nicht auf das, was andere sagen, DU bist die Mama und du musst für dein Kind UND für dich selbst sorgen. Tut es dir gut, mal wegzugehen, mit einer Freundin ins Kino? Dann gib das Kind ab und tu es. Denkst du dann aber die ganze Zeit nur an die Kleine, dann tu es lieber nicht. Täte es dir gut, ein 24-h-Protokoll zu führen, um zu sehen, dass sich etwas bessert oder würde es dich eher verrückt machen? Dann lass es. Hör auf dein Herz und deinen Instinkt. Wenn das Kind geboren wird, dann verlangsamt sich die Zeit, wenn die erste Babyzeit so schwer ist, dann werden Tage zu Jahren, wenn jeder Tag ein Kampf ist. Ich kenne das... Aber vertrau darauf, dass es irgendwann besser wird. Was sind schon einige Monate, was ist schon ein Jahr im Leben eines erwachsenen Menschen.... Denk auch nicht an die Zukunft, denn für dein Kind gibt es auch nur das Hier und Jetzt. Ich bin ganz sicher, du wirst es alles meistern! Bei mir war es so, dass mir irgendwann auch alles an guten Ratschlägen und Tipps zu viel wurde. Befreist du dich von dem Stress, alle diese Ratschläge befolgen, alles "richtig machen" zu wollen und wirfst das alles über Bord, dann setzt es ungeheure geistige und körperliche Kräfte frei. Am liebsten würde ich mich - wie damals meine geliebte Hebamme - jetzt neben dich setzen und dir sagen: Du machst es gut. Ich kann dir nur noch raten, trenn dich von Ärzten usw., die dir was anderes einreden wollen, und schicke dir damit ganz viele gute Gedanken! Deine wrcstimme

von wrcstimme am 20.07.2015, 20:43


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hey, ich wollte dir auch noch ein paar aufmunternde Sätze da lassen. Meine Maus hat am Anfang auch sehr viel geweint, war oft irgendwie unzufrieden etc etc. Was genau der Grund war kann ich dir nicht sagen aber es hörte dann so mit 5 Monaten auf. Natürlich gibt es dann immernoch hier und da mal nen Tag (auch mal ne Woche) die nicht so gut laufen, aber je mehr deine Maus lernt und sich mitteilen kann desto mehr bekommst du das auch alles was du dir jetzt vielleicht abverlangen musst wieder zurück bezahlt. Unsere Maus ist auch eine ganz sensible sie reagiert sofort auf Stimmungen. Nachdem wir das und ihre Liebe zur Musik (Klassik, Schlager und Charts ;) ) entdeckt haben wurde es auch deutlich leichter. Meine Maus wollte auch nur getragen werden und zwar ohne Tuch, Bauch-trage oder oder oder im KiWa hat sie sich schrecklich unwohl gefühlt. Bei Spaziergängen im Wald konnte sie sich aber gut entspannen, genauso bei ruhiger klassischer Musik. Ich habe auch irgendwie das Gefühl, das viele Schreibabys eine Passion haben wie Musik oder anderes Kreatives. Hast du denn evtl eine Nervenstarke Mama oder Schwiegermutter, die dir die kleine vielleicht mal für 2 Stunden abnehmen können? Es wirkt Wunder, wenn man ab und an ein kleines Zeitfenster für sich hat. Ach ja und was wirklich geholfen hat: Wir haben alle Elektrogeräte aus dem Schlafzimmer verbannt, mit Elektrosmog kam meine Kleine scheinbar gar nicht zurecht. Mittlerweile wird sie 2 und ist ein wirklich umgängliches kleines Mädchen =) Ich wünsche dir viel KRAFT!

von MamaTin am 20.07.2015, 21:05


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Liebe saralili, Dein Text hat mich total berührt-ich kann mir vorstellen,wie du dich fühlst. Da ich selbst keine Erfahrungen mit einem schreibaby habe kann ich dir keine Tips dazu speziell geben,aber ich habe sehr gute Erfahrungen mit einer osteopathin gemacht,die im Rahmen der bindungsenergetik arbeitet. Schau es dir einfach mal an-uns hat sie sehr gut geholfen und der Weg lohnt sich in jedem Fall (weiß nicht wo du her kommst) http://www.praxis-regine-heise.de/ Alles Gute! !!!

von Jennyundsternchen am 25.07.2015, 08:20


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hallo liebe Saralili89, Ich bin zufällig auf deinen Text gestoßen und habe ihn mir aufmerksam durchgelesen. Ich muss sagen, ich bin wirklich überwältigt von dir. wie aufopferungsvoll du dich deinem Kind hingibst. Ich muss dir sagen, bei mir ist das nicht so. Meine tochter ist vier Monate und sie schreit nur wenn sie etwas braucht, Hunger hat oder irgendwas stört (zu kalt - zu warm - Bäuerchen etc.) ansonsten lacht sie, quiekt sie, albert und kugelt rum. Und das schlimme daran - ich fühl mich trotzdem "eingesperrt" ... Kann nicht mehr alles so wie früher machen und meine noch junge Ehe - ich hab das Gefühl wir haben gar nichts mehr voneinander... Keine Zweisamkeit. Aber du .. Ich muss dir sagen ich ziehe meinen hut vor dir (und allen Eltern mit schreibaby natürlich) Du bist eine so tolle Mutter, da bin ich mir so sicher.. Eine richtige tolle Mutter. Eine starke, die sich nicht unterkriegen lässt und ich hoffe, dass sich das ganz bald legt und du das Mutter-sein in vollen Zügen genießen kannst. Du hast mir mit deinem Text grad soviel mut und Kraft gegeben, muss ich sagen, weil ich so unzufrieden und unglücklich mit der Situation bin und in deiner ich würde das nicht schaffen, wäre nurnoch am weinen und verzweifeln .... Ich wünschte ich könnte für dich was machen, wir kennen uns zwar absolut nicht und ich würde niemals jemanden fremden mein Kind anvertrauen, aber ich kann dir sagen, ich würde dir deine Maus sofort ohne wenn und aber für mal ein paar Stunden abnehmen. Das du Zeit mit deinem Mann hättest oder einfach alleine zum entspannen oder was auch immer dein herz begehrt ;-) Auf jedenfall wünsch ich dir von Herzen wirklich alles alles gute. Bleib so stark wie du bist und halte fest an deiner Ehe. Zusammen schafft ihr das. Ganz ganz liebe Grüße

von Mutti0109 am 25.07.2015, 12:28


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Liebe Saralili89, ich habe zufällig Deinen Text gelesen, und wie manche andere bin ich hier hängen geblieben. Da mein Kind auch eine Zeit hatte, in der sie unerklärlicherweise viel schrie, ich sie ebenfalls lange viel gestillt und getragen habe, weiß ich, wie sich das anfühlt. Sie ist heute etwas über 3,5 Jahre und ein ausgesprochen lebhaftes, kontaktfreudiges, verständiges und ausgeglichenes Wesen. Aber sie ist definitiv hochsensitiv, nimmt bestimmte Reize um ein Vielfaches wahr, und wenn ich das berücksichtige, auch gegen die vielen unkenden Stimmen von außen, die es ja alle besser wissen, dann ist unser Kind so ausgeglichen und geerdet wie kaum eines in unserer Umgebung. Diese Unterstützung aber benötigt sie auch heute noch. Das heißt, ich sorge dafür, dass NORMALERWEISE immer zu Hause ein Mittagsschlaf um etwa dieselbe Zeit gemacht wird - und da gab es eine Zeit, in der ich dazu durchaus sehr viel geduldige, liebevolle Konsequenz walten lassen musste - es geht zu einer bestimmten Zeit ins Bett, und es gibt maximal einmal die Woche eine Abweichung von dieser Regel, eher viel seltener. Meine Umgebung findet das übertrieben und affig, zugleich aber freuen sie sich an unserem zufriedenen Kind, das fast immer strahlt. Wegen ihrer besonderen Wahrnehmung haben wir einmal den Kindergarten gewechselt, die 25-Kinder-Gruppe bis mindestens halb elf, oft elf in einem großen Raum ohne Rückzugsmöglichkeit war zu viel für sie. Sie brachte das mit gerade drei Jahren genau auf den Punkt: "Es sind zu viele Kinder. Es ist zu laut. Ich darf nirgendwo hin." ("Nirgendwo" hieß: Es wurde ihr nicht erlaubt, an einen Ort (raus, Garderobe) zu gehen, an dem es ruhiger war. Und damit komme ich zu einem "Patentrezept", das sich vielleicht für Euch eignet: WALD! Versuche, Spaziergänge (hab ich immer mit Kind im Tuch gemacht) in den Wald zu machen, halte Dich dort mit ihr viel auf. Die freie Natur, besonders der Wald, scheinen auf solche hcohsensitiven Kinder eine reinigende, beruhigende Wirkung zu haben. Unser Kind ist heute in einem Kindergarten, in dem man normalerweise ab spätestens zehn, meist halb zehn Uhr draußen ist. Das Häuschen liegt mitten in einem Waldstück. Es sind ganz sicher auch die kompetenten, feinfühligen Erzieherinnen und die kleine 15-Kindergruppe, die für mein Kind größte Veränderung gebracht haben, aber eben auch der Wald. Auch als sie klein war, habe ich oft Spaziergänge im bewaldeten Park gemacht. Als sie sitzen konnte, akzeptierte sie den Buggy und schlief dann sogar darin, woran zuvor nicht zu denken gewesen war. Da stellte ich sie oft unter Bäumen ab, las daneben und war selbst auch draußen und nicht eingesperrt. Das hat mir selbst auch sehr geholfen. Erstaunlicherweise konnte sie bei Familienfeiern im Tuch bestens schlafen, sogar beim gemeinsamen Essen, aber das galt NUR für Familienfeiern. Vielleicht, weil wir uns mit der Familie so gut verstehen und normalerweise eine sehr angenehme Atmosphäre herrscht. Es lohnt sich meiner Meinung nach, das Tuch in den Alltag zu integrieren, aber ich wollte sie auch nicht ständig tragen und nahm sie dann vorsichtig heraus, wenn sie eingeschlafen war. Mit etwas Gewöhnung ging es nach und nach immer besser. Wir trugen im Schnitt 3h am Tag, und für uns war das ein Teil der Rettung. Lange habe ich die zu kurzen 30-Minutenschläfchen "verlängert" indem ich mich noch einmal daneben legte und sie stillen ließ. Die ersten 20-30 Minuten hatte ich frei, denn da konnte ich sie lösen, ohne dass sie aufwachte. Danach lag ich bei ihr, las oder schlief selbst. Das war zum Teil schön entspannend, manchmal aber auch eine große Belastung, denn ich wollte so gern endlich auch mal aufstehen können. Aber es wurde immer besser, immer mehr. Aus 20- wurden 30 Minuten allein schlafen tagsüber, dann 45 (man konnte wirklich die Uhr danach stellen), später 1h oder 1h 15 Min. Heute schläft sie noch immer mittags viel, normalerweise 2h am Stück. Ich muss sie nicht mehr "verlängern". Wir stillen noch, aber sie braucht es nicht mehr zum Schlafen, schläft mit ihrem Papa abends ein. Mit 18 Monaten konnten wir ihr von einer Nacht auf die andere beibringen, nachts nicht mehr zu stillen. Sie schlief ohne Protest durch, von einer Nacht auf die andere. Was für mich wichtig zu lernen war, war, wo ich selbst meine Grenzen habe und dass ich diese sehr wohl leben soll und muss. Wer soll es unseren Kindern beibringen, sich abzugrenzen, wenn nicht wir. Also wenn ich Hausarbeit machen wollte, kochen o.Ä., und sie hielt es auf dem Boden nicht mehr aus, dann musste sie eben ins Tuch, basta! Da war sie dabei, konnte sich aber entspannen, einfach nur schauen oder eindösen. Und wenn ich dabei auch mal längere Zeit stand, war das eben so. Sie durfte das "doof" finden, aber ich habe darum nicht gleich alles fallen lassen und mich um sie gekümmern, es sei denn, ich bemerkte wirklich ein dringendes Bedürfnis. Ich finde diesen Lerneffekt bei uns Mamas ungeheuer wichtig! Diese Kinder brauchen viel Nähe, aber sie müssen mit ihren Fähigkeiten leben lernen, ohne dass alles sich immer nur um sie dreht. Im Gegenteil, manchmal helfen wir ihnen, wenn wir sie zwar bei uns haben, die Aufmerksamkeit aber eben auf anderen Dingen. Ich bin sicher, dass eine solche Wahrnehmung auch für Dich evtl. sehr hilfreich sein kann. Für mich wurde vieles besser, als ich eine gewisse Entschleunigung akzeptierte, sie nachts neben mir ließ, alle Uhren aus dem Schlafzimmer verbannte (darum nicht wissen konnte, wann und wie oft sie stillte) und selbst kaum wach wurde, wenn sie mal wieder stillte und mich von ihr leiten ließ. Zugleich aber waren bestimmte Eckdaten wichtig: Relativ feste Bettgehzeiten, die sich entsprechend wie oft das Kind am Tag schlief, noch veränderten, eine klare Tagesstruktur und auch ein gewisser Zwang zum Schlafen. Als mein Kind sich aufzurichten begann, sie war motorisch sehr früh dran, kam sie überhaupt nicht mehr runter. Die ganze Mühe, mit der wir geduldig den Schlaf begleitet hatten, mit Erfolg, schien wieder hinüber zu sein. Zum Tagesschlaf kam sie auch durchs Stillen nicht herunter. Auf Anraten meiner sehr kompetenten Hebamme nahm ich sie dann, stillte sie, sagte ihr dabei schon, dass wir nun schlafen würden, ich sie hielte, bei ihr sei und sie sicher und beschützt sei. Und dann legte ich mich in Löffelchenstellung mit ihr hin, hielt sie fest, damit sie nicht wieder aufstand und ließ sie toben und schreien, bis sie einschlief. Beim ersten Mal dauerte das - ich muss sagen - "nur" 12 Minuten (Da war sie ja auch um die 7-8 Monate alt). Jeden Tag wurde es etwas kürzer, und nach einer Woche schlief sie mit mir ein, vielleicht noch mal kurz weinend. Ich hatte sie zu ihrem Glück gezwungen, und von da an konnte sie runterkommen, und zwar aus eigener Kraft in meiner Begleitung. Ich habe das Geschrei ausgehalten, indem ich mich voll und ganz nur auf meine Tiefenatmung konzentrierte. Ein - Aus - in den Bauch. Durch die Fokussierung auf meine Atmung, konnte ich vom Kind wegkommen, und heute denke ich, dass das auch wichtig für mein Kind war, das zu sich selbst finden musste, ohne Mamas ewige Sorge, denn auch diese spüren solche Kinder viel mehr. Noch heute spricht sie oft aus, was ich gerade gedacht habe, auch wenn es nichts mit ihr zu tun hat. Solche Kinder sind einfach besonders fein in der Wahrnehmung, und da stören wir dann auch manchmal, wenn wir immer helfen wollen. Verrückt, oder? Nicht zu vergessen: Hochsensitive Kinder haben meist hochsensitive Eltern. Also sei achtsam damit, was Du Dir abforderst, an Reizen und Anforderungen! Alles kommt wieder, die Zeit ist so kurz! Nicht verzweifeln, wenn es jetzt mal ein knappes Jahr - mehr ist es letztendlich nicht - eng wird mit den sozialen Events, Sport etc. Es kommt alles wieder! Und wenn was für Dich WIRKLICH wichtig ist, dann tu das! Nichts ist besser für ein Kind als eine zufriedene Mama! So lange das Kind nicht allein trauern, weinen, schreien, sich beschweren muss, sondern jemand bei ihm ist, so lange ist das alles ok! Ich wünsche Euch ganz viel Kraft und Ruhe und Geduld, auch mit Euch. Niemals vergessen: Diese Zeit ist kurz! Widmet Euch ihr, lebt sie, sie geht so schnell vorbei, und Ihr werdet noch undendlich viel Freude an Eurem Kind haben, so wie wir hier! Meine allerbesten Wünsche und Grüße Sileick

Mitglied inaktiv - 27.07.2015, 22:55


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Das mit den Waldspaziergaengen wuerde ich tatsaechlich ausprobieren. Das war bei meiner Tochter - kein Schreibaby, aber oft recht unruhig und eine "schlechte" Schlaeferin - auch ein super Mittel, sie runterzufahren und in einen entspannten Schlaf zu bringen. Sie mochte auch das Geschuettele auf den Waldwegen (sie war im Kinderwagen; das Tuch mochte sie nicht ...).

von Sille74 am 28.07.2015, 15:29


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hallo, liebe saralili89, auch ich möchte Dir mein Mitgefühl und meinen allergrößten Respekt aussprechen und habe wie all die anderen das Gefühl, dass Du das alles ganz großartig machst. Denke an Dich und geh raus oder gib Deine Süße zeitweise ab. Bedenke auch: andere leiden weniger unter dem Geschrei als Du, sie hören nur den Lärm, leiden aber nicht die Qualen des Mutterherzes. Deshalb können ja gar nicht so selten Dritte (oft ältere Frauen) ein Baby leichter beruhigen als die eigenen Eltern. (Also keine Minderwertigkeitsgefühle entwickeln oder Dich zurückgewiesen fühlen, falls genau das eintritt - sie haben das Würmchen nur weniger lieb ;-) ). Eher der Vollständigkeit halber möchte ich noch die Erfahrung erwähnen, die meine Schwiegermutter gemacht hat, obwohl es sehr unwahrscheinlich ist, dass das bei Euch zutrifft (ist ja auch schon 41 Jahre her, inzwischen ist man ja sicher weiter). Warst Du auch schon beim Neurologen? Mein Mann hat als Baby offenbar auch geschrieen, wenn auch nicht so extrem viel. Seine Mutter hatte jedenfalls das deutliche Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist, hat alle damit in den Wahnsinn getrieben, ist von Pontius zu Pilatus gelaufen und wurde von den beteiligten Ärzten und ihrem eigenen Mann für verrückt erklärt. Irgendwann erzählte ein Bekannter einem mit ihm befreundeten Neurologen davon - der bat um Kontaktaufnahme, und gleich nach der Untersuchung wurde das arme Kind (mit inzwischen 10 Monaten) operiert - zu hoher Druck auf's Gehirn, also wohl innerer Wasserkopf oder so!!! Danach alles gut, keine bleibenden Schäden, also keine Sorge, falls doch so etwas sein sollte, es ist ja "noch früh". Also, ich wollte Dir keinesfalls Angst machen und wünsche Euch dreien alles erdenklich Gute!

von ihsb am 28.07.2015, 17:27


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Ich habe es leider auch ganz ähnlich erlebt und kann dir nur empfehlen, dir Hilfe zu suchen. Mittlerweile gibt es gute netzwerke (www.rueckhalt.de), wo du Unterstützung bekommst. Bei meinem ersten Kind habe ich leider zu lange gewartet. Ich war total isoliert, hatte Depressionen und einen Nervenzusammenbruch. Erst als ich das Kind abgeben oder selbst die Familie verlassen wollte, habe ich Hilfe gesucht und angenommen. Bei meinem zweiten Kind habe ich bereits nach 4 Wochen Verwandte und Freunde eingespannt. Nach 7 Wochen professionelle Hilfe. Jeden 2.Tag kam jmd.und hat mir für 2 Stunden das Kind abgenommen. Nur so, haben wir diese Zeit überstanden. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen, dass meine Kinder durch so viele Hände gehen, aber ich hätte es allein nie geschafft. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und viel Unterstützung! Es lohnt sich auf jeden Fall, sein Kind liebevoll zu begleiten!

von alexe am 29.07.2015, 22:40


Antwort auf: Gibt es Hoffnung

Hallo Sara! Ich kann sehr gut nachempfinden, wie es dir momentan geht. Denn mein Sohn (jetzt 3,5J) war wahrscheinlich sogar noch schlimmer: er schlief nur bei mir im Arm. Ich saß stundenlang mit ihm auf dem Arm. Irgendwann hatte ich sogar Wunden auf dem Po. Ich konnte maximal eine Stunde am Tag schlafen. Insgesamt! Das heißt: mal hier zwei Minuten, mal da 5 minuten. Ich lernte schnell, mit ihm auf dem Arm mit linker Hand zu essen und zu duschen innerhalb von zwei Minuten. Es war eine schreckliche Zeit, die durch meine postpartale Depression noch verschlimmert wurde. Aber es gibt Hoffnung! Es wird besser! Es wird sogar so gut, dass du dich an heute mit einem Lachen erinnern wirst! Ich hoffe, dass meine Erfahrung dir und allen Betroffenen hilft. Was mir leider erst sehr spät wirklich klar wurde, was kein Mythos, kein Quatsch ist: unsere Kinder spüren es, wie wir drauf sind. Bist du nervös - wird auch dein Kind nervös! Es ist sehr wichtig, nicht nur so zu tun, als ob man ruhig und gelassen wäre, man muss es wirklich sein! Es erfordert eine Menge Übung, wenn die Situation schon so verfahren ist, aber es lohnt sich. Hier ein paar Tipps, wie man (mit etwas Übung) wieder zur Ruhe findet. Sing. Es müssen nicht Babylieder sein. Sing irgendetwas, was dir gefällt. Auch sehr gut: in den Bauch atmen. Oder komplizierte Rechenaufgaben im Kopf lösen. All das hilft dir, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als daran zu denken "oh Gott, sein/ihr Gesichtsausdruck verändert sich, gleich schreit er/sie wieder los". Schlafe mit deinem Kind. Ich wollte dass mein Kind in seinem eigenen Bett schläft, weil es sich so gehört. Erst als ich gelernt habe, im Liegen zu stillen, konnten wir alle (auch mein Mann) endlich schlafen. Meistens werden die Kinder wach, wenn sie irgendwo abgelegt werden. Dies entfällt, wenn man mit dem Kind zusammen schläft. Die Kleinen erschrecken auch nicht gleich, wenn sie irgendwo aufwachen, wo sie nicht eingeschlafen sind. Und man muss nicht ständig aufstehen, wenn das Kind schon bei dir im Bett ist. Keine Angst davor, dass dein Kind später noch mit 5 Jahren bei euch im Bett schläft - das passiert nicht. Es ist viel wichtiger, dass du JETZT Kraft hast. Weniger ist mehr. Versuche nicht ständig etwas Neues, um dein Kind zu beruhigen - auch Babys brauchen Zeit, um sich an etwas zu gewöhnen. Und wenn man immer mehr versucht, endet man womöglich wie eine Mutter von einem Schreikind, die ich mal kannte: mit dem Baby im Tragetuch, hüpfend auf der Couch. Lass dir von niemandem (auch nicht von dir selbst!) einreden, dass du etwas falsch machst oder noch schlimmer - eine schlechte Mutter bist! Eine schlechte Mutter würde keinen Gedanken an ihr Kind verschwenden. Vergleiche nie dein Kind mit anderen Kindern. Vor allem deswegen nicht, weil alle Mütter ähm... naja, sagen wir mal "übertreiben". Außerdem ist jedes Kind anders, da kann man nicht viel vergleichen. Und momentane Situation sagt nicht das geringste über die Zukunft deines Kindes, über seine körperlichen oder geistigen Fähigkeiten. Die Zukunft sieht gut aus. Mein Sohn, der in seinen "Spitzenzeiten" nur zwei Stunden am Tag geschlafen (habe Schreiprotokoll geführt) und den Rest nur geschrien hat, schläft jetzt wunderbar durch. Er kann ohne Probleme bei den einen oder den anderen Großeltern bleiben, damit die Eltern Zeit für sich haben. Er lässt sich auch von Papa ins Bett bringen. Eigentlich mag er Papa bei sowas sogar lieber, weil die beiden dann noch Quatsch machen. Heute hat unser Sohn zwar seinen Willen, lässt sich aber ohne großes Theater zu fast allem überreden. Das einzige "Problem" das wir noch haben: ein schlechter Esser. Ansonsten erinnert nichts daran, dass er ein Schreibaby war. Ich wette, so wird es auch bei euch sein. Wenn du magst, kannst du dich gerne melden. Ansonsten wünsche ich dir viel Ruhe und Kraft. Es wird besser. Versprochen! Grüße, Helene.

von MamaVonTristan am 07.08.2015, 05:16