Fängt alles noch mal an

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Fängt alles noch mal an

Liebe Fr. Dr. Bentz Anna ist mittlerweile 14.5 Monate und war die ersten 5 Monate ein klassisches Schreibaby. Ich weiß gar nicht ob ich hier richtig bin probiere es aber mal.... Hab erst vor ca. 2 Wochen bei Ihnen einen Mutmache Post reingestellt und seit ca. 1 Woche wird es bei uns wieder viel schlechter. Unter Tags zu Hause ist Anna extrem anhänglich und klebt an mir. Wenn wir unterwegs sind allerdings krabbelt sie einfach davon ohne sich umzugehen. Die Schwierigkeiten liegen bei schlafen wir legen sie abends gegen 19 Uhr ins Bett nach Baden und gemeinsamen (warmen ) Abendessen, in ihren Schlafsack und ihre Spieluhr an jeden Tag seit 14.5 Monaten. Und sobald wir den Raum verlassen fängt sie zu nörgeln und dran schluchzen an (wenn ich bei ihr im Zimmer bleibe steht sie auf gibt mir ihren Schnuller oder sonstiges). Das ganze kann sich bis zu 1 Stunde ziehen obwohl sie müde ist. Kann ich sie da alleine lassen? Mein Mann sagt ja da sie ja nur jammert und schluchzt und nicht richtig weint. Gestern ist sie uns sogar aufgewacht als ich ihr nachdem sie schon geschlafen hat wie jeden Abend ein paar zusätzliche Schnuller ins Bett gelegt habe. Das Einschlafen bei ihr hat nochmal ca. 1 Stunde gebraucht. Sorry für den langen Text. Lg Natascha

von Natascha 1981 am 06.08.2015, 07:30


Antwort auf: Fängt alles noch mal an

Liebe Natascha! An Ihren Post kann ich mich erinnern - vielen Dank nochmal! Es ist sicher für viele sehr tröstend, von anderen betroffenen Eltern zu lesen, dass es wirklich besser wird. Dass Sie nun - trotz der generell positiven Entwicklung - besorgt wegen Ihrer Tochter sind, kann ich gut verstehen! Es kann einen wohl kaum so etwas in den Grundfesten verunsichern, wie ein Schreibaby! Natürlich ist die Angst vor Rückfällen bei den Eltern immer sehr groß. Hat das Schreien jedoch erst einmal über einen längeren Zeitraum abgenommen, ist es nach meiner Erfahrung wirklich selten der Fall, dass es zu einem "echten" Rückfall kommt. Was aber passieren kann ist, dass Eltern wieder in alte Fallen tappen, die gut funktionierende Routine verlassen und aus Angst, das Schreien könnte wieder beginnen, sofort wieder alles Mögliche machen. Dann können die bereits überwundenen Teufelskreise und hinderlichen Interaktionsmustern wieder auftreten. Das Credo für Eltern ehemaliger Schreihälse sollte daher bei für das Kleinkindalter normalen phasenhaften Schalfproblemen immer sein : Ruhe bewahren! Sie machen nichts falsch, müssen nichts ändern! Bleiben Sie bei Ihren etablierten Abläufen und haben Sie Geduld. Vorausgesetzt, dass das Kind körperlich gesund ist, denn natürlich kann Schreien auch andere Ursachen haben, als Reizüberflutung und Übermüdung und es wäre ungut, dass zu übersehen. Damit kommen wir zum nächsten Punkt, den ich wichtig finde: Schreien ist nicht gleich Schreien. In meiner Praxis kann ich immer wieder beobachten: Eltern ehemaliger Schreikinder sind lange über die Akutphase hinaus noch sehr schnell alamiert und reagieren quasi bei jedem Piepser mit Stress, erhöhter Aufmerksamkeit und prompten Beruhigungsversuchen. Kein Wunder, denn dies ist gelerntes Verhalten, was tief drin sitzt. Nun ist es aber so, dass aus ehemaligen Säuglingen Kleinkinder werden, die aus weit mehr Gründen schreien. Wir haben es nicht mehr mit einem bedürftigen Säugling zu tun, sondern zunehmend mit kleinen Persönlichkeiten, wo wir Eltern unser "Pflegeprogramm" um ein "Erziehungsprogramm" erweitern müssen. Dies heißt nicht, dass Sie Ihr 14,5 Monate altes Kind allein vor sich hinschreien lassen sollten, um sie zu "erziehen". Aber es heißt durchaus, dass sie ihr mehr zutrauen dürfen: Konkret: Ihre Tochter weiß in Ihrem Alter, dass Sie nicht verschwunden sind, wenn Sie außerhalb Ihres Zimmers sind. Sie weiß, dass Mama und Papa da sind und bei Schwierigkeiten sich immer kümmern. Was Sie selbst als Nörgeln beschreiben, klingt für mich tatsächlich nicht nach ängstlicher Verzweiflung, sondern einfach nach "ich bin sooo müde - und das nervt! So viel schöne, spannende Sachen und ich soll schlafen". Oft passiert so eine Unruhe nämlich dann auf, wenn Kinder plötzlich durch einen Entwicklungsschritt ein neues "Universum" für sich entdeckt haben. Denken Sie mal an sich, wenn Sie überdreht abends im Bett liegen, man wälzt sich ewig hin und her und ist quasi zu müde zum Schlafen oder einfach so erschöpft, dass man heulen möchte. Fazit: ich stimme aus der Ferne Ihrem Mann zu: solange sie nörgelt, lassen Sie sie ruhig und gehen nur dann rein, wenn Sie das Gefühl haben, sie schreit sich ein. Manche Kinder "grummeln" sich regelrecht in den Schlaf und dass es Ihr nicht schlecht geht, erkennen Sie ja daran, dass Sie nicht aufgelöst ist, wenn Sie das Zimmer betreten, sondern einfach aktiviert. Natürlich wäre es überlegenswert, ob abends nicht genug Schlafdruck da ist, das sie weniger Schlaf braucht und Mittags vielleicht zu lange schläft. Weiterhin könnte es natürlich der Klassiker - die Zähnchen - sein. Hier schafft ein einmaliger "Test" Klarheit: geben Sie in Absprache mit dem Kinderarzt ein schmerzstillendes Medikament und gucken Sie, on sie dann schläft. Wenn ja, sind Schmerzen die Ursache für das Schreien, die abends ohne Ablenkung manchmal erst so richtig wahrgenommen werden. So, dass war eine Menge, doch es gilt IMMER: je weniger Sie machen, je ruhiger Sie bleiben, desto besser! Sie haben die große Krise bewältigt, was Sie nun brauchen ist etwas mehr Vertrauen - in sich und Ihre Tochter! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 06.08.2015


Antwort auf: Fängt alles noch mal an

Achja Anna steht zwischen 5 und 6 in der Früh auf und schläft Vormittags/ Mittags entweder von 10 bis 12 oder von 11 bis 13 Uhr ca. Auch hier haben wir das Einschlafproblem

von Natascha 1981 am 06.08.2015, 17:09