Einschlaf und durchschlafprobleme

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Einschlaf und durchschlafprobleme

Hallo Frau Dr. bentz, ich lese immer wieder ihre Beiträge und finde es super wie Sie antworten. Ich habe einen sohn der 18 Wochen ist und wir von anfang an große Probleme mit seinem schlafverhalten hatten. Als neugeborener hat er sehr wenig geschlafen. Wir sind nur auf ca. 11-12 Stunden schlaf gekommen und das mit viel mühe. Wir haben ihn viel getragen und gewiebt, geschaukelt Hauptsache das er einschläft. Nun haben wir leider das Problem das wir nicht mehr davon weg kommen. Er schläft auch nur auf mir, tagsüber als auch nachts. Ich bin aber nach vier Monate einfach chronisch müde und möchte das langsam abtrainieren. Er ist weiterhin ein sehr schlechter Schläfer, schafft tagsüber nur maximal halbe Stunde zu schlafen und das so 4 mal am tag. Wenn ich aber mit ihm spazieren geh, dann schafft er auch drei Stunden im Kinderwagen zu schlafen. Er weint zudem seit vier wochen sehr viel. Sobald ich versuche ihn anzulegen nachts, wacht er nach 5 min auf und schreit los. Und dann beginnt der ganze Spaß das er nicht mehr schafft einzuschlafen. Weiß nicht was ich falsch mache, der Kinderarzt meint 11 Stunden schlaf reichen aus. Was ich nicht glauben kann. Haben Sie Tipps für uns?? Dankeschön schon mal

von babylove321 am 11.12.2015, 11:19


Antwort auf: Einschlaf und durchschlafprobleme

Liebe Babylove321! vielen Dank für das Lob! Gleichsam tut es mir leid, dass Sie jetzt nicht nur als Leserin zu haben, sondern auch als Betroffene. Ich kann mir vorstellen, wie sehr Sie auf dem Zahnfleisch gehen. der Schlafmangel kann wirklich grauenhaft sein und gilt nicht ohne Grund als Methode der "weißen Folter" . Was aber können Sie tun? Ihr Kinderarzt kann mit seiner Aussage richtig liegen oder nicht. Es gibt tatsächliche keine regel, wieviel ein Kind in welchem Alter schlafen muss um ausgeruht zu sein. Es gibt -wie bei uns Erwachsenen auch - extreme Kurz- und Langschläfer und alles Mögliche dazwischen. Elf Stunden Schlaf können theoretisch auch für ein 18 Mon. altes Kind ausreichen. Ob dies auch auf Ihr Kind zutrifft, ist eine andere Frage. Hier ist es entscheidend, bei welcher Schlafdauer ihr Kind ausgeruht und zufrieden ist. Für eine genauere Analyse des Schlafbedarf würde man daher 24-h-Prtokolle über ca. 14 tage führen, die Gesamtschlafdauer der Tage addieren und einen Mittelwert berechnen. Gleichsam würde man auch die Schreidauer ermitteln. So erhält man wirklich solide Anhaltspunkte. Darüber hinaus finde ich es jedoch wichtig, dass Sie vielleicht etwas weniger Energie in Versuche, Ihr Kind zu schlafen zu bringen stecken. Erstens macht Sie das ganz verkrampft (was Ihr Kind merkt), zweitens kommt es mehr darauf an, dass ein Kind am Tag genug Gelegenheit zur Ruhe bekommt. Nutzt es diese Pausen (deren Abstand nicht zu lang sein sollte) für Schlaf, ist es ok. Wenn nicht aber auch. Wenn Sie am tag mit allen Möglichen versuchen, Ihr Kind zu Schlafen zu bringen, schaffen Sie aber gerade mehr Unruhe. Diese Energie würde ich lieber in eine Reduktion Ihrer elterlichen Einschlafhilfen stecken, also weniger Einschlaftragen und kein auf dem Bauch schlafen lassen. Eine solche schrittweise Entwöhnung ist anstrengend, doch wird man um sie nicht herumkommen, wenn man eine entsprechende Verhaltensänderung wünscht. Ihr Baby wird daran von sich aus nichts ändern und leider gibt es keinen Weg, der die Entwöhnung einfach herbeizaubert. Man sollte sich daher bewusst machen, dass man die Energie, die man bisher - unbeabsichtigt in den Teufelskreis investiert hat - auch wieder investieren muss, um ihn aufzubrechen. Das passiert leider nicht von heute auf morgen. Doch im Grunde ist es immer das Gleiche.man muss die Kraft, die Konsequenz und die feste Absicht haben, das Kind von diesen elterlichen Einschlafhilfen zu entwöhnen - egal wie sanft man auch vorgeht. Hat man Zweifel an der Richtigkeit, ein schlechtes Gewissen, ist unsicher, dann wird es schwer, die allein zu schaffen. Verbündete (Väter, Großeltern) können da gute Dienste leisten Mein erster Ansatzpunkt ist daher oft, zunächst die Voraussetzungen zu schaffen, damit Eltern dies leisten können. Diese Vorrausetzungen sind Schlaf und das Aktivieren aller möglichen Ressourcen um etwas Entlastung zu erfahren. Manchmal ist es dann auch wichtig, über das zu sprechen, was einen vielleicht abhält, Dinge zu ändern? ist es allein die Kraft, die fehlt um Dinge durchzuhalten, oder hat man Angst vor der Reaktion des Kindes, ist unsicher, ob man ihm schadet, widerspricht das vielleicht den eigenen Idealen vom Muttersein etc. Vielleicht horchen Sie mal in sich. Möglicherweise gibt es noch mehr als Schlafmangel, was es Ihnen schwer macht, die Dinge zu ändern. Ansonsten finde ich immer eine gute Portion Pragmatismus wichtig. Wenn Ihr Kind im Kinderwagen gut schläft, ist es tagsüber (!) doch super! Dann etablieren Sie dies doch als Mittagsschlafritual und lassen dann einfach einmal auch andere (Oma, Babysitter) schieben. Alles was problemlos funktioniert und das Leben als jungen Familie erleichtert, sollte man nutzen, egal ob es so im Lehrbuch steht oder nicht. Letzteres ist möglicherweise sogar der wichtigste Tipp. Ich wünsche Ihnen für die kommende Zeit mehr Ruhe und Entspannung, so dass Sie die Feststage zu dritt etwas genießen können. Herzlichst, Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 16.12.2015