Eifersucht? Eigener Wille? Einfach zu viel?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Eifersucht? Eigener Wille? Einfach zu viel?

Hallo Frau Bentz! Sie haben mir bereits schon einmal sehr geholfen, daher wende ich mich nun wieder an sie. Damals ging es darum dass meine Tochter (jetzt 18 Monate) exzessiv klammerte und sich in den Schlaf schrie. Damit einher gingen Probleme in meiner Partnerschaft. Mittlerweile ist meine Tochter deutlich offener und auch weniger ängstlich. Sie geht in eine Kita, was ihr insgesamt sehr gut tut. Sie ist mittlerweile alleine eingeschlafen und hat durchgeschlafen. Vor einer Woche ist unsere 2. Tochter geboren. Ich bin seit 6 Tagen mit ihr zu Hause. Die Große hat durchaus mit Eifersucht reagiert. Hat versucht das Baby von mir herunterzuziehen und sie wegzudrängen. Auf der anderen Seite ist sie sehr lieb zu ihrer Schwester. Streichelt und küsst sie. Will zu ihr. Bringt ihr ihre Mütze und Schühchen. Die Kleine scheint kein Schreibaby zu sein. Sie schläft noch viel und in der Zeit kümmere ich mich intensiv um die Große. Die Große hat aber nun auch das Wort Nein entdeckt. Sie sagt zu Allem und immerzu "Nein". Und sie macht auch deutlich das sie es so meint. Will nicht gewickelt werden, nicht mitkommen, nicht aufräumen, nicht essen. Macht sich steifvund wird wütend wenn es anders läuft als sie will Auch das finde ich normal. Sie entdeckt gerade ihren Willen. Das Problem haben wir eher abends und Nachts. Sie wehrt sich seit 2 Wochen zunehmend mit Händen und Füssen gegen das Schlafen. Sie brüllt nahezu hysterisch. Abends und 1-2 mal Nachts bis zu 2h. Mein Mann kümmert sich in der Zeit um sie, da die Kleine am Abend noch viel gestillt werden will. Er geht zu ihr. Bleibt meist bis sie eingeschlafen ist. Er ist konsequent. Holt sie nicht raus. Redet ruhig und monoton mit ihr bis sie eingeschlafen ist. Aber es wird seit 3 Abenden immer schlimmer. Es begann bevor die Kleine da war. Ich bin verunsichert ob sie einfach nur trotzt oder ob es gerade die für sie doch schwere Zeit ist. Sollte ich mich wieder mehr einbringen beim Schlafen? Vermisst sie mich? (Sie liebt ihren Papa über alles)? Ich verstehe nicht warum es eher schlechter als besser wird? Hat sie Ängste? Sollten wir den Mittagsschlaf weglassen? (Idee meines Mannes. Sie schläft von 19:00 bis 7:00;und 12:00 bis13:30) Wie kann ich ihr helfen? Haben sie Ideen? Wie lange brauchen die Kleinen bis eine solche neue Situation normal wird? Mein Mann will sie schreien lassen, weil seine Anwesenheit ja auch nicht helfe... Ich habe Angst dass ich ihr nicht gerecht werde. Danke für ihre Hilfe!

von IdaLönneberga am 01.12.2015, 23:27


Antwort auf: Eifersucht? Eigener Wille? Einfach zu viel?

Liebe IdaLönneberger! zunächst herzlichen Glückwunsch zur Geburt Ihrer zweiten Tochter! Es freut mich natürlich zu hören, dass Ihre kleine Große nun schon sehr viele Fortschritte gemacht hat. Die Schwierigkeiten, die Sie jetzt beschreiben, können einen natürlich in Panik versetzen. Sie haben ein Neugeborenes zu betreuen und auch wenn Ihre Kleine friedlich ist, ist dies anstrengend und zwar für alle Beteiligten. Kommt eine Kind neu in eine Familie, werden wieder die Rollen neu gemischt. Die Veränderung von einem auf zwei Kinder ist dabei nicht unbedingt weniger intensiv als die Veränderungen nach der Geburt des ersten Kindes. Insbesondere das erste Kind muss nun lernen, mit den vielen Neuem umzugehen. Die Reaktionen reichen dabei von Eifersucht, vermehrten Anklammern, Aggressionen gegen sich oder auch die Mutter, oder auch Rückfälle in altes Verhalten (Regression) etc.. Dies alles ist völlig normal und keineswegs "kankhaft"! Es heißt aber zweifelsohne, dass Ihre Geduld und Kraft in der nächsten Zeit sicher herausgefordert werden. Ihrer Großen helfen zur Bewältigung zwei Dinge: - möglich viel Routine und Gewohntes beibehalten - exklusive Mamazeit (die muss nicht lang sein, aber ungeteilt) - spielerisches Miteinbeziehen bei der Babypflege - exklusive "Große-Schwester-Aktivitäten" vielleicht mit papa, Oma etc. Ihre Große sucht nun nach Orientierung und Antwort auf die Frage, was das baby nun für sie bedeutet und welche Auswirkungen das auf die Beziehungen zu Ihnen hat (selbstverständlich nicht so ausformuliert, sondern eher als Idee). Wenn Sie ihr nun eine Antwort gegen, die als Ablehnung oder "weniger lieb" haben interpretiert werden kann - wie z.B. durch Schreienlassen - dann wird sie dies verinnerlichen und entsprechend reagieren. Wenn Sie ihr dagegen eine Antwort geben, die ihr zeigt, dass sie nach wie vor wichtig und geliebt ist, wird das zwar nicht die Eifersucht völlig abstellen oder ein Garant für eine konfliktfreie Zeit darstellen, doch wird diese Phase des Austesten sicher schneller abklingen. Auf erneute Anklammerungsversuche sollten Sie und Ihr Mann daher möglichst gelassen reagieren. Harsche Zurückweisungen (Schreienlassen) und Appelle an die Vernunft ("Du bist doch jetzt die Große") überfordern Ihre Große und bewirken nur das Gegenteil. Helfen Sie ihr einfach, in Ihre Rolle zu finden und verändern Sie zum jetzigen Zeitpunkt möglichst nichts. Ihr Abendablauf ist doch prima und ihr Mann soll einfach so weitermachen, dann ist der Spuk bald vorbei und er wird sicher jetzt zum neunen alten Helden Ihrer Großen! Es ist einfach kein guter Zeitpunkt, um jetzt Schlafprogramme oder sonstige Verhaltensänderungen einzuführen. Ihr Verhalten ist als ein Fragezeichen zu sehen und nicht als Provokation, Trotz oder Strategie. Und Sie wapnnen sich für die nächste Zeit am besten damit, dass Sie sich eine gute Portion Pragmatismus zulegen, denn mit 2 under 2 werden Sie zwangsläufig nicht immer jedem gerecht. Dies ist aber für eine gesunde Entwicklung Ihrer Kinder auch nicht notwendig, und auch eine gute Paarbeziehung übersteht es mal, hintenan zu stehen. In einem Jahr sieht die Welt dann wieder gaaaaanz anders aus und Sie werden sich alle mehr und mehr Freiräume erobern. In diesem Sinne - weiterhin alles Gute und eine schönes Zeit zusammen! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 04.12.2015