Baby wacht nach halber Stunde auf

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Baby wacht nach halber Stunde auf

Hallo, ich hatte Ihnen schon einmal geschrieben, als meine Tochter 6,5 Monate alt war. Sie ist ein ehemaliges Schreibaby. Damals schlief sie nur in meinem Arm im Bett ein. Mittlerweile schläft sie tagsüber in ihrem eigenen Bett. Wir haben ein festes Ritual (Schlafsack anziehen) und den Tieren 'Schlaf gut' sagen. Ich erkläre ihr dann, dass ich komme, wenn sie etwas braucht. Meist fängt sie dann schon an zu weinen. Auf Anraten der Kinderärztin gehe ich nach 3-5 Minuten wieder ins Zimmer und Rede ruhig mit ihr. Meistens schläft sie dann ein. Leider wacht sie ziemlich genau schreiend nach einer halben Stunde wieder auf. Ich gehe zu ihr, Rede ruhig mit ihr und streichel ihre Wange. Manchmal schläft sie dann wieder ein. Oft beruhigt sie sich aber nicht und schreit. Ich versuche bis zu 20 Minuten, sie in ihrem Bettchen zu beruhigen. Wenn sie dann immer noch schreit, nehme ich sie auf dem Arm, wo sie sich relativ schell beruhigt. Leider ist sie dann sehr schnell wieder müde, ich gehe dann oft nochmal mit ihr spazieren. Im Kinderwagen schläft sie länger. Ich lege sie immer ungefähr zur selben Zeit hin, auch ansonsten sind unsere Tage sehr strukturiert. Nachts wacht sie noch relativ oft auf (4-5 Mal) und schläft nur wieder weiter wenn ich sie stille. Ich habe schon öfter versucht, sie ohne stillen zu beruhigen, doch dann schreit sie bis zu einer Stunde. Sie schläft in ihrem Bettchen ein, nachts hole ich sie dann in mein Bett (ich stille im Liegen). Das Einschlafen tagsüber klappt auch nicht besser, wenn ihr Papa es versucht. Ansonsten entwickelt sie sich gut, isst sehr gerne und robbt seit einer Woche. Insgesamt ist sie zufriedener geworden und ein aufgewecktes Mädchen. Momentan ist es mit dem schlafen besonders schwierig, aber ich glaube die nächsten Zähnchen kommen. Haben Sie einen Rat, wie baldiges Abstillen und längere Schlafphasen gelingen können? Schon einmal vielen Dank!

von Ninwen am 19.02.2016, 08:19


Antwort auf: Baby wacht nach halber Stunde auf

Liebe Niwen, Glückwunsch, da haben Sie ja schon einen großen Schritt gemeinsam gemacht. Wichtig ist immer, die Gesamttendenz im Auge zu behalten. Läuft es insgesamt besser? Schläft Sie im Mittel länger am Stück, sind es im Mittel weniger Unterbrechungen usw. Schwierige Nächte durch Zahnen, andere Krankheiten, Veränderungen oder Entwicklungsschübe können immer sein, der Trend sollte allerdings positiv sein. Wenn man von einem hohen (schwierigen) Ausgangsniveau startet, können selbst deutliche Verbesserungen manchmal untergehen, weil der Alltag eben immer noch sehr anstregend ist. So ist beispielsweise der Unterschied von 5 Stunden Schreierei auf 3 Stunden deutlich, dennoch sind 3 Stunden Schreien extrem belastend. Was mir so aus der Ferne auffällt, ist der fehlende „rote Faden“ beim nächtlichen Einschlafen. Sie beginnen mit dem Üben des selbstständigen Einschlafens und legen Ihre Tochter wach ins Bett und verlassen für ein paar Minuten den Raum, nach dem ersten Erwachen folgt dann ein langes Beruhigen am Bett , dann Tragen / Kinderwage fahren, um dann Ihre Tochter aus dem Bett zu sich ins Bett zu holen. Das kann so meines Erwachens nicht funktionieren, weil Sie von einem Extrem (keine elterliche Einschlafhilfe) zum anderen (Einschlafstillen im Familienbett) innerhalb einer Nacht schwanken. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Ich möchte Ihnen keine Vorhaltungen machen. Sie verhalten sich so, weil Sie müde und erschöpft sind und irgendwann einfach verzweifelt einen Weg einschlagen, der zumindest kurzfristig Ruhe bringt. Das ist ja gerade die Crux: durch Müdigkeit und Erschöpfung geraten Eltern in genau die Teufelskreise, die sie noch mehr auslaugen und erschöpfen. Es ist hart, die Teufelskreise zu durchbrechen und oftmals bietet es sich an, dabei Hilfe vor Ort einzuholen. Bevor Sie jetzt also alles umschmeißen und dabei noch mehr für Verwirrung sorgen, wäre meine Empfehlung, sich mit einem Kollegen zu beraten und ein Programm zu entwickeln, was weder Sie noch Ihre Kleine überfordert. Ihre Tochter braucht klare, ruhige Signale und dafür brauchen Sie Sicherheit. Wenn sie es mittlerweile gelernt hat, selbstständig einzuschlafen, wäre es nach diesem lerntheoretisch basierten Ansatz folgerichtig, so auch bei allen nächtlichen Aufwachphasen zu reagieren, also den Raum verlassen und nach einem festen Zeitplan wieder betreten, kurz sprechen und wieder raus etc. Das ist in den ersten Tagen anstrengend, erfordert viel Geduld und viele Eltern können sich mit diesem nicht ganz unumstrittenen Vorgehen nicht anfreunden. Ein Handeln gegen die innere Überzeugung ist immer kritisch zu bewerten und gerade bei dieser Methode wäre es wichtig, dass Sie Ihrem Kind Vertrauen, Ruhe und Zuversicht signalisieren. Stehen Sie dagegen selbst völlig aufgelöst am Bettchen, wird Ihre Tochter natürlich entsprechend ängstlich und irritiert reagieren. Übrigens auch, wenn Sie aus Erschöpfung die Situation dann durch intensive elterliche Einschlafhilfen wieder auflösen, denn dann kann die Botschaft nur lauten, „ich muss voll aufdrehen, dann werde ich gehört“. Ich denke daher, was Ihnen helfen könnte, wäre wirklich eine klare Strategie mit der sich wohl und sicher fühlen. Sie haben ja schon deutliche Verbesserungen erzielt, dann schaffen Sie (vielleicht mit externer Hilfe) sicher auch den Rest. Ein so schwieriger Start mit einem exzessiv schreienden Säugling hinterlässt Spuren, vor allem am Selbstbewusstsein und Vertrauen auf die eigene elterliche Intuition. Es geht daher nicht um Schuld oder Versagen. Das sollten Sie immer im Kopf bewahren! Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute und viel Kraft! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 21.02.2016


Antwort auf: Baby wacht nach halber Stunde auf

Insgesamt ist die Tendenz schon positiv. Wenn sie bei mir im Bett schläft ist sie nicht mehr lange wach, sondern schläft nachts relativ schnell wieder ein. Wir fahren sie abends nicht im Kinderwagen, sondern legen sie, wenn sie aufwacht in mein Bett. Tagsüber muss ich immer noch einmal ins Zimmer gehen, sie weint jedes mal, nur schläft sie dann schnell ein. Ihr Bett steht in meinem Zimmer deshalb funktioniert das nachts mit dem kurz nur reingehen leider nicht. Ich möchte sie auch ungerne so lange schreiben lassen, grade in Bezug auf die Vorgeschichte. Tendieren Kinder dazu mit einem Jahr länger nachts am Stück zu schlafen?

von Ninwen am 22.02.2016, 12:01


Antwort auf: Baby wacht nach halber Stunde auf

Welches Vorgehen empfehlen Sie tagsüber, wenn sie nach einer halben Stunde weinend aufwacht, offensichtlich noch müde ist und sich von ihrem Bettchen nicht mehr beruhigen lässt?

von Ninwen am 23.02.2016, 10:58


Antwort auf: Baby wacht nach halber Stunde auf

Liebe Niwen, Sie können versuchen, Sie dann wieder zu beruhigen. Achten Sie aber darauf, dass Sie sich nicht dazu verführen lassen, jetzt ganz viele, intensive Einschlafhilfen zu bieten. Das wäre kontraproduktiv. Schläft Sie nach ca. 10 Minuten nicht, ist sie so oder so richtig wach - egal ob ausgeschlafen oder nicht. Dann stehen Sie am besten auf und warten bis zur nächsten Schlafenzeit und sorgen Sie dafür in etwa im gleichen Rhythmus zu bleiben. Solche Dinge werden sich nie ganz vermeiden lassen, und sicher sind die Stunden nach so einer kurzen Schlafphase sehr anstregend, doch nur wenn Sie einen festen Rhythmus folgen, kann sich die Physiologie Ihrer Tochter darauf einstelllen. Übrigens ist Nörgeln nach dem Aufwachen nicht unbedingt gleich ein Zeichen von zu wenig Schlaf. Auch das Gegenteil kann der Fall sein! Zudem brauchen einige Menschen einfach länger, um wach zu werden. Reagieren Sie daher nicht gleich beim ersten Nörgeln, sondern lassen Sie sie erstmal in Ruhe zu sich kommen. Vor allem Versuche, durch viel Reden die Situation zu enstpannen, sind eher von gegenteiliger Wirkung. Wir Erwachsenen sind ja auch manchmal nach dem Augfwachen muffelig und brauchen erstmal unseren Kaffee um ansprechbar zu sein (-; Weiterhin alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 28.02.2016